Byrne & Balzano 3: Lunatic
und glänzenden Dienstmarken. Die Temperatur betrug minus zehn Grad. Es war niemandem entgangen, dass die Polizei die Reporter absichtlich in der Kälte stehen ließ. Sie hätten die Pressekonferenz auch in der Eingangshalle des Roundhouse abhalten können, doch wenn sie Glück hatten, würde es bei der Kälte nicht so lange dauern.
»Wir sind überzeugt, dass Detective Byrne sich in der tragischen Nacht genau an die Vorschriften gehalten hat«, sagte Andrea Churchill.
»Und wie lauten die Vorschriften in einer solchen Situation?« Der Reporter von den Daily News .
»Es gibt bestimmte Verhaltensregeln. Der Officer muss in erster Linie auf das Leben der Geisel Rücksicht nehmen.«
»War Detective Byrne im Dienst?«
»Nein, er hatte zu dem Zeitpunkt frei.«
»Wird es ein Disziplinarverfahren gegen Detective Byrne geben?«
»Wie Sie wissen, trifft der Bezirksstaatsanwalt diese Entscheidung. Doch wir wurden heute informiert, dass es keine Anklage geben wird.«
Byrne wusste genau, was ihn erwartete. Die Medien hatten bereits mit der öffentlichen Rehabilitation von Anton Krotz begonnen und über die schreckliche Kindheit des Killers und seine Misshandlung durch das »System« berichtet.
Es war auch ein Artikel über Laura Clarke erschienen. Byrne bezweifelte nicht, dass sie eine nette Frau gewesen war, doch der Artikel hatte sie zur Heiligen verklärt. Sie hatte in einem Hospiz gearbeitet, bei der Rettung von Windhunden geholfen, die von ihren Besitzern ausgemustert worden waren, und ein Jahr im Friedenskorps gedient.
»Stimmt es, dass Mr. Krotz einmal in Polizeigewahrsam war und dann wieder frei gelassen wurde?«, fragte ein Reporter des CityPaper .
»Mr. Krotz wurde vor zwei Jahren im Zusammenhang mit einem Mordfall von der Polizei verhört, musste wegen Mangels an Beweisen aber wieder auf freien Fuß gesetzt werden.« Andrea Churchill schaute auf die Uhr. »Okay, wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt ...«
»Sie hätte nicht zu sterben brauchen.« Die Worte kamen aus den hinteren Rängen der Menge. Es war eine klägliche Stimme, heiser vor Erschöpfung.
Aller Köpfe drehten sich um. Die Kameras folgten. Matthew Clarke stand hinter der Menge. Sein Haar war ungekämmt, und er hatte sich ein paar Tage nicht rasiert. Er trug keinen Mantel, keine Handschuhe, nur einen Anzug, der aussah, als hätte er darin geschlafen. Clarke sah zum Erbarmen aus.
»Dieser Mann da führt sein Leben weiter, als wäre nichts passiert.« Clarke zeigte mit dem Finger auf Kevin Byrne. »Und was habe ich? Was haben meine Kinder? «
Das war Wasser auf die Mühlen der sensationsgeilen Presse.
Ein Reporter vom Report , ein wöchentlich erscheinendes Boulevardblatt, das Byrne in der Vergangenheit schon häufig übel mitgespielt hatte, rief: »Detective Byrne, was für ein Gefühl ist es für Sie, dass vor Ihren Augen eine Frau ermordet wurde?«
Byrne spürte, dass sein irisches Blut in Wallung geriet. Er ballte die Hände zu Fäusten. »Was für ein Gefühl das für mich ist, wollen Sie wissen?«, fragte Byrne und spannte die Muskeln.
Ike Buchanan legte ihm die Hand auf den Arm. Byrne hätte dem Reporter gerne ausführlicher geantwortet, doch Ike verstärkte den Druck. Byrne wusste, was das bedeutete: cool bleiben.
Als Clarke auf Byrne zusteuerte, packten ihn zwei uniformierte Beamte und zerrten ihn vom Gebäude weg. Blitzlichter flackerten.
»Sagen Sie es uns, Detective! Wie fühlen Sie sich?«, brüllte Clarke.
Clarke war betrunken. Jeder sah es, doch wer konnte es ihm verübeln? Seine Frau war wenige Tage zuvor einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Die Polizisten brachten Clarke zur Ecke der Achten und Race und ließen ihn laufen. In der Hoffnung, seine Würde nicht vollends zu verlieren, strich Clarke sich übers Haar und seinen Anzug. Die Polizisten, zwei kräftige Männer Mitte zwanzig, versperrten ihm den Rückweg.
Sekunden später verschwand Clarke um die Ecke. Das Letzte, was alle hörten, war sein wilder, hasserfüllter Ausruf: »Es ist noch nicht vorbei!«
Einen kurzen Augenblick legte sich lähmende Stille auf die Versammlung; dann wandten alle Reporter und sämtliche Kameras sich Byrne zu. Inmitten des Blitzlichtgewitters bombardierten die Reporter ihn mit Fragen.
»Hätten Sie das nicht verhindern können?«
»Möchten Sie den Töchtern des Opfers etwas sagen?«
»Wie würden Sie sich verhalten, wenn Sie noch einmal in dieser Situation wären?«
Von einer Mauer blauer Uniformen abgeschirmt, kehrte Byrne
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