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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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geduldig und ließ Ford reichlich Zeit, sich zu entscheiden. Endlich sah der Engländer zu ihm auf und sagte: »Also gut. Aber vorher möchte ich mit ihr reden.«
    »Das geht leider nicht«, beschied ihn Brunetti ungerührt.
    »Nur um ihr zu versichern, daß sie keine Angst zu haben braucht«, ergänzte Ford.
    »Das dürfen Sie getrost mir überlassen.« Der strenge Ton, in dem Brunetti das vorbrachte, nahm der konzilianten Floskel viel von ihrer beruhigenden Wirkung.
    »Also gut.« Ford erhob sich und ging zur Tür.
    Wieder durchquerte Brunetti den Lesesaal. Die zwei Alten waren inzwischen gegangen, und statt ihrer saß jetzt Vianello an einem der Tische, vor sich ein aufgeschlagenes Buch, in das er scheinbar so vertieft war, daß er nicht einmal aufblickte, als die beiden Männer aus Fords Büro kamen. Dafür tippte er mit der Spitze seines Kugelschreibers auf ein Blatt Papier, das neben dem Buch lag und auf dem Brunetti im Vorbeigehen zwei Namen und Anschriften zu erkennen glaubte.
    Ford wartete im Flur auf Brunetti und stieg ihm voran die Treppe hinauf. Die Tür oben war nicht verschlossen, so daß er sie nur aufzuklinken brauchte. Man hätte glauben können, sie seien auf dem Lande, umgeben von treusorgenden Nachbarn, die einer des anderen Haus bewachten, und nicht mitten in einer von Dieben und Einbrechern belagerten Stadt.
    Drinnen in der Wohnung erwartete Brunetti ein deutlicher Kontrast zu der schlichten Ausstattung im Untergeschoß.
    Schon in der Diele lag ein so dicker und farbenprächtiger Sarouk, daß er sich genierte, ihn mit Schuhen zu betreten. Ford führte ihn in ein geräumiges Wohnzimmer, dessen Fenster auf den campo am anderen Ufer des Kanals hinausgingen. Eine Celadon-Schale in jenem außerirdischen Grün, das Brunetti nie gemocht hatte, stand auf einem niedrigen Tischchen vor einem mit beigem Satin bezogenen Sofa.
    An drei Wänden hingen Gemälde, hauptsächlich Porträts, während die vierte von Bücherregalen gesäumt war. Blickfang war fraglos der riesige Nain-Teppich, dessen helle Arabesken aufs schönste mit dem Sofabezug harmonierten.
    »Ich geh rasch und hole sie«, sagte Ford und strebte dem hinteren Teil der Wohnung zu.
    Doch Brunetti bot ihm mit erhobener Hand Einhalt. »Ich glaube, es wäre besser, Sie würden sie rufen, Signore.«
    Ford schaffte es, verwirrt und gekränkt zugleich dreinzublicken, als er fragte: »Warum?«
    »Weil ich mit ihr reden möchte, bevor Sie mit ihr gesprochen haben.«
    »Ich wüßte nicht, was das für einen Unterschied macht«, versetzte Ford, diesmal nicht verwirrt, aber entschieden gekränkt.
    »Aber ich weiß es«, beharrte der Commissario brüsk. Er hatte sich gleich links neben der Tür plaziert, so daß es nur eines kleinen Schritts bedurft hätte, um sie mit seinem Körper zu versperren. »Bitte rufen Sie sie herein.«
    Ford blieb ostentativ auf der Schwelle stehen und rief in den hinteren Teil der Wohnung: »Eleonora!« Und als keine Antwort kam, noch einmal: »Eleonora!«
    Diesmal hörte Brunetti eine Stimme aus dem Hintergrund antworten, doch was sie sagte, war unmöglich zu verstehen.
    »Könntest du einen Augenblick herkommen, Eleonora«, rief Ford.
    Brunetti war darauf gefaßt, daß er eine Erklärung nachschicken würde, aber die blieb aus. Eine Minute verstrich, dann noch eine, und dann hörten beide, wie irgendwo weiter hinten eine Tür geschlossen wurde. Während sie warteten, betrachtete Brunetti das Porträt einer verhärmten Frau mit gestärkter Halskrause, die das Haar streng zurückgekämmt und zu einem straffen Knoten geschlungen trug und die mit einem Blick in die Welt sah, der alles, was sich ihm darbot, scharf mißbilligte. Brunetti fragte sich, wer so blind oder so grausam sein konnte, ein solches Bild ausgerechnet in dem Haus aufzuhängen, in dem Eleonora Filipetto wohnte.
    Gegen seinen Willen stellte unwillkürlich auch er den Vergleich zwischen Porträt und lebendem Abbild an, als Eleonora Filipetto ins Zimmer kam. Ihr Haar war grau gesträhnt wie bei der Frau auf dem Gemälde, nur daß das ihre schlaff herunterhing. Beide hatten die gleichen schmalen, blutleeren Lippen, die so leicht verkniffen wirkten, wie eben jetzt bei Signora Ford, als sie eintrat.
    Sie erkannte Brunetti, sah neben ihm ihren Mann und richtete das Wort an den Commissario: »Ja? Um was geht es?« Sie versuchte forsch und entschieden zu wirken, aber ihre Stimme klang nur nervös.
    »Ich komme wegen Claudia Leonardo und möchte Ihnen ein paar Fragen stellen,

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