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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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geschrieben hat, weiß, daß wir körperliche Arbeit leisten, die physische Anstrengung und Kraft erfordert. Mir kam der Verdacht, ich sei ausgetrocknet; Hemingway hat sich deshalb eine 12er Kugel in die Mundhöhle geschossen. An diesem Tag ging ich, nachdem Delfina weg war, in ein Restaurant, stopfte mich mit Essen voll, rief anschließend eine Bekannte an und packte mich zwischen ihre Beine. Aber keine elende Sekunde lang habe ich dabei nicht an Delfina gedacht.
    Am nächsten Tag saß ich zu Hause, mit den Gedanken gleichzeitig bei Delfina und Bufo & Spallanzani, da klingelte es. Es war die Zeit, um die Delfina immer kam, ein Uhr mittags. Das Herz klopfte mir vor Freude. Ich wußte, sie würde nicht so wahnsinnig sein, mit mir zu brechen und alles ihrem Mann zu erzählen. Ich rannte zur Tür, machte auf, und da stand er, ich erkannte ihn sofort von den Fotos in Zeitungen und Illustrierten: das gutaussehende, braungebrannte Gesicht, die gerade Nase, das kräftige Kinn. Er war nur kleiner, als ich angenommen hatte, aber ich hatte ihn auf den Fotos auch immer nur zu Pferd gesehen. Und seine Augen waren blau.
    ›Gustavo Flávio?‹ fragte er. Ich nickte. Er drückte mir die Hand auf die Brust und gab mir einen Stoß. Ich bin wirklich kein Federgewicht, ich wiege über hundert Kilo, aber er hatte viel Kraft im Arm, ganz abgesehen von seiner moralischen Kraft als wütender Gehörnter, und sein Stoß brachte mich ins Schwanken und warf mich fast um. Er ging ins Wohnzimmer und sagte mit ausgestrecktem Zeigefinger: ›Wenn Sie sich noch mal an meine Frau ranmachen, bring’ ich Sie um, aber ich mach’ mir nicht selbst die Hände an Ihnen schmutzig, Sie dreckiges Schwein, ich laß’ Ihnen die Klöten abschneiden, und dann können Sie verbluten.‹ Ich sagte kein Wort. Vor mir stand ein betrogener Ehemann, der sein Recht wahrnahm, Hiebe auszuteilen. Aber nachdem er weg war, schwante mir, daß das keine leere Drohung war, kein Ausbruch eines Gehörnten, der schnell verpuffte. Die Warnung klang beängstigend glaubwürdig. Der Mann war gefährlich. Er hatte das nötige Geld und Naturell, einen ganzen Haufen von Profikillern zu engagieren.
    Zwei Tage lang machte ich mir Sorgen, dann las ich in den Klatschspalten der Presse, daß das Ehepaar Delamare nach Paris abgereist war. Alles andere weißt du schon. Delfina kam früher zurück, wurde tot aufgefunden, und so weiter. Ihr Mann beschäftigt mich vorläufig nicht so sehr wie dieser schäbige Spürhund, dieser Polyp Guedes.
    Der Fall Delfina ist hochinteressant und vermutlich der am meisten Aufsehen und Neugier weckende Mordfall, der sich in letzter Zeit hier in Brasilien ereignet hat. Es gibt Aspekte daran, die es faszinierend und angenehm machen, ihn zu verfolgen, denn es geht um ein geheimnisvolles Verbrechen in einer Gesellschaftsschicht, in der Gewalttaten selten sind, und außerdem lassen die Nebenfiguren und andere Fälle von gewaltsamem Tod ihn noch pikanter erscheinen. Aber ich bin zu sehr daran beteiligt, um darüber schreiben zu können, hauptsächlich deshalb, weil ich Delfina geliebt habe; große Liebesgeschichten, die wir Schriftsteller selbst erleben, werden selten aufgeschrieben. Zum Erzählen eignen sich nur die mittelmäßigen Liebesgeschichten.«

6
     
    Zwei Tage nachdem Guedes bei mir gewesen war, erhielt ich eine Vorladung zur Aussage auf der 14. Polizeiwache. Der Termin, den man für meine Vernehmung festgesetzt hatte, war der Tag vor meiner Abreise zum Refúgio do Pico do Gavião, einem schwierig zu erreichenden Ort im Bocaina-Gebirge. Um dorthin zu gelangen, mußte ich nach Pereiras fahren, einem Nest am Fuß des Gebirges, von dort aus ein ganzes Stück mit dem Bus, glaube ich, und dann mit einem Traktor, denn der Weg zum Refúgio war so steil und holprig, daß kein anderes Fahrzeug ihn passieren konnte. Ich redete mit Minolta; sie fand die Idee gut. Sie wollte, nachdem sie zehn Tage mit mir in Rio verbracht hatte (aber, gemäß unserer Abmachung, nicht in meiner Wohnung), nach Iguaba zurückfahren und meinte, vielleicht brauche Bufo & Spallanzani eine heroische Behandlung, einen ganz neuen Rhythmus, um endlich zu Papier zu kommen, was heißt, daß ich von sämtlichen Frauen auf Abstand gehen, meinen TRS-80 stehenlassen und mich mit einer Schreibmaschine auf eine einsame Fazenda zurückziehen müßte. Die Benachrichtigung der Polizei indes konnte noch alles durcheinanderbringen.
    Ich rief meinen Anwalt Dr. Martins an.
    »Gustavo«, sagte er, »ich kann

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