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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Leiche entdeckt wurde?« sagte er mit einem Blick auf die Uhr, und es gelang ihm nicht, den Vorwurf aus seiner Stimme herauszuhalten.
    Bembo richtete sich drohend auf. »Irgendwann heute morgen.«
    »Um wieviel Uhr?«
    »Ich weiß es nicht. Kurz bevor die Polizei verständigt wurde.«
    »Wie kurz davor?«
    »Ich habe keine Ahnung. Man hat mich zu Hause angerufen.«
    »Um wieviel Uhr?« fragte Brunetti erneut, diesmal mit gezücktem Bleistift.
    Bembo preßte in kaum verhohlenem Ärger die Lippen zusammen. »Ich bin mir nicht sicher. So gegen sieben.«
    »Waren Sie schon wach?«
    »Natürlich.«
    »Und dann haben Sie die Polizei verständigt?«
    »Nein, das hatte bereits jemand von hier aus getan.«
    Brunetti stellte die übereinandergeschlagenen Beine wieder nebeneinander und beugte sich vor. »Comandante, der Anruf bei der Questura wurde um sieben Uhr sechsundzwanzig protokolliert. Also fast eine halbe Stunde, nachdem Sie vom Tod des Jungen unterrichtet wurden.« Nachdem Bembo keine Anstalten machte, sich zu rechtfertigen, fuhr Brunetti fort: »Könnten Sie mir das erklären?«
    »Was?«
    »Daß die Behörden erst mit einer halben Stunde Verzögerung über einen verdächtigen Todesfall in Ihrer Schule informiert wurden.«
    »Verdächtig?« wiederholte Bembo scharf.
    »Solange die Rechtsmedizin die Todesursache nicht geklärt hat, ist für uns jeder Todesfall verdächtig.«
    »Aber es war doch eindeutig Selbstmord.«
    »Haben Sie den Toten gesehen?«
    Der Comandante antwortete nicht gleich. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und musterte sein Gegenüber. Endlich sagte er: »Ja, allerdings. Nach dem Anruf kam ich sofort her und habe ihn mir angesehen. Moro hat sich erhängt.«
    »Und warum die Verzögerung?«
    Bembo wehrte ab. »Keine Ahnung. Meine Leute müssen gedacht haben, ich würde die Polizei verständigen, und ich war sicher, sie hätten das bereits getan.«
    Brunetti ließ es dabei bewenden und fragte: »Können Sie mir sagen, wer angerufen hat?«
    »Auch wenn ich mich nur ungern wiederhole: Ich weiß es nicht. Aber der Betreffende hat doch sicher seinen Namen angegeben.«
    »Sicher«, echote Brunetti und kehrte zum Thema zurück. »Aber Dottor Moro hat niemand verständigt?«
    Bembo schüttelte den Kopf.
    Brunetti erhob sich. »Ich kümmere mich darum, daß das nachgeholt wird.«
    Bembo machte sich nicht die Mühe aufzustehen. Brunetti zögerte einen Moment, gespannt, ob der Comandante wieder seine vermeintliche Überlegenheit herauskehren und sich seinen Schreibtischtrophäen widmen würde, um den Abgang des lästigen Besuchers zu beschleunigen. Aber nein: Bembos Hände ruhten untätig auf der Schreibtischplatte, während seine Augen Brunetti belauerten.
    Der Commissario schob das Notizbuch in die Jackentasche, legte den Bleistift sorgsam vor Bembo auf den Schreibtisch und verließ das Zimmer.

3
    D raußen auf dem Korridor entfernte Brunetti sich ein paar Meter von Bembos Tür, bevor er sein telefonino aus der Tasche zog. Er wählte die 12 und wollte sich eben Moros Nummer geben lassen, als ein Wortwechsel im Treppenhaus ihn aufhorchen ließen.
    »Wo ist mein Sohn?« fragte eine Männerstimme laut und fordernd. Eine leisere antwortete beschwichtigend, aber die erste blieb hartnäckig: »Wo ist er?« Hastig unterbrach Brunetti die Verbindung und steckte das Handy wieder ein.
    Als er sich dem Treppenhaus näherte, wurden die Stimmen noch lauter. »Ich will wissen, wo er ist«, rief aufgebracht der erste Sprecher, den offenbar kein Zuspruch und keine Erklärung besänftigen konnten.
    Brunetti beugte sich vorsichtig über das Geländer und sah unter sich einen Mann etwa seines Alters und seiner Größe, den er auf Anhieb erkannte, denn er hatte nicht nur sein Foto in der Zeitung gesehen, sondern war ihm auch schon bei verschiedenen offiziellen Anlässen begegnet: Moro hatte ein asketisch hageres Gesicht, dem die hohen Wangenknochen einen slawischen Anstrich verliehen. Die dunklen Augen und der sonnengebräunte Teint standen in scharfem Kontrast zu seinem dichten, schlohweißen Haar. Der jüngere Mann ihm gegenüber trug die gleiche dunkelblaue Uniform wie die Jungen draußen auf dem Hof.
    »Dottor Moro«, sagte Brunetti und ging ihm über die Treppe entgegen.
    Der Arzt wandte ihm das Gesicht zu, schien ihn jedoch nicht zu erkennen. Sein Mund stand offen, und er rang mühsam nach Luft. Augenscheinlich stand er unter Schock, verstärkt noch durch das hilflose Ringen mit seinem hartnäckigen Begleiter.
    »Ich

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