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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ihrer Fragen waren und wie - nun ja - unverhältnismäßig ihre Dankesbezeugungen.« Hier stockte Ford, als wisse er nicht recht weiter, ein Kavalier in Nöten, der weder die Unwahrheit sagen noch den Ruf einer jungen Frau ruinieren wollte.
    Doch unter Brunettis stoischem Blick schien er die Hürde falsch verstandener Ritterlichkeit zu überwinden, und seine Wahrheitsliebe siegte. »Sie wurde so schamlos, daß mir schließlich keine andere Wahl blieb, als sie gehen zu lassen.«
    »Soll heißen?«
    »Ich mußte sie bitten, die Biblioteca zu verlassen.«
    »Sie haben sie also gefeuert?«
    Ford lächelte. »Nicht direkt. Sie hat ja nicht offiziell hier gearbeitet. Ich meine, nicht als reguläre Angestellte. Sie war eine freiwillige Hilfskraft, und dadurch konnte ich sie auch leichter auffordern zu gehen.« Er senkte den Kopf, sprach aber weiter. »Es war trotzdem noch schwer genug und sehr peinlich.« Als Brunetti das nicht zu verstehen schien, erklärte Ford: »Ich wollte sie doch nicht kränken.«
    Brunetti zweifelte nicht daran, daß Claudias Ausscheiden aus der Bibliothek eine peinliche Angelegenheit gewesen war, aber ob die Begründung, die Ford ihm geliefert hatte, ganz den Tatsachen entsprach, das schien ihm nicht so sicher. Der Commissario wählte eine grüblerische Pose und zupfte, um sie glaubhafter zu machen, mit Daumen und Zeigefinger an seiner Unterlippe. »Wußte Ihre Frau davon?«
    Ford zögerte einen Moment mit der Antwort, aber für Brunetti war das Zögern an sich ausschlaggebend, unabhängig von seiner Dauer.
    »Ich habe ihr nie etwas davon gesagt, falls es das ist, worauf Sie anspielen«, versetzte Ford in einem Ton, der nahelegte, es sei indiskret von Brunetti, so etwas zu fragen. Statt darauf hinzuweisen, daß seine Frage damit nicht beantwortet sei, wartete der Commissario einfach ab, bis der Engländer endlich zugab: »Ich fürchte, sie könnte etwas mitbekommen haben. Eleonora ist sehr aufmerksam.« Wozu sie bei so einem Mann auch allen Grund hatte, dachte Brunetti bei sich.
    »Haben Sie irgendwann einmal mit Ihrer Frau über das Mädchen gesprochen?«
    »Nein, natürlich nicht«, beteuerte Ford, ganz gekränkter Kavalier. »Gut, anfangs habe ich vielleicht einmal erwähnt, daß sie eine tüchtige Kraft sei, aber da mich das Mädchen nicht ernsthaft interessierte, werde ich kaum mehr über sie gesagt haben.«
    »Und hat Claudia auch für Ihre Frau gearbeitet, oder hatte sie gelegentlich Bibliotheksdienst, wenn Ihre Frau hier war?«
    »Ah!« Ford lächelte geschmeidig. »Da habe ich mich wohl nicht klar genug ausgedrückt. Sehen Sie, das Ressort meiner Frau beschränkt sich strikt auf administrative Aufgaben. Das heißt, sie kümmert sich um den Behördenkram und verhandelt mit dem Stadtrat und den Ämtern im Umland, die sich für unsere Arbeit interessieren.« Er setzte ein kleines Lächeln auf. »Als Italienerin, genauer gesagt als Venezianerin, weiß sie besser, wie man sich hier durch die Instanzen laviert. Ich als Ausländer wäre da völlig hilflos.«
    Brunetti lächelte zurück, während er bei sich dachte, daß Hilflosigkeit ganz sicher nicht zu den Eigenschaften gehörte, die man Mr. Ford zuordnen würde.
    »Und was sind dann Ihre Aufgaben, Signore?«
    »Ich kümmere mich um den Betrieb hier in der Bibliothek«, sagte Ford.
    »Verstehe.« Nun endlich war Brunetti überzeugt, daß Vianello die wahren Ziele der Bibliothek richtig gedeutet hatte.
    Ford blieb stumm, den Anflug eines Lächelns auf den Lippen. Da er offenbar nichts weiter zu sagen hatte, erhob sich Brunetti mit den Worten: »So leid es mir tut, aber ich muß auch noch mit Ihrer Frau sprechen.«
    »Das würde sie furchtbar aufregen.«
    »Wieso?«
    Die Antwort ließ ziemlich lange auf sich warten. »Sie mochte Claudia sehr gern, und ich fürchte, es wäre sehr schmerzlich für sie, über den Tod des Mädchens zu sprechen.«
    Brunetti fragte nicht, wie sie jemanden habe ins Herz schließen können, mit dem sie ihrem Mann zufolge so gut wie keinen Kontakt gehabt hatte. »Bedaure, Signore, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Ich muß mit ihr sprechen.«
    Er sah Ford abwägen, was es ihn kosten würde, wenn er sich der Forderung des Commissarios widersetzte. Der Mann gab vor, mit der italienischen Bürokratie nicht vertraut zu sein, aber jeder, der auch nur ein paar Jahre in diesem Land verbracht hatte, mußte wissen, daß die Polizei das Gespräch mit seiner Frau früher oder später erzwingen würde. Brunetti wartete

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