Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)

Gefühl, endlich wieder stehen zu können, Blue. «
    Gott, wie sehr sein trockener Humor ihr gefehlt hatte, wie sehr es ihr gefehlt hatte, die lakonische Stimme ihren Spitznamen sagen zu hören. Wie sehr sein Anblick ihr gefehlt hatte– und nicht nur der.
    » Möchtest du einen Zwischenstopp in Dungirri einlegen? Da gibt es ein paar Leute, die sich Sorgen um dich gemacht haben. Es ist gar nicht leicht, wenn man absolut nichts erfährt. «
    » Das erging mir ganz genauso, Blue. Auch ich habe mich um ein paar Leute gesorgt. «
    Daraus ließ sich zwar nicht entnehmen, welche Leute im Speziellen gemeint waren, aber sie konnte es sich vorstellen. Diese sorgfältig zur Schau getragene Gleichgültigkeit diente mit Sicherheit nur dazu, Gefühle zu verbergen, von denen er nicht wusste, wie er sie ausdrücken sollte.
    » Komm in mein Büro, da können wir uns erzählen, was inzwischen passiert ist. « Beim letzten Halbsatz lächelte sie, und die Worte hingen beziehungsreich in der Luft.
    Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht, und er nickte und griff mit der rechten Hand nach der Tasche zu seiner Linken, doch dann verzerrte er unter der Dreh- und Hebebewegung das Gesicht. Die brutale Erinnerung an die Verletzungen, die er erlitten hatte, warf einen Schatten auf ihre Freude. Er hatte zu viel durchgemacht, war womöglich noch nicht bereit, das, was sie vor Monaten geteilt hatten, fortzuführen, wenn er denn überhaupt daran interessiert war. Die Situation hatte sich zwangsläufig geändert.
    » Wie läuft die Genesung? « , erkundigte sie sich, als sie ihn ins Büro führte und sich bemühte, rein sachlich zu bleiben und sich nicht an das Grauen zu erinnern, das der Anblick des zusammengeschlagenen Mannes an der Schwelle des Todes in ihr ausgelöst hatte.
    » Ich hatte einen sehr guten Chirurgen, und meinem Arm geht es schon besser, als die Ärzte überhaupt zu hoffen gewagt hatten. «
    Er lief auch längst noch nicht so locker wie früher, fiel ihr auf, als sie sich setzten. Bei der Schwere seiner Verletzungen, die schließlich erst zwei Monate zurücklagen, war das allerdings kaum überraschend.
    Aus reiner Gewohnheit hatte sie die Tür offen gelassen, aber auf den Fluren liefen noch Leute herum, und es schien ihr nicht der rechte Moment, die Tür zu schließen und… nun ja, intim mit ihm zu werden.
    » Liam und Jeanie und Megan– geht es ihnen gut? « , fragte er betont neutral und sah ebenfalls zur Tür. » Den Bundespolizisten konnte ich nur das Allernötigste entlocken. «
    In dieser Hinsicht zumindest konnte sie ihn beruhigen, und vielleicht war es sogar besser, ihn erst einmal auf den neuesten Stand zu bringen, bevor es ans Eingemachte ging, auch wenn es ihr schwer zu schaffen machte, dass sie ihn nicht berühren konnte. » Alle sind wohlauf. Jeanie ist fürs Erste bei Delphi untergekommen. Deb geht es gut. Liam ist wieder ganz auf dem Damm, genau wie Megan. « Sie zögerte, konnte nicht recht abschätzen, wie er das Kommende aufnähme. » Jedes Mal, wenn ich sie sehe, fragt sie, ob ich etwas von dir gehört hätte. «
    Er wandte den Blick ab, schluckte, sagte aber nichts. Sie drängte ihn nicht.
    » Na denn, die Bundespolizei geht also offensichtlich davon aus, dass keine Gefahr mehr für dich besteht? «
    » Die haben mehr als genug belastendes Material. Da bin ich als Zeuge verzichtbar. Also hab ich ihnen mitgeteilt, dass ich gehe. « Er rieb sich die linke Hand. » In der Zeitung stand, dass es hier etliche Verhaftungen gab. «
    » Ja. Wir hatten ein ganzes Team im Einsatz. Sean Barrett hat uns über das Russo’sche Vertriebsnetz hier so viel erzählt, dass wir Razzien auf einem weiteren Grundstück und in der Geschäftsniederlassung durchführen konnten. Dabei wurden unter anderem auch Brian und Kevin Flanagan wegen Drogenhandels, Geldwäsche und Erpressung festgenommen. Die Flanagan Agricultural Company wird bis zum Abschluss des Falles treuhänderisch verwaltet. «
    » Und Dan? «
    Sie hatte gewusst, dass er das fragen würde. » Offiziell hat er sich schon vor zwei Jahren aus der Geschäftsführung zurückgezogen und behauptet, er wisse nichts von irgendwelchen Straftaten. Noch haben wir für eine Anklageerhebung nicht genug gegen ihn in der Hand. Aber seine Macht ist dahin, Gil, vor allem, da seine Söhne hinter Gittern sind. Er hat sein Haus in Birraga zum Verkauf annonciert– es ist nicht Teil des Firmenbesitzes– und wohnt jetzt an der Goldküste, wo die Bundespolizei ein Auge auf ihn hat. «
    Gil stand