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C14-Crash

C14-Crash

Titel: C14-Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blöss / Niemitz
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Herkunft und Erziehung
    auf die C14-Methode vorbereitet. Mein Vater war Anwalt von Beruf und zu-
    gleich ein ernsthaft tätiger Amateur-Archäologe, der auch als amerikanischer
    Sekretär der englischen Gesellschaft für Ägyptische Ausgrabungen (Egypt
    Exploration Society) tätig gewesen war. Das trug dazu bei, daß ich die Be-
    deutung von Datierungen sehr schnell begriff und an dieser Stelle setzte auch
    mein Beitrag im Anfangsstadium der ganzen Geschichte an. Ich besuchte
    Weihnachten 1946 mein Elternhaus und steckte meinen Vater offenbar er-
    folgreich mit meiner Aufregung an. Als ich im Januar 1947 dann nach Chica-
    go zurückgekehrt war, hatte Libby bereits ein Paket von einem Freund meines
    Vaters, Ambrose Lansing, erhalten, mit zehn Proben aus verschiedenen Epo-
    chen der ägyptischen Geschichte, alle historisch wohldatiert. Lansing bot dies
    als Möglichkeit an, die neue Methode zu überprüfen – allerdings ein wenig zu
    früh. Ich war peinlich berührt, als mir Libby dieses Paket und den dazugehö-
    rigen Brief zeigte und entschuldigte mich für meine Voreiligkeit. Ich erklärte
    mich sogleich bereit, Lansing über den wahren Stand der Dinge aufzuklären
    und das Paket zurückzuschicken. Bezeichnenderweise erwiderte Libby nichts
    6. Die Entdeckung und Entwicklung der C14-Methode
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    darauf. Er nahm Paket und Brief wieder an sich und plazierte sie in dem Re-
    gal über seinem Schreibtisch. Plötzlich wurde mir klar, daß er es tatsächlich
    ernst meinte. Dieser Moment bedeutete für mich die Geburt des Datierungs-
    projektes« [Arnold 1992, 4f.].
    Ende 1947, Arnold war bereits nach Harvard zu anderen Forschungsarbei-
    ten abgereist, erklärte sich endlich der Viking Fond für Anthropologische
    Forschung bereit, die weiteren Entwicklungsarbeiten an der Methode mitzufi-
    nanzieren. Mit diesem Geld konnte Arnold zurückgeholt werden. Während
    Arnold sich auf die weitere Verfeinerung der Probenaufarbeitung konzentrier-
    te, widmete Anderson sich der Frage, ob der radioaktive Kohlenstoff tatsäch-
    lich weltweit homogen verbreitet war (siehe vorangegangenes Kapitel). Im
    Laufe des Jahres 1948 war es dann soweit: Die ersten Proben bekannten Al-
    ters konnten untersucht werden.
    Im Januar 1948 hielt Libby den ersten öffentlichen Vortrag über die Da-
    tierungsmethode vor ausgewählten Wissenschaftlern, großenteils Anthropo-
    logen und Archäologen. Die Veranstaltung war vom Viking Fond ausgerich-
    tet worden. Das Hauptmotiv für die Durchführung dieser Veranstaltung war
    Libbys Bedarf an Proben bekannten Alters. Libby mußte allerdings die Erfah-
    rung machen, daß sich die angesprochenen Altertumswissenschaftler vorneh-
    me Zurückhaltung auferlegten, vielleicht, weil sie zu hören bekamen, daß gro-
    ße Mengen an kohlenstoffhaltiger Substanz benötigt wurden und daß die Pro-
    ben im Zuge der notwendigen Aufbereitung vollkommen zerstört werden
    müssten; kein angenehmer Gedanke, wenn es um kunsthandwerkliche Arte-
    fakte oder andere unwiederbringliche Gegenstände geht: »Diese Museums-
    Kettenhunde rückten doch nichts heraus, um es von einer Horde von Physiko-
    Chemikern einfach verbrennen zu lassen, nein wirklich nicht« (Interview mit
    Libby 1979; nach Taylor [1987, 155]). Die meisten Zuhörer schienen sich nicht
    im Klaren darüber zu sein, »ob dies nun ein ernstzunehmender Vorschlag war
    oder aber die Schnapsidee eines versponnenen Physikers, der über die An-
    strengungen seiner Arbeit verrückt geworden ist« [Marlowe 1980, 1011].
    Ein weiterer Augenöffner wurde für ihn bereit gehalten: »Es war ein
    Schock für Dr. Anderson und mich, von unseren historisch beschlagenen Be-
    treuern erfahren zu müssen, daß die geschriebene Geschichte nur 5.000 Jahre
    zurückreichte. Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, daß wir für die
    ganzen in Frage kommenden 30.000 Jahre historisch datierte Proben erhalten
    könnten, deren C14-Daten nur noch aufgetragen zu werden brauchten, damit
    unser Job erledigt war. ... Wir mußten unvermittelt zur Kenntnis nehmen, daß
    solche Daten d.h. solche alten Datierungen gar nicht exakt bekannt waren; tat-
    sächlich waren erst ab der ersten Dynastie Ägyptens zuverlässige Daten be-

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    C14-Crash
    6.8 Die »Curve of Knowns«
    Das Bild zeigt Libbys in SCIENCE veröffentlichte »Curve of Knowns« aus dem Jahr
    1949. In späteren Versionen kamen zahlreiche C14-Alter für Proben bekannten
    Alters hinzu. An dem Fehlen von Proben aus dem »Neuen Reich«, das

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