buen caminoooo!!! (Ein launiger Reisebericht) (German Edition)
schon den zweiten Tag hier und weiß Folgendes zu berichten: „Wenn ihr hier morgens sehr früh über die Felder schaut und wirklich genau hinguckt ... Dort drüben!“ Sie zeigt leicht wackelig mit dem Finger zwischen zwei Häuser auf ein Kornfeld, in die Richtung, aus der wir gekommen sind. „Dann könnt ihr dort Gestalten sehen, Pilger aus alten Zeiten.“ Was quatscht die da?!
Christoph daddelt auf seinem Handy und kontert in nordisch trockener Manier, ohne aufzuschauen: „Wenn das man nicht Pilger mit Stirnlampen sind!“
Um der Konversation zu entfliehen , schlägt Daniel vor, essen zu gehen. Im Hotel gibt es nachmittags nichts, aber in der „Kantina“ im Ort. Auf unserem Irrweg durchs Dorf finden wir einige Restaurants, die wohl alle gerade Siesta machen. Deren Gastwirte sind, obwohl anwesend, nicht um uns bemüht oder schicken uns gleich weiter, bis wir dann endlich besagte „Kantina" entdecken. Es handelt sich um eine kleine Dorfkneipe, die Getränke und Tapas anbietet.
Drinnen palavern an einem Tisch mehrere ältere Herren. Atapuerca ist durch einen sensationellen archäologischen Fund bekannt geworden. Es handelt sich um die Überreste des ersten Europäers, der hier vor ca. 800.000 Jahren gelebt haben soll. Sechs seiner Brüder scheinen noch zu leben und palavern hier jeden Tag in netter Runde beim Wein.
Wir bestellen uns Bier und Tapas und setzen uns nach draußen. Ich muss erst mal checken, wie ich morgen nach Pamplona komme. Von dort geht täglich ein Bus nach SJPDP, wo mein Auto auf mich wartet. Im Internet finde ich nichts Ordentliches. Nur langwierige Verbindungen mit Zug und Bus über entfernte Städte. Da bleibt die Option Mietwagen, den ich per Internet ab Burgos buche. Aber wie komme ich von hier nach Burgos zum Autoverleiher? In der „Kantina" frage ich nach einem Taxi für morgen. der Bar-Besitzer verkündet, dass ich wohl wirklich Glück habe. Der lokale Taxifahrer sei gerade vor Ort.
Es handelt sich um einen älteren Herrn im schmutzigen Blaumann, der kurz vorher per Trecker angekommen ist. Er ist zwischen 70 und 80 und freut sich über den Auftrag. Hoffentlich bringt der mich morgen nicht mit dem Trecker nach Burgos! Mit Händen und Füßen vereinbaren wir die Abfahrt um 8 Uhr.
Später am Abend gehen wir im Hotel zum Essen. Der Speiseraum ist durch Raumtrenner in einen privaten und einen Gästebereich unterteilt. Die Hoteliers-Familie sitzt hinter dem Raumtrenner vor dem Fernseher. Die 14 Gäste auf der anderen Seite des Raumtrenners an kleinen, nett gedeckten Tischen, bis auf zwei Plätze an unserem, sind diese vollbesetzt.
N eben uns sitzt die blonde Kifferbraut mit drei weiteren Damen. Eine von denen kommt aus dem Osten Europas. Sie schläft heute nicht in der Herberge, sondern im Zelt, wie so oft, weil sie die Freiheit über alles liebt. Sie ist aus ihrer Heimat bis hierher gelaufen und schon drei Monate unterwegs! Sie ist absolut begeistert vom Camino und ihrer Freiheit. „Man muss wissen“, teilt sie mit, „ich war lange Zeit meines Lebens im Sozialismus eingesperrt und wurde bevormundet. Ich habe viel gearbeitet und dennoch in Armut gelebt. Jetzt haben wir die Freiheit, in jedes Land zu reisen, das uns interessiert. Schon als Kind wollte ich die Welt sehen, durfte aber nicht.“
Es gibt ein Wahl-Menü . Der Kellner kommt, um die Bestellungen aufzunehmen. Als er am Nebentisch die Auswahl erklärt, denke ich mich verhört zu haben. Aber er wiederholt an unserem Tisch: „Primero: Piss with ham.“
A m liebsten würde ich laut losbrüllen: „Piss with ham?“ Das passt zwar zur abgetakelten Küche, aber das werden die ja wohl kaum zugeben. Lachen wäre dem armen Kellner gegenüber sehr unhöflich; so halten wir uns alle zunächst zurück.
Daniel baut eine Brücke: Der Kellner meint 'peas with ham', also Erbsen mit Schinken. Er spricht es nur grundfalsch aus. Es dauert eine Weile, bis wir uns wieder einkriegen.
Mir fällt ein, dass auch Anna morgen nach SJPDP zurück muss, darum schicke ich ihr eine SMS mit dem Angebot, mit mir zu fahren. Sie schreibt zurück, dass sie gerade für einen Pilgersegen in der Kirche sitze und sich anschließend melde.
Als wir so, in unserer Unterhaltung vertieft, auf das Essen warten, steht plötzlich Laurenzo in der Eingangstür. An seiner Seite eine junge, attraktive Frau.
Wir bitten die beiden gleich an unseren Tisch. Sonst ist ja auch nichts mehr frei.
Laurenzo wirkt gut gelaunt.
Seine Begleitung heißt Ursula, ist 34 Jahre
Weitere Kostenlose Bücher