BZRK Reloaded (German Edition)
mit den Schultern. »Ich gehöre zu der Sorte Jungs, die das tun.«
»Dadurch wird es nur noch viel schlimmer«, flüsterte sie. »Hast du denn keine Angst vor dem Schmerz?«
»Doch«, sagte er.
»Dann dürfen wir es einfach nicht tun. Wir können auch miteinander schlafen, ohne uns zu verlieben, Keats. Wir können … Wir können zusammen kämpfen. Seite an Seite. Wir können doch Freunde sein. Wir können alles Mögliche tun, aber wir brauchen deshalb nicht ineinander verliebt zu sein.«
Er erwiderte nichts, da er schon halb woanders war und pflichtbewusst Titanfasern schleppte, während rote Blutkörperchen um ihn herumschwirrten.
»Du brauchst mich hierfür gar nicht«, sagte sie mit vor Wut kalter Stimme. Sie war tatsächlich wütend auf ihn, weil er sich darauf konzentrierte, ihr Leben zu retten, sie war wütend, dachte sie, weil er in der Lage war, sich zu beherrschen. Vielleicht war sie aber auch einfach nur sauer auf das Leben im Allgemeinen.
»Ich geh duschen«, sagte sie.
»Ja«, sagte er tonlos.
Es kostete ihn beinahe zwei Stunden, um den Blutstrom zu stoppen. Anschließend war er noch zwanzig Minuten damit beschäftigt, sein Werk zu überprüfen.
In voller Montur schlief er ein, und obwohl er gern von ihr geträumt hätte, wurde er vor Erschöpfung bewusstlos.
»Unschöne Nachrichten«, sagte Burnofsky.
Burnofsky ließ den Zwillingen die Neuigkeit unvermittelt zukommen, mitten in der Nacht. Sie ihnen zu verschweigen, kam überhaupt nicht infrage. Er konnte allenfalls hoffen, Bug Mans Leben und seine eigenen Pläne zu retten. Die vor allem – seine eigenen Pläne.
Um dies zu erreichen, wollte er die Zwillinge zu einer Siegestour überreden. Er hoffte, dass sie ihre Einrichtungen im Ausland besuchen oder sogar Urlaub auf ihrem schwimmenden Gruselkabinett, dem Puppenschiff, machen würden.
Bug Man hatte ihn in Zugzwang und seinen Zeitplan durcheinandergebracht. In wenigen Stunden, spätestens am nächsten Morgen, würde die Nachricht vom Tod des First Gentleman bekannt sein. Die Öffentlichkeit würde darin einen tragischen Unfall erblicken – doch die Zwillinge würden es besser wissen.
Wenn er die Sache im Griff behalten wollte, musste er, Burnofsky, die Zwillinge unter seine Kontrolle bringen. Nicht einfach. Es wäre auch so nicht einfach gewesen, doch jetzt war es noch schwieriger. Mit Charles konnte man immerhin noch argumentieren. Aber Benjamin …
Burnofsky nahm den Aufzug zur Tulpe hinauf. Die Tulpe bildete die Spitze des Armstrong-Gebäudes und erstreckte sich vom dreiundsechzigsten bis zum siebenundsechzigsten Stockwerk. Hier befand sich das Hauptquartier der Armstrong Fancy Gifts Corporation. Es war das Heim und Büro der Armstrong-Zwillinge, dessen Wände aus rosafarbenem Polymer und Nanokomposit bestanden und von innen durchsichtig waren.
Noch immer stellte AFGC in China, Malaysia und der Türkei ausgefallene Geschenkartikel her. Noch immer gehörten der Gesellschaft die allgegenwärtigen Geschenkartikelläden, die man in jedem amerikanischen Flughafen und den Bahnhöfen europäischer und japanischer Städte sah. Allerdings waren Geschenkartikel schon lang nicht mehr ihr Hauptgeschäft.
Waffentechnik, Überwachung, Kommunikation und vor allen Dingen Nanotechnologie beschäftigten heutzutage die Bewohner der Tulpe und die meisten Leute in den zweiundsechzig Stockwerken darunter. Die Geschenkartikelläden wurden von einem Bürokomplex aus geführt, der sich in Naperville, Illinois, befand. In der Tulpe hatte man Wichtigeres zu tun.
Burnofsky hatte Jindal angerufen, damit dieser die Zwillinge weckte und von seinem Kommen benachrichtigte. Jetzt empfing ihn Jindal vor dem Privataufzug auf der zweiundsechzigsten Etage.
»Was ist los?«, fragte Jindal und unterdrückte ein Gähnen. Trotz seiner Schläfrigkeit war er sehr besorgt.
»Ich erzähle die Geschichte lieber nur einmal«, sagte Burnofsky und drängte sich an Jindal vorbei in den Aufzug. Die Fahrt war kurz.
»Was zum Henker?«, fragte Benjamin, kaum dass Burnofsky hereintrat.
Die Armstrong-Zwillinge trugen Morgenmäntel aus dunkelroter Seide, die ihnen selbstverständlich auf den Leib maßgeschneidert waren: Nordstrom und Bloomingdale’s führten keine Kleidung, die ihnen gepasst hätte.
Ihre Beine, drei an der Zahl, waren nackt. An den Füßen dagegen – jedenfalls an den beiden, die brauchbar waren – trugen sie pelzbesetzte Pantoffeln. Der verkrüppelte und nur drei Viertel so große, dritte Fuß blieb
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