buen caminoooo!!! (Ein launiger Reisebericht) (German Edition)
Haltestelle bat Anna um Hilfe.
„ Hier fährt heute kein Bus“, kam es kurz und knapp vom Barmann auf Spanisch.
„ Nicht heute, entweder laufen oder ein Taxi bestellen“, tönte es aus einer Runde älterer Männer.
Einer erkundigte sich: „Woher kommst du?“
„ Holland!“
„ Komm, setz dich zu uns, die Flasche ist gerade erst angebrochen, und alleine schaffen wir das nicht.“ Dabei deutete einer der Männer auf die volle Flasche Wein und kommandierte zum Barmann: „Pablo, wir brauchen noch ein Glas!“
„ Ich habe mich dazugesetzt und natürlich auch noch eine Flasche ausgegeben“, erzählt Anna. „Nach einer unterhaltsamen Stunde hat einer der Männer mich nach Burgos zu seinem Haus mitgenommen, wo er mich seiner Frau vorgestellt hat. Die hat mir sogar noch ein Essen zubereitet.“
Zum Abschluss hat Anna mit dem älteren Mann einen Wein in einer kleinen Kneipe getrunken; anschließend brachte er sie zur Herberge. Einen Rat hatte der nette Helfer noch: „Per Anhalter kommst du am Camino nicht weg. Wer sich für den Camino entscheidet, der muss ihn auch laufen.“
„ Schau Simon, auf dem Camino braucht man nicht zu planen. Abgesehen vom Trampen wird einem immer irgendwie geholfen.“
„Richtig , Anna, aber wenn man durch ein wenig Planung anderen nicht zur Last fällt, darf man gerne ein wenig planen.“
Anna hat eine wirklich intensive Zeit auf dem Camino gehabt und sich anscheinend verliebt. Unser Gespräch dreht sich dauernd um ihren Spanier. „In Logroño habe ich Stunden in den Armen eines Mannes gelegen und war besinnungslos glücklich. So glücklich wie lange nicht!“ Sie zieht sogar in Erwägung, nach Granada zu ziehen.
„Du nach Andalusien?“ , staune ich. „Ein Workaholic und andalusische Gelassenheit. Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Eventuell geht das für eine Zeit gut, aber auf Dauer kann ich mir das für dich absolut nicht vorstellen.“ War vielleicht etwas zu direkt und streng zu diesem Zeitpunkt. Schwelgt sie doch gerade in ihrem Glück. Sorry!
Wir sprechen über Enttäuschungen , die man im Leben erfahren hat. Da hat ja jeder so seine Geschichte. Mir fällt in diesem Zusammenhang mein guter Freund Martin aus Frankfurt ein, dem ich vor vielen Jahren Geld geliehen hatte. Einen Großteil habe ich zurückbekommen, aber einige tausend Euro hat er einbehalten. Zwei Jahre habe ich mich mit Ausflüchten ruhigstellen lassen und schließlich den Kontakt abgebrochen. Der letzte Kontakt war vor ca. acht Jahren.
In Pamplona geben wir den Wagen ab und laufen zu m Busbahnhof an der Zitadelle. Ich kenne die Strecke, aber Anna muss hier und da nach dem Weg fragen. Typisch, sie muss die Dinge in der Hand behalten! Jemandem einfach zu vertrauen und zu folgen, ist nicht ihr Ding.
An der Zitadelle befindet sich de r unscheinbare Eingang zum riesigen, unterirdischen Busbahnhof. Wir kaufen uns Fahrkarten nach SJPDP, da wir noch ca. zwei Stunden Zeit haben, lädt Anna mich zum Essen ein.
Zurück am Busbahnhof warten wir darauf, dass der Bus seine Türen öffnet. Ich sehe Anna, wie ich sie zuvor noch nicht erlebt habe: Gedankenverloren starrt sie ins Leere. Das sonst ständig vorhandene lustige Minenspiel ist einem sehr traurigen, versteinerten Gesicht gewichen. Als ich sie anspreche, ist sie zack wieder die Alte. Ihre Gedanken schweiften wieder in Richtung ihres Spaniers.
„ Simon, ich habe noch nie über eine lange Zeit eine Beziehung gehabt. Mal für ein halbes Jahr, aber eigentlich ist bei mir nach drei Monaten schon die Luft raus.“
„Kann ich mir gut vorstellen“ , erwidere ich spontan und muss es zum Glück nicht erklären, weil sich gerade die Türen des Busses öffnen. Ich glaube, Anna birgt für eine dauerhafte Beziehung noch zu viel Unruhe in sich.
Der Bus startet ziemlich pünktlich. Anna und ich sitzen nebeneinander. Sie wird ab SJPDP mit dem Zug weiter nach Hause fahren. Nach einiger Zeit meint sie: „Samstag gehe ich zum Frisör und muss Wäsche waschen, am Sonntag geht’s dann mit dem Flieger nach Brasilien, am Mittwoch bin ich wieder zurück im Büro. Danach folgen noch Termine in Paris und Madrid. Wenn ich es schaffe, einen Termin mit meinen Chef dazwischen zu bekommen, werde ich kündigen. Definitiv! Ist das zu glauben, ich habe noch nicht mal Zeit zum Kündigen.“
„Du hast recht , Anna, irgendwas musst du ändern in deinem Leben. So wie du lebst, wirst du weder in deiner Heimat noch in Andalusien dauerhaft glücklich werden.“
Sie zeigt mir ihre
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