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Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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the kitchen!«
    Ich wurde so hardcoremäßig zusammengeschlagen, dass mich meine Freundin Selina sofort ins Krankenhaus brachte. Mein Jochbein war geprellt, die Haut um das linke Auge war aufgeplatzt und die Nase angebrochen. Mein ganzes Gesicht war grün und blau. Ich sah aus wie ein verdammter Regenbogen. Als der Arzt mit mir fertig war, kam Selinas Mutter vorbei, um uns abzuholen. Auch das noch! Sie kannte natürlich den Grund, weshalb ich verprügelt worden war. Es war ja nicht das erste Mal. Was für eine Hurensohn-Situation: Erst wirst du beim Dealen abgezogen, bekommst übelst auf die Fresse, musst ins Krankenhaus, wirst von der Mutter deiner Freundin abgeholt und kannst dir dann auch noch anhören, was für ein Scheiß-versager du bist. Korrekt!
    Als meine Mutter mich später sah, war sie natürlich nicht begeistert, aber sie versuchte immerhin, mir keine Vorwürfe zu machen. Sie hatte einfach nur Angst um ihren Sohn, aber so war das Leben in Berlin nun mal. Jeder meiner Freunde bekam schon mal eine auf die Fresse und ist blutüberströmt nach Hause gekommen. Das war keine große Sache bei uns im Viertel.

Gangster in Mamas Wohnung
    Als mein Kumpel Vader Geburtstag hatte, organisierte er in seiner Wohnung eine kleine Party. Ich wollte nicht lange bleiben, nur kurz vorbeischauen, um zu gratulieren. Aus welchen Gründen auch immer hatte ich an jenem Tag ein seltsames Gefühl im Bauch und sagte zu Selina, dass es nicht lange dauern würde. Gemeinsam verließen wir die Wohnung meiner Mutter. Ich fuhr zu Vader, sie zu sich nach Hause. Später wollten wir uns wieder bei mir treffen. Ich ging auf die Party, chillte mit den Jungs und rauchte ein bisschen was, als mich nach einer Stunde meine Mutter anrief und wie verrückt ins Telefon heulte: »Komm nach Hause! Komm nach Hause! Es ist etwas Schlimmes passiert!«
    Ach du Scheiße, dachte ich, und machte mich im Eiltempo auf den Heimweg. Ich hatte meine Mutter am Telefon noch nie so aufgelöst erlebt. Als ich in die Wohnung kam, traf mich der Schlag. Das Wohnzimmer sah aus, als hätte ein Blitz eingeschlagen. Alles war verwüstet. In den anderen Zimmern sah es nicht besser aus. Meine Mutter und mein kleiner Bruder saßen schweigend in der Küche. Sie waren kreidebleich.
    »Was ist denn hier passiert?«, fragte ich.
    Sofort fingen beide an zu weinen. Ich nahm sie schnell in den Arm und versuchte, sie zu beruhigen. Als meine Mutter sich wieder etwas gefangen hatte, fing sie an zu erzählen. Kurz nachdem ich auf die Party gegangen war, hatten drei maskierte Männer unsere Wohnung gestürmt, meinen Bruder in seinem Zimmer eingesperrt, meine Mutter auf den Boden gelegt und gefesselt. Dann hatten sie ihr eine Knarre an die Schläfe gehalten. Sie wollten wissen, wo das Geld und die Drogen versteckt waren. Als sie ihnen gesagt hatte, sie hätte keine Ahnung, waren die Typen durchgedreht und hatten sich selbst auf die Suche gemacht. Als sie nicht fündig wurden – ich hatte ja alles im Heizungskeller gebunkert –, hatten sie aus Ärger und Verzweiflung die komplette Wohnung verwüstet. Diese Hurensöhne!
    Als ich meine Mutter sah, wie sie zitternd, heulend und mit den Nerven völlig am Ende auf dem Küchenstuhl saß, schwor ich mir, mit der Dealerei aufzuhören. Wenn ich auf die Fresse bekam, okay, kein Problem, damit konnte ich leben, aber wenn meine Familie plötzlich mit in die Sache hineingezogen wurde, ging es eindeutig einen Schritt zu weit. Das war es nicht wert. Bis heute habe ich nicht herausgefunden, wer diese Wichser eigentlich waren. Vielleicht Kunden, denen ich mal etwas verkauft hatte, oder irgendwelche rivalisierenden Dealer. Keine Ahnung.
    Noch am gleichen Abend beschloss ich, mein Leben zu ändern. Ich wollte das Kapitel Drogen für immer schließen. Es gab nur ein Problem: Ich hatte noch eine große Lieferung offen, die nicht mehr rückgängig zu machen war. Noch ein letztes Mal, schwor ich mir, dann sollte endgültig Schluss sein. Das Schicksal nahm seinen Lauf.

Mein letzter Deal
    Wie vereinbart traf ich mich mit dem Dealer, um meine Lieferung in Empfang zu nehmen. Wir machten das nicht bei ihm zu Hause, sondern draußen auf der Straße. Immer an einem anderen Ort. Diesmal hatten wir uns einen dieser vielen kleinen Parks in Mitte ausgesucht. Die Übergabe klappte problemlos und ich machte mich wieder auf den Heimweg in die Oranienburger Straße. Ich traf Vader und wir chillten an der Bushaltestelle gegenüber der jüdischen Synagoge – wo sich heute der

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