Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)

auf und trat ans Fenster. » Denkst du…« Er hielt inne und fuhr erst nach einer geraumen Weile fort: » Sean, die Flanagan-Brüder– ich kann mir vorstellen, dass die nicht gerade gut auf mich zu sprechen sind, und sie haben garantiert noch Verbindungen nach draußen. Durch meine Schuld sind zu viele Menschen zu Schaden gekommen, Blue. Ich will nicht, dass das noch einmal passiert. «
    Sie wollte seine Angst nicht einfach abtun. Sie erklärte seine Zurückhaltung, weshalb er nicht auf sie zukam trotz der Zeichen, die sie ausgesandt hatte. Er war durch die Hölle gegangen, hätte um ein Haar die Menschen verloren, an denen ihm lag; kein Wunder, dass er sich zurückhielt.
    » Gil, ich kann dir nicht versprechen, dass nichts passieren wird. Aber ich kann dir guten Gewissens sagen, dass das Risiko gering ist. Sean hat sich im Eröffnungsverfahren schuldig bekannt. Ich glaube, dass er ernsthaft Reue zeigt. Und was die Flanagans angeht– deren Einfluss ist erledigt. Als ihre Machenschaften öffentlich wurden, hat sich schlagartig einiges geändert– hier in Birraga wie auch in Dungirri. Plötzlich wurde uns eine Fülle neuer Informationen zugetragen. Nicht alles davon können wir verwenden, aber viel wichtiger ist, dass die Leute zusammenhalten und sich gegen sie stellen. «
    » Das heißt, wenn ich ein Weilchen hierbliebe, bräuchte ich keine Angst zu haben, dass Jim Barrett mir in einer dunklen Seitengasse auflauert? «
    Wenn ich ein Weilchen hierbliebe … Für einen Moment setzte ihr Herzschlag aus. Diese Worte klangen verdammt gut in ihren Ohren.
    » Wenn Jim dir auflauert, dann höchstens, um sich bei dir zu entschuldigen « , versicherte sie ihm leise. » Er und Paul sind am Boden zerstört darüber, was Sean getan hat. Ich gehe davon aus, dass ihr Ekel und ihre Enttäuschung beträchtlich zu Seans Reue beigetragen haben. «
    Gil lehnte sich an den Fensterrahmen, die Hände in den Hosentaschen, die dunklen Augen ehrlich und offen. » Ich weiß nicht, ob ich schon bereit bin, ihm zu vergeben, Blue. «
    Wieder sah sie ihn von Rettungssanitätern umringt vor sich und entsann sich der Angst, die sie fast erstickt hatte, als man um sein Leben rang. » Ich glaube, dazu bin auch ich noch nicht bereit « , gestand sie und sah ihm fest in die Augen. » Ich verstehe also, dass du es nicht kannst. Da wir aber beide nicht zu wilden Rachegelüsten neigen, braucht Sean keine Angst vor uns zu haben, und wir können uns um uns kümmern. «
    Sie sah auf die Uhr. » Wo wir gerade davon reden, es ist halb sieben, und ich habe die nächsten vier Tage dienstfrei. Wenn du magst, nehme ich dich mit nach Dungirri. « Sie grinste und ließ es zu, dass ihre Miene die ganze Tragweite der Einladung ausdrückte.
    Zur Erwiderung verzog er den Mund zu einem breiten Lächeln. » Mit dem allergrößten Vergnügen. «
    Sie behielt den fröhlich-neckenden Ton bei, auch wenn ihr Herz raste und sie sich aller Fröhlichkeit zum Trotz mit einer Spur Verzweiflung fragte, wo wohl das nächstgelegene ungestörte Plätzchen wäre.
    » Freut mich. Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig, um im Pub zu Abend zu essen, da arbeitet aushilfsweise eine wirklich gute Köchin, der vorübergehend der Geschäftspartner abhandengekommen ist. Und sie kocht eindeutig besser als ich. «
    Seine Augen tanzten. » Wieso überrascht mich das nicht? «
    Sie schaltete den Computer aus und schnappte sich die Schlüssel. » Meinst du die Köchin oder meine Kochkünste? Obwohl « , fügte sie hinzu, » sag jetzt lieber nichts. «
    » Könnte es sein, dass es dort aushilfsweise auch einen neuen Barkeeper gibt? « , erkundigte er sich.
    » Ja. Sie hatten beide gerade keinen Job, und Nancy Butler hat ihnen die Stelle angeboten. Und sie machen das großartig. «
    Sie erzählte ihm nichts von den Gedanken, die Liam und die Ortsgemeinschaft sich zu einer Geschäftsübernahme machten. Gil bliebe noch genug Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, zu überlegen, was tragfähig wäre, und zu entscheiden, ob er willens war, in Dungirri zu investieren– sei es finanziell oder emotional.
    Heute Abend im Pub würde er feststellen, wie sehr die Einstellung der Menschen im Ort ihm gegenüber bereits im Wandel begriffen war. Vielleicht half das ja, ihn zu überzeugen.
    » Megan wird sich freuen, dich zu sehen « , sagte sie. » Sie ist ganz wild darauf, ihren Vater endlich richtig kennenzulernen. «
    » Ich weiß nicht, ob ich mich je an diese Vorstellung gewöhnen werde. Sie macht mir