BZRK Reloaded (German Edition)
nackt.
»Unschöne Nachrichten«, sagte Burnofsky.
»Na, spuck schon aus, es ist mitten in der Nacht«, herrschte Charles ihn an.
Burnofsky tippte einige Sekunden etwas in seinen Tablet-PC, worauf der Touchscreen, der in den gigantischen Schreibtisch der Zwillinge integriert war, aufleuchtete.
Es war das Video, das Bug Man aufgezeichnet hatte. Wie alle Nanobot-Videos kam es nicht an die hohen Standards einer Hollywoodproduktion heran. Einen Moment lang war das Bild in körnige, unstete Graustufen getaucht, im nächsten erschien es in unnatürlichen, vom Computer aufgehellten Farben. Dieser Film war besonders schlimm, da er direkt aus dem Sehnerv der Präsidentin abgezapft worden war und sozusagen das optische Rohmaterial enthielt, Striche und Kegel, die nicht bereits vom Sehzentrum interpretiert worden waren.
Das Video hatte keinen Sound, es bestand lediglich aus einer Serie ruckelnder Bilder – ein Fenster, eine Wand, Monte Morales, ein zerwühltes Bett, der Boden, dann wieder Monte Morales, der Knauf einer Duschtür, eine Schulter, ein Auge, ein Wasserschwall und dann …
»Grundgütiger!« Das war Jindal. »Hat sie … Ist das …«
Es war faszinierend, die Reaktion der Zwillinge zu beobachten. Charles starrte angestrengt – auf den Bildschirm, auf Burnofsky, wieder auf den Bildschirm. Seine Lippen waren dünn und gerade, zusammengekniffen, und sie zuckten mit wachsender Wut.
Benjamin schien beinahe zerstreut zu sein. Er sah nach links und rechts. Sein Mund – nun, es war nicht leicht, seinen Gesichtsausdruck einzuschätzen. Denn sein Gesicht war mit einer Glasflasche entstellt worden. Ein Zahn fehlte ihm ganz, von einem anderen war ein Stück abgesprungen. Benjamins Auge war eine geballte Purpurfaust, deren Pupille man kaum wahrnahm. Er wirkte wie jemand, der eine Kneipenschlägerei verloren hatte.
Das grausame Auge, das aus der rohen Leber, die Benjamins Augenhöhle darstellte, herausblickte, schien weniger interessiert zu sein, als es hätte sein sollen.
Das dritte Auge, dasjenige zwischen den beiden normalen, schien Charles recht zu geben, dass es sich um etwas Wichtiges handelte. Sein seelenloser Blick war starr auf das Video gerichtet.
Die Aufzeichnung war zu Ende.
»Das wird vertuscht«, sagte Charles. Er zupfte am Kragen seines Bademantels, zerrte kräftig daran und zog den Gürtel enger. »Bug Man muss auf der Stelle ersetzt werden. Und bestraft. Streng bestraft. Das ist diese Frau, die er bei sich hat. Die lenkt ihn ab. Nehmt sie ihm ab, werdet sie los. Bringt sie vor seinen Augen um! Dann wird sich Bug Man wieder zusammenreißen. Eine Tracht Prügel, ja, eine empfindliche Lektion, ja, das ist es, Prügel! Und tötet diese Frau.«
»Da widerspreche ich«, sagte Burnofsky so frei heraus, wie es ihm möglich war.
Oh, Bug Man war ihm etwas schuldig. Hätte er nur ein Video davon gehabt, wie Charles Bug Mans Erniedrigung und Jessicas Ermordung anordnete. Anthony Elder, dieser arrogante schwarze britische Pinkel, der sich selbst Bug Man nannte, würde Burnofsky dafür in den Arsch kriechen.
Bug Man wäre in Burnofskys Hand.
»Bug Man ist mir egal«, knurrte Benjamin. »Es war nicht Bug Man. Es war sie. Sie!«
Erst nahm Burnofsky an, er würde über Bug Mans Mädchen sprechen, Jessica. Aber jetzt … natürlich nicht.
»Ich will, dass man ihr wehtut.« Benjamin berührte seinen verletzten Mund. Dann ballte er die Fäuste. »Dass man ihr etwas Bleibendes antut, etwas, worüber sie nie hinwegkommen kann, etwas, was aus ihrem restlichen Leben einen einzigen Horrortrip macht. Nicht der Tod, nein, sie soll uns immer noch die Geheimnisse ihres Vaters preisgeben. Aber Schmerzen, krasse Schmerzen und Verzweiflung, ja.«
Nicht die kleine, dumme und absurd gut aussehende Jessica. Oh nein, Benjamin dachte an Sadie McLure.
Burnofsky musste sich ein höhnisches Grinsen verkneifen. Benjamin verlor den Verstand. Die Geschichte mit Sadie McLure hatte ihn austicken lassen. Schon immer war er der launischere der beiden Zwillinge gewesen, doch jetzt? Er war noch immer »verdrahtet« – das war Teil des Problems. Burnofsky hatte sich freiwillig angeboten, hineinzugehen und die Haken und Drähte herauszuziehen, sie zu entfernen, bevor sie zu einem festen Bestandteil von Benjamins Hirn würden. Damit würde er, so gut es irgendeiner konnte, den Schaden beheben, den Sadie McLures Bioten angerichtet hatten. Allerdings konnte Benjamin die Vorstellung nicht ertragen, dass jemand anders in sein Hirn
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