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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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würde...«
    Er verstummte, stürzte in die Grube seines Scheiterns.
    Boone war nicht so sehr in seinem eigenen Schmerz versunken, daß er nicht sah, wie sehr dieser Mann gelitten hatte. Aber er konnte nichts tun, um dieses Leid zu lindern. Er sah nur den Wolken zu, die oben im Licht 23

    vorüberzogen, und wußte, es lagen nur dunkle Zeiten vor ihnen.
    »Wenn die Polizei Sie vernimmt...« murmelte Decker,
    »werden nicht nur Sie allein sein, Boone. Ich werde auch allein sein. Sie werden Patient eines anderen werden: eines Kriminalpsychologen. Ich werde keinen Zugang mehr zu Ihnen haben. Darum bitte ich... Geben Sie mir noch etwas Zeit. Lassen Sie mich soviel ich kann verstehen, bevor es zwischen und aus ist.«
    Er redete wie ein Liebhaber, dachte Boone am Rande; als wäre es sein Leben, was zwischen uns ist.
    »Ich weiß, daß Sie leiden«, fuhr Decker fort. »Daher habe ich Medizin für Sie. Tabletten, die das Schlimmste im Zaum halten. Nur bis wir fertig sind...«
    »Ich traue mir selbst nicht«, sagte Boone. »Ich könnte jemandem weh tun.«
    »Das werden Sie nicht«, antwortete Decker mit ersehn-ter Gewißheit. »Die Drogen werden Sie nachts zurückhalten. Die restliche Zeit werden Sie bei mir sein. Bei mir sind Sie sicher.«
    »Wie lange wollen Sie noch?«
    »Höchstens ein paar Tage. Das ist nicht zuviel verlangt, oder? Ich muß wissen, warum wir versagt haben.«
    Der Gedanke, nochmals über diesen blutgetränkten Boden zu schreiten, war erschreckend, aber er mußte eine Schuld begleichen. Mit Deckers Hilfe hatten sich neue Möglichkeiten abgezeichnet; er mußte dem Doktor die Möglichkeit lassen, etwas aus den Ruinen dieser Vision zu bergen.
    »Machen Sie schnell«, sagte er.
    »Danke«, sagte Decker. »Das bedeutet mir sehr viel.«
    »Und ich brauche die Tabletten.«

    24

    2
    Er hatte die Tabletten bekommen. Dafür hatte Decker gesorgt. Tabletten, die so stark waren, daß er nicht einmal sicher war, ob er seinen eigenen Namen noch hätte nennen können, nachdem er sie genommen hatte. Tabletten, die das Schlafen leicht und das Wachsein zu einem Besuch in einem Halbleben machten, aus dem er mit Freuden wieder floh. Tabletten, nach denen er binnen vierundzwanzig Stunden süchtig war.
    Decker stand zu seinem Wort. Wenn er mehr wollte, wurden sie geliefert, und sie machten sich unter ihrem einlullenden Einfluß wieder an die Beweise, während der Doktor immer wieder die Einzelheiten von Boones Verbrechen in der Hoffnung durchging, sie zu begreifen.
    Aber nichts wurde klar. Boones zunehmend passiver Widerstand konnte sich nach diesen Sitzungen nur noch an verschwommene Bilder von Türen erinnern, durch die er geschlüpft war, und von Treppen, die er hinaufgestie -
    gen war, um Morde zu begehen. Von Decker, der sich immer noch bemühte, etwas von Wert aus dem zunehmend verschlossenen Verstand seines Patienten zu retten, bekam er immer weniger mit. Boone kannte nur noch Schlaf und Schuld und die ständig höher bewertete Hoffnung, beide mochten ein Ende haben.
    Nur Lori, oder besser gesagt, Erinnerungen an sie, brachen die Herrschaft der Drogen. Manchmal konnte er mit seinem inneren Ohr ihre Stimme hören, so klar wie eine Glocke, die Worte wiederholte, welche sie während einer beiläufigen Unterhaltung zu ihm gesagt hatte, die er nun aus der Vergangenheit emporzerrte. Diese Phrasen enthielten nichts Wichtiges; wahrscheinlich assoziierte er sie mit einem Blick, den er genossen hatte, oder einer 25

    Berührung. Jetzt konnte er sich weder an Blicke noch an Berührungen erinnern – die Drogen hatten einen Groß-
    teil seiner Fähigkeit der Fantasie entfernt. Er hatte nur noch diese zusammenhanglosen Zeilen, die ihn nicht nur beunruhigten, weil sie von jemandem an seiner Schulter gesprochen worden zu sein schienen, sondern auch, weil sie keinen Zusammenhang hatten, an den er sich erinnern konnte. Am schlimmsten aber, ihr Klang erinnerte ihn an die Frau, die er geliebt hatte und die er nie mehr wiedersehen würde, es sei denn über eine Balustrade im Gerichtssaal hinweg. Eine Frau, der er ein Versprechen gegeben hatte, das er innerhalb von Wochen danach brach. In seinem Elend und mit seinem kaum zusammenhängenden Denken erschien ihm dieses gebrochene Versprechen ebenso monströs wie die Verbrechen auf den Fotos. Es verdammte ihn zur Hölle.
    Oder in den Tod. Besser in den Tod. Er war nicht ganz sicher, wieviel Zeit seit seiner Übereinkunft mit Decker verstrichen war, dieses dumpfe Dahindämmern für einige weitere

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