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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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bin Guido Brunetti, Signore. Von der Polizei«, sagte der Commissario. Als Moro nicht antwortete, wandte Brunetti sich an den Uniformierten und fragte streng: »Wo ist der Junge?«
    Vor so viel Autorität und Schützenhilfe für Dottor Moro kapitulierte der Kadett endlich. »Im Waschraum. Oben«, setzte er so unwirsch hinzu, als ob keiner der beiden ein Recht hätte, von ihm Auskunft zu fordern.
    »Wo?« fragte Brunetti noch einmal.
    Doch da meldete sich über ihnen auf dem Treppenabsatz Vianello. »Er ist hier oben, Signore«, sagte er und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Brunetti sah Moro an, dessen Aufmerksamkeit nun auf Vianello gerichtet war. Er stand wie angewurzelt, den Mund zu einem runden O geöffnet, und Brunetti konnte ihn immer noch atmen hören.
    Der Commissario trat vor und zog den Arm des Arztes in den seinen. Wortlos führte er ihn die Treppe hinauf, immer Vianellos sich langsam entfernendem Rücken hinterher. Im dritten Stock machte Vianello halt und vergewisserte sich, daß sie ihm folgten, bevor er in einen von vielen Türen gesäumten Flur abbog. An dessen Ende öffnete sich nach rechts ein weiterer Korridor. Hier blieb Vianello vor einer weißlackierten Tür mit rundem Glasfenster in der oberen Füllung stehen. Er fing Brunettis Blick auf und nickte unmerklich. Trotzdem war Moro das Zeichen nicht entgangen, und er stützte sich schwerer auf Brunettis Arm, auch wenn sein Schritt nicht ins Stocken geriet.
    Schon im nächsten Moment jedoch machte er sich von ihm los und hastete an Vianello vorbei. Brunetti, der in der Tür stehenblieb, sah ihn wie einen schwarzen Schatten ans andere Ende des Raums taumeln, wo ein dunkles Etwas am Boden lag.
    »Ich habe ihn abgenommen, Signore«, sagte Vianello halblaut und legte seinem Vorgesetzten die Hand auf den Arm. »Wir dürfen am Tatort nichts verändern, ich weiß, aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß jemand von der Familie den Jungen so sehen würde.«
    Brunetti hatte Vianello kaum die Hand gedrückt und ein beifälliges »Schon gut« gemurmelt, da erklang vom anderen Ende des Raums ein unterdrückter tierischer Laut. Moro lag auf den Knien neben dem Leichnam und wiegte ihn in den Armen. Das schaurige Winseln, das keiner menschlichen Sprache glich, kam gleichwohl von ihm. Hilflos sahen die beiden Polizisten zu, wie Moro den Toten fester an sich preßte und den schlaff herabhängenden Kopf zärtlich und behutsam in seine Halsbeuge bettete. Sein dumpfes Gestammel verdichtete sich endlich doch zu Worten, aber weder Brunetti noch Vianello konnten verstehen, was er sagte.
    Zögernd traten sie näher. Brunetti blickte auf den Mann, der ihm von Alter und Statur her so sehr glich und nun den Leichnam seines einzigen Sohnes in den Armen hielt, der wiederum kaum älter war als Brunettis eigener. Ihn schwindelte vor Entsetzen, er mußte die Augen schließen, und als er sie wieder öffnete, sah er Vianello hinter dem Arzt knien. Er hatte ihm den Arm um die Schultern gelegt und war ganz dicht an ihn herangerückt, aber ohne den Toten zu berühren. »Lassen Sie ihn, Dottore«, mahnte Vianello leise und lehnte sich fester gegen den Rücken des Mannes. »Lassen Sie ihn«, wiederholte er und rückte langsam seitwärts, um das Gewicht des Toten aufzufangen. Moro schien erst nicht zu begreifen, aber dann drangen Vianellos sanfte Weisungen doch zu ihm durch, und gemeinsam mit ihm legte er den Oberkörper seines toten Kindes auf dem Boden ab und kniete neben ihm nieder, den Blick starr und unverwandt auf das aufgedunsene Gesicht geheftet. So lange, bis Vianello es mit einem Ende des Paletots verhüllte.
    Brunetti wartete noch einen Moment, dann beugte er sich zu Moro hinab, schob ihm eine Hand unter den Arm und half dem unsicher Schwankenden auf die Füße.
    Vianello stützte ihn von der anderen Seite. Und so verließen sie den Waschraum und gelangten in stockendem Gang über Flure und Treppen hinunter auf den Hof. Als sie ins Freie traten, standen die Kadetten immer noch in Gruppen beisammen. Im ersten Moment reckten sich alle Köpfe nach ihnen, aber ebenso rasch wich man ihren Blicken wieder aus.
    Moro schleppte sich vorwärts wie ein Gefangener in Ketten, der nur ganz kurze Schritte machen kann. Einmal blieb er stehen, schüttelte den Kopf wie zur Antwort auf eine Frage, die seine Begleiter nicht hören konnten, und ließ sich dann willenlos weiterführen.
    Brunetti, der Pucetti aus einem Gang auf der anderen Hofseite kommen sah, winkte ihn mit

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