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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leander Haußmann
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es vielleicht so ähnlich wie das Stück nennen, das dein größter Erfolg war«, sagte ich. Ich wusste, dass Müller immer pleite war, also Zuschauer, Tantiemen, kurz: Geld benötigte. »Germania Tod in Berlin zwei oder so«, schlug ich vor.
    Er dachte kurz nach. »Germania drei«, sagte er dann. »Den zweiten Teil lasse ich aus.«
    Das Stück bekam den Titel »Germania 3 Gespenster am toten Mann«. Und wir die Uraufführung. Durch das Fax ratterten Beschimpfungen aus dem Berliner Ensemble, dessen Intendant Heiner Müller war, und die Klageandrohungen und Hasstiraden seiner zwei Mit-Intendanten, Peter Palitzsch und Peter Zadek. Heiner Müller freute sich, dass er uns die Uraufführung gegeben hatte, denn das war ein Schlag gegen das Palitzsch-Zadek-Syndikat, das in seinen Augen während seiner Abwesenheit sein Theater feindlich übernommen hatte. Später entzog er mir die Uraufführung wieder, er brauchte dringend einen Erfolg für sein Haus. Er käme nicht drum rum.
     
    Vielleicht mochte er mich deswegen so gerne, weil ich all die Dinge mochte, die er auch mochte: trinken, quatschen, rauchen. In einem Café in New York, das auf Französisch machte, weshalb es Papiertischdecken gab und Buntstifte, mit denen man die Tische bemalen sollte, musste der arme Heiner Müller, der damals schon Speiseröhrenkrebs hatte, in eisiger Kälte seine Zigarre rauchen. Damals empfanden wir die Nichtraucherkneipen noch als Schikane und als Zeichen der Unfreiheit in Amerika. Müller griff sich einen roten Stift und schrieb auf die Tischdecke: »In Deutschland hieß es, die deutsche Frau raucht nicht, dann rauchten die Schornsteine in Auschwitz.« Heiner Müller war eben kein Mann der kleinen Worte.
    Wir waren schon um drei Ecken gegangen, als einem der Epigonen, der auch Müllers Zigarrenstummel aus dem Aschenbecher sammelte, und andere Brotkrumen, die vom Teller fielen, um sie der Nachwelt zu erhalten, einfiel, dass er die Tischdecke hätte mitnehmen müssen. Er sprintete zurück zum Café, doch die ignoranten Amerikaner hatten die Tischdecke, so wie alle anderen Kunstwerke, bereits schnell und routiniert im Müll entsorgt. Und die Welt damit um ein wertvolles Autograf gebracht.
     
    Ich saß während der Premiere von »Arturo Ui« hinter Müller, in der Regieloge rechts oben, gleich neben dem Bühnenportal. Als Martin Wuttke als Arturo Ui es schaffte, seinen Körper zu einem Hakenkreuz zu verbiegen, waren die Zuschauer endgültig verzückt. Und als sich nach zehn Minuten abzuzeichnen begann, dass die Aufführung auf einen Erfolg zuging, drehte sich Müller während des frenetischen Zwischenapplauses zu mir um: »Man muss auch mal was für die Leute machen«, entschuldigte er sich. Und als der Jubel der Zuschauer volksfestartige Züge annahm, setzte er noch nach: »Boulevard eben.« Der Triumph, den er so dringend für sein Theater gebraucht hatte, war ihm am Ende irgendwie peinlich.
    Das letzte Mal, als ich ihn sah, kifften wir in seinem Loft in Kreuzberg und ich ließ mir von ihm eine Ausgabe von »Zement« signieren. Zum Abschied küsste er mich, wie immer sehr feucht. Er war mit der Welt im Reinen. Das hat mich gefreut.
    Dann starb Heiner Müller und die Uraufführung ging an mich. Wie in guten alten Zeiten war Uwe Dag als Koregisseur wieder an meiner Seite. Wir machten es leicht. Heiner Müller hätte es gefallen. Aber was ihm gefallen hat oder hätte, was seine letzten Worte waren und seine Wünsche, dafür gibt es viele Experten.

44 ALLES, BLOSS KEIN TRAUM
ALLES, BLOSS KEIN TRAUM
    44 IM BECHER IST URIN. Zwei geisterähnliche Patienten stehen mit mir im engen Fahrstuhl, ich spüre ihren Atem. Sie schauen auf den Becher in meiner Hand. Sie gucken komisch. Es ist mein Urin. Ich soll ihn ins Schwesternzimmer bringen. Was ist denn schon dabei, denke ich. Das ist ja hier schließlich so eine Art Krankenhaus. Da trägt man ja schon mal einen Plastikbecher mit seinem Urin herum. Aber warum gucken die hier dann so komisch? Und warum muss man in seinem Zimmer in den Becher pinkeln, ihn dann über drei Etagen hinunter ins Schwesternzimmer tragen, obwohl das ja entwürdigend ist, nur damit einen die Psychologen wieder aufbauen können. Das ist, komme ich zu dem Schluss, ein bisschen so wie an der Schauspielschule. Erst bauen sie einen ab, dann bauen sie einen auf.
    »Wir haben doch hier extra ein Zimmer, gleich nebenan, Herr Haußmann, wo sie reinpullern können.« Die Schwester zeigt auf eine Tür, auf der tatsächlich ein Urinbecher

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