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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gar nicht aufgenommen.
    »Signore«, sagte sie, nun mit klarer lauter Stimme, damit er sie auch richtig verstand. »Ich kann hier nichts machen. Das ist eine Angelegenheit für die Polizei. Ist sie schon benachrichtigt?«
    »Ja«, wiederholte Fasini, ließ aber noch immer nicht erkennen, dass er sie gehört oder verstanden hatte. Er starrte auf den Toten hinunter und versuchte zu begreifen, welchen Schrecken und Skandal das bedeutete, was er da sah.
    Abrupt drängte die Ärztin sich an ihm vorbei in den Korridor. Der Hilfsinspizient folgte ihr. »Rufen Sie die Polizei«, wies sie ihn energisch an. Als er nickte und ging, griff sie in ihre Jackentasche, holte die Zigarette heraus, drückte sie zurecht und zündete sie an. Sie tat einen tiefen Zug und sah auf ihre Armbanduhr. Mickeys linke Hand stand zwischen der Zehn und der Elf, seine rechte genau auf der Sieben. Sie lehnte sich an die Wand und wartete auf die Polizei.

2.
    Da man hier in Venedig war, kam die Polizei mit dem Boot, das Blaulicht blitzte auf dem vorderen Kabinendach. Das Boot legte in einem kleinen Seitenkanal hinter dem Theater an und vier Männer sprangen heraus, drei in blauer Uniform und einer in Zivil. Rasch gingen sie die enge Gasse am Theater entlang zum Bühneneingang, wo der Portier, der über ihre Ankunft informiert war, mit einem Knopfdruck das Drehkreuz freigab, das ihnen Zugang zum hinteren Teil des Theaters verschaffte. Schweigend deutete er auf eine Treppe.
    Oben empfing sie der noch immer wie betäubt wirkende Fasini. Er streckte schon die Hand aus, um den Mann in Zivil zu begrüßen, der offenbar das Kommando führte, vergaß es aber dann wieder, drehte sich rasch um, murmelte: »Hier entlang« und ging durch den schmalen Korridor voraus. An der Garderobentür hielt er inne und deutete wortlos nach drinnen.
    Guido Brunetti, ein Commissario aus der Questura, trat als erster ein. Als er den leblosen Körper im Sessel sah, hob er die Hand und bedeutete den Uniformierten, zurückzubleiben. Der Mann im Sessel war eindeutig tot. Nach einem Lebenszeichen musste man an diesem verkrampft nach hinten gereckten Körper mit den grausig verzerrten Gesichtszügen nicht mehr suchen.
    Das Gesicht des Toten war Brunetti so vertraut wie den meisten Menschen der westlichen Welt. Auch wer diesen Mann nie selbst am Pult gesehen hatte, kannte sein Gesicht mit dem gemeißelten germanischen Kinn und dem etwas zu langen, auch mit über sechzig noch rabenschwarzen Haar seit vier Jahrzehnten von den Titelseiten der Zeitschriften und Zeitungen. Brunetti hatte ihn vor Jahren zweimal dirigieren sehen und dabei statt des Orchesters fasziniert den Dirigenten beobachtet. Wie von einem Dämon besessen - oder einer Gottheit - zuckte Wellauers Körper über dem Pult hin und her, die Linke halb zur Faust geballt, als wollte er den Violinen die Töne entreißen, während die Rechte den Stab gleich einer Waffe hier und dort niedersausen ließ; ein Donnerkeil, der Wogen von Klängen auslöste. Doch jetzt, im Tod, hatte alles Göttliche ihn verlassen und nur die boshafte Maske des Dämons war geblieben.
    Brunetti wandte den Blick ab und sah sich im Zimmer um. Da lag die Tasse auf dem Boden und nicht weit davon die Untertasse. Daraus ließen sich die dunklen Flecken auf dem Hemd und wahrscheinlich auch das grässlich verzerrte Gesicht erklären.
    Reglos blieb Brunetti stehen, immer noch nicht weiter im Zimmer, ließ den Blick umherwandern und registrierte jedes Detail, unsicher noch, was sich daraus ergeben würde, neugierig. Er war ein überraschend gepflegter Mann: seine Krawatte war sorgfältig gebunden, das Haar kürzer als derzeit Mode und selbst seine Ohren lagen eng am Kopf, als wollten sie nur ja nicht auffallen. Die Kleidung wies ihn eindeutig als Italiener aus. Der Akzent war unverkennbar venezianisch. Sein Blick war ganz der eines Polizeibeamten.
    Er streckte die Hand aus und berührte das Handgelenk des Toten, aber der Körper war kalt, die Haut fühlte sich trocken an. Mit einem letzten prüfenden Blick drehte er sich um und wandte sich einem der Männer zu, die hinter ihm standen. Er wies ihn an, den Polizeiarzt und den Fotografen zu rufen. Den zweiten Beamten schickte er nach unten zum Portier, um herauszufinden, wer heute Abend alles hinter der Bühne war und eine Liste mit den Namen zusammenzustellen. Dem dritten trug er auf, zu erkunden, wer heute vor der Vorstellung oder während der Pausen mit dem Maestro gesprochen hatte.
    Dann öffnete er die Tür zu

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