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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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KAPITEL EINS
     
    D ie Spione lagen reglos bäuchlings hinter einem Felsen, von dem aus man die endlose Ödnis überblickte. Jeder hatte eine graubraun gemusterte Decke über sich gezogen, und sie waren so gut wie unsichtbar, wenn man mehr als ein paar Schritte entfernt stand. Nur die Spitzen der Fernrohre lugten unter den Decken hervor. Die Linsen waren mit Lederfetzen gegen die Sonne abgeschirmt, um keine unerwünschte Spiegelung hervorzurufen. Zwar hatten sie die aufgehende Sonne im Rücken, aber diese Männer gingen kein Risiko ein. Während der Nacht hatten sie ihre Plätze eingenommen und verharrten seit dem ersten Dämmerlicht bewegungslos unter den Decken. Schon bald würde die Hitze unerträglich sein, aber eine Entdeckung bedeutete den sicheren Tod, und die vor ihnen liegende Szenerie war einen Tag der Unbequemlichkeit wert.
    »Das ist unglaublich!« erklärte einer der Männer im Flüsterton, da sie immer mit einem umherstreifenden Späher rechnen mussten. »Wir haben es geschafft!«
    »Das stimmt«, antwortete eine ruhige Stimme. »Beruhige dich. Es wird noch genug Aufregung geben, wenn wir unsere Belohnung verlangen.«
    Der sich ihnen bietende Anblick war nur für denjenigen aufregend, der um seine Bedeutung wusste. In der Ferne breitete sich am Fuß eines Kraters ein Zeltlager auf dem Wüstenboden aus. Die öde Wüstenlandschaft war von zahlreichen Kratern bedeckt, aber nur dieser eine bildete den Mittelpunkt geschäftigen Treibens. Bis auf ein paar Nomaden und die Bewohner des großen Lagers lebten überhaupt keine Menschen in dieser Gegend.
    Vom Lager aus kletterten Männer gruppenweise zum Kraterrand hinauf und verschwanden in seinem Innern. Die ihnen entgegenkommenden Männer schleppten schwere Lasten, die sie irgendwo im Lager abluden. Rauchwolken stiegen aus der Tiefe auf, die nicht vulkanischen Ursprungs waren. Oben auf dem Kraterrand patrouillierten berittene Wachen, deren Speerspitzen unter den ersten Sonnenstrahlen aufleuchteten. Trotz der Ferngläser war die Entfernung zu groß, um Einzelheiten wie Uniform oder Rangabzeichen auszumachen.
    Den ganzen Tag lang lagen die beiden Männer reglos unter den Decken und beobachteten mit größter Aufmerksamkeit die Geschehnisse. Der Hügel, auf dem sie sich befanden, war nicht hoch genug, um Einsicht in das Kraterinnere zu gewähren, aber sie hatten einen guten Überblick über das Lager. Als die Sonne den Zenit erreichte, legten sie die Fernrohre beiseite, um nicht doch durch eine Spiegelung des Lichts aufzufallen. Die Hitze wurde beinahe unerträglich, aber sie hielten aus und stärkten sich gelegentlich mit Schlucken aus ihren Wasserschläuchen.
    Bei Einbruch der Dunkelheit schleuderten sie die Decken fort und genossen voller Dankbarkeit die kühle Nachtluft. Schließlich erhoben sie sich steifbeinig, falteten die Decken zusammen und packten Fernrohre, Wasserschläuche und den Rest der Ausrüstung ein. Ehe es vollends dunkel wurde, zog einer der beiden Männer einen winzigen Kompass hervor und studierte ihn eingehend. Dann verstaute er ihn in einer Tasche seines weiten Umhangs.
    »Sieh nur, Haffle!« sagte sein Begleiter.
    Wo vorher nur Rauchwolken sichtbar waren, erblickten sie jetzt einen rötlichen Lichtschein und Funken, die gen Himmel flogen.
    »Sie schmelzen etwas«, meinte Haffle. »Das ist eindeutig.« Er schob die Kapuze des Umhangs zurück, unter der ein hageres, mit dunklen Bartstoppeln bedecktes Gesicht und kurzgeschorene schwarze Haare zum Vorschein kamen. Sein Gefährte gehörte einer anderen Rasse an. Er war klein und stämmig. Eine Hälfte des Kopfes war völlig kahl; an der anderen war das Haar blau gefärbt und zu einem dicken Zopf geflochten. Haffle hob den Speer auf und machte Anstalten, den Hügel zu verlassen, aber sein Begleiter zögerte.
    »Ingist, wir dürfen keine Zeit verschwenden! Komm schon, wir müssen die Buckler noch vor Morgengrauen finden.«
    »Es ist kaum zu glauben, nicht wahr?« Ingist starrte zum Krater hinüber, als hätte man ihn verzaubert. »Wir haben ihn gefunden, nachdem so viele Männer jahrelang vergeblich suchten.«
    »Finden ist eine Sache«, meinte Haffle lakonisch. »Überleben, um Bericht zu erstatten und die Belohnung der Königin entgegenzunehmen, ist die andere. Los, jetzt!«
    Widerstrebend hob Ingist seinen Speer auf und folgte Haffle. Außer den kurzen Speeren, die ihnen auch als Wanderstab dienten, trugen die Männer Dolche im Gürtel, besaßen sonst aber keine Waffen. Nach außen hin

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