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Byrne & Balzano 3: Lunatic

Titel: Byrne & Balzano 3: Lunatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Monitor zum Display schweifen. »Ja«, sagte er dann und zeigte auf einen kleinen Schönheitsfleck rechts über der Oberlippe der Frau. »Das ist sie.«
    Jessica las den Bericht durch. Der Name der Frau war Kristina Jakos.

8.
    N atalya Jakos war eine große, sportliche Frau Anfang dreißig. Sie hatte taubengraue Augen, glatte Haut, schmale Hände und einen Pagenkopf. Ihr dunkles Haar war von silbernen Strähnen durchzogen. Sie trug einen Jogginganzug in hellem Orange und neue Nike-Laufschuhe. Sie war gerade vom Joggen zurück.
    Natalya wohnte in einer älteren, gepflegten Doppelhaushälfte in der Bustleton Avenue im Nordosten der Stadt. Sie war acht Jahre älter als ihre Schwester Kristina. Beide waren in Odessa geboren, an der ukrainischen Schwarzmeerküste. Als Jugendliche waren sie in die Vereinigten Staaten gekommen.
    Natalya hatte ihre Schwester als vermisst gemeldet.
    Nun führte sie die Detectives ins Wohnzimmer. Auf dem Kaminsims standen zahlreiche kleine gerahmte Schwarzweißfotos, größtenteils ein wenig unscharf – Schnappschüsse der Familie: im Schnee, an einem tristen Strand, gemeinsam an einem Esstisch. Auf einem Foto war ein hübsches blondes Mädchen in schwarz-weiß karierten Shorts mit dazu passendem Top und weißen Sandalen zu sehen. Das Mädchen musste Kristina Jakos sein.
    Byrne zeigte Natalya eine Nahaufnahme vom Gesicht des Opfers. Der Gürtel war nicht zu sehen. Natalya identifizierte die Tote als ihre Schwester, ohne in irgendeiner Weise die Fassung zu verlieren.
    »Wir möchten Ihnen noch einmal unser Mitgefühl aussprechen«, sagte Byrne.
    »Sie wurde umgebracht?«
    »Ja.«
    Natalya nickte, als hätte sie mit dieser Nachricht gerechnet. Jessica konnte den Mangel an Emotionen bei dieser Frau kaum fassen. Sie hatten Natalya am Telefon nur die nötigsten Informationen zukommen lassen. Von der Verstümmelung hatten sie nichts gesagt.
    »Wann haben Sie Ihre Schwester zum letzten Mal gesehen?«, fragte Byrne.
    Natalya dachte kurz nach. »Das ist vier Tage her.«
    »Und wo?«
    »Da, wo Sie jetzt stehen. Wir haben uns gestritten. Wie so oft.«
    »Darf ich fragen, worum es ging?«
    Natalya zuckte mit den Schultern. »Geld. Ich hatte ihr fünfhundert Dollar als Zuschuss für die Kaution geliehen, die sie bei den Elektrizitätswerken für ihre neue Wohnung hinterlegen musste. Ich glaube, sie hat sich dafür Klamotten gekauft. Sie hat sich ständig neue Sachen angeschafft. Das hat mich wahnsinnig gemacht. Und es führte immer wieder zu Streit.«
    »Sie wollte hier ausziehen?«
    Natalya nickte. »Wir sind nicht miteinander klargekommen. Deshalb ist sie vor ein paar Wochen ausgezogen.« Natalya zog ein Kleenex aus einer Box auf dem Beistelltisch. Die Frau war doch nicht so kalt, wie sie die Detectives glauben machen wollte. Noch weinte Natalya nicht, doch sie würde die Tränen nicht mehr lange zurückhalten können.
    Jessica hakte noch einmal nach, um sich ein genaueres Bild des zeitlichen Ablaufs zu machen. »Sie haben Kristina vor vier Tagen gesehen?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Es war spät. Sie war hier, um ein paar Dinge abzuholen, und hat gesagt, sie wollte in den Waschsalon.«
    »Wie spät war es?«
    »Zehn oder halb elf. Vielleicht später.«
    »Wo war der Waschsalon?«
    »Das weiß ich nicht. In der Nähe ihrer neuen Wohnung.«
    »Waren Sie schon mal in ihrer neuen Wohnung?«, fragte Byrne.
    »Nein«, sagte Natalya. »Sie hat mich nie eingeladen.«
    »Hatte Kristina ein Auto?«
    »Nein. Meistens fuhr sie mit ihrer Freundin oder hat den Bus genommen.«
    »Wie heißt Kristinas Freundin?«
    »Sonja.«
    »Kennen Sie auch den Nachnamen?«
    Natalya schüttelte den Kopf.
    »Und an dem Abend haben Sie Kristina nicht mehr gesehen?«
    »Nein. Ich bin schlafen gegangen. Es war schon spät.«
    »Können Sie sich noch an irgendetwas anderes erinnern, was Ihre Schwester an dem Tag gemacht hat? Wo sie noch gewesen sein könnte? Wen sie vielleicht getroffen hat?«
    »Tut mir leid. Über so etwas hat sie nicht mit mir gesprochen.«
    »Hat Kristina Sie am nächsten Tag angerufen? Hat sie eine Nachricht auf Ihrem Anrufbeantworter oder Ihrer Mailbox hinterlassen?«
    »Nein«, sagte Natalya. »Aber wir waren für den nächsten Nachmittag verabredet. Als sie nicht kam, habe ich die Polizei verständigt. Die haben mir dann gesagt, sie könnten nicht viel tun, aber sie würden die Vermisstenmeldung in die Datenbank eingeben. Meine Schwester und ich kamen zwar nicht gut miteinander aus, aber sie war immer pünktlich.

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