Brunftzeit
nicht die richtige Frau kennengelernt hatte. Ob ich sie je finden würde? Was konnte ich noch unternehmen? Wo sollte ich suchen? Ich hatte keine Ahnung.
Eigentlich neige ich weder zu Selbstmitleid noch zu Pathos. Ich hatte einfach nur wirklich keinen Schimmer, wo oder wie ich die Frau kennenlernen sollte, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen wollte. Wo hätte sie dennherkommen sollen? Und im Endeffekt hörte ich schließlich bewusst auf zu suchen. Okay, dachte ich, aus allem, was du bisher unternommen hast, ist nichts geworden, also hör einfach auf mit dem Brimborium, entspann dich und vertraue auf Gottes Hand. Akzeptier, dass es nicht in deiner Macht steht. Ich zuckte also die Schultern und beschloss, einfach weiterzuleben und mich meines Daseins zu erfreuen. Glücklicherweise fiel mir dieser Entschluss nicht schwer, denn mit meiner Arbeit ging es gut vorwärts, ich hatte einen Haufen Freunde, es war Sommer, und ich wollte jede Menge tolle Sachen machen. Das Leben machte mir Spaß.
Und genau in dieser Zeit geschah etwas Unerwartetes.
Ende August, etwa zwei Monate nach dem letzten Artikel für die Kolumne, fuhr ich zu einer Hochzeit. Viele meiner alten Freunde waren ebenfalls eingeladen, Leute, die ich seit Ewigkeiten nicht gesehen hatte; es versprach also, ein tolles Wochenende zu werden. Ich freute mich sehr darauf, und der Umstand, dass ich einer der wenigen Singles sein würde, störte mich nicht im Geringsten.
Als ich am Freitagabend aufgeregt und fröhlich lächelnd die Kneipe betrat, wo der Polterabend stattfinden sollte, sah ich eine Frau, die mir völlig unbekannt war. Sofort, noch bevor wir überhaupt ein Wort miteinander gewechselt hatten, spürte ich dieses gewisse Etwas. Um es kurz zu machen: Da war sie.
Wenn Sie allerdings Charlotte fragen (sie kommt später noch zu Wort), wird sie Ihnen erklären, dass ich erst am späten Samstagabend das Wort an sie richtete, und dann auch nur zufällig, weil wir uns auf der Tanzfläche anrempelten. Aber damit war das Eis gebrochen. Im Prinzip stimmt das auch. Ich möchte aber vorausschicken, dass die Kollision auf der Tanzfläche keinesfalls zufällig war – ein so schlechter Tänzer bin ich nun auch wieder nicht –, und da niemand uns einander vorstellte, wusste ich, dass ich sie irgendwann an diesem Tag einfach ansprechen musste. Ich nahm mir lediglich Zeit und wartete den richtigen Moment ab.
Danach kamen wir uns sehr schnell sehr nah, und ich fand etwas, woran ich so wenig geglaubt hatte, dass ich die Suche schon aufgegeben hatte.
Diese Erfahrung hat mein Buch hier grundlegend beeinflusst, und zwar auf eine Weise, die – so hoffe ich – klar ersichtlich ist. Nachdem ich Charlotte kennengelernt hatte, verstand ich plötzlich, was in den letzten zweieinhalb Jahren in meinem Kopf vorgegangen war, wie ich mich verändert hatte, erwachsen geworden war und viel über mich und meine Umwelt gelernt hatte. Die lange Reise vom Bruch mit Freundin Y bis hin zu Charlotte erhielt plötzlich einen Sinn. Ich verstand, was mit mir geschehen war und vor allem, warum es geschehen war. Und ich mutierte zum Optimisten. Heute glaube ich an Happy Ends.
Die wichtigste Erkenntnis ist die folgende: Wenn Sie eine Zeit lang Single sind (zumindest länger, als Sie wollten), können Sie diese Zeit am besten beenden, indem Sie aufhören, sich Sorgen zu machen, und sich stattdessen um andere Dinge kümmern, zum Beispiel darum, Ihr Leben zu genießen. Und dann, sobald Sie sich allein wirklich glücklich fühlen, können endlich vollkommen unerwartete Dinge passieren. Große Dinge, geschmückt mit Herzchen und Glöckchen.
Ohne dass es mir selbst klar war, geschah mir genau das. Als ich Charlotte kennenlernte, war die richtige Zeit gekommen (ich war lange genug Single gewesen), und ich arbeitete zudem nicht mehr an meiner Kolumne. Damit war auch ein gewisser Druck von mir genommen, denn ich musste nicht mehr Woche für Woche darüber nachdenken, dass und warum ich Single war (die Kolumne hat mir zwar Spaß gemacht, aber nach einer Weile ging sie schwer an die Substanz, das können Sie mir glauben).
Und so fügte sich eins zum anderen und ich war bereit, jemanden kennenzulernen. Ich fühlte mich zufrieden, hatte keinen Druck mehr und so weiter. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor, der sich weder durch Wissen noch durch einesorgfältige Vorbereitung beeinflussen lässt. Dieser Faktor heißt Glück. Das Lächeln Fortunas. Tatsache ist, dass ich unendliches Glück hatte,
Weitere Kostenlose Bücher