Cachalot
scharfer Schatten des schimmernden Rumpfs löste sich von seinem mächtigen Heck und fiel wie ein silbernes Blatt zu der atmosphärischen See hinunter, die unmittelbar unter ihr wogte. Obwohl er Bewegungen zeigte, die normalerweise auf Leben deuten, war der Schatten nur ein totes Ding, das dazu diente, Lebende zu befördern, ein Shuttle-Fahrzeug, das aus dem KK-Transporter fiel, neben dem es vergleichsweise wie ein Zwerg wirkte, wie eine Arbeitertermite, die ihre Königin verläßt.
Das pfeilförmige, silberne Gebilde drehte sich leicht. Seinem Heck entwichen weiße Wölkchen, und dann begann das Fahrzeug schneller zu fallen, selbstbewußter, der Welt in der Tiefe entgegen, einer Welt von diamanthartem Blau-Weiß, einer großen azurfarbenen Kugel, die mit einem zarten Wolkengitter überzogen war.
Eine Besatzung von zwölf Passagieren starrte durch die Luken des Shuttle, während das Fahrzeug seine Landekurve flog. Einige starrten die näherkommende Planetenoberfläche erwartungsvoll an, und Vorstellungen von unmittelbar bevorstehendem Reichtum zogen durch ihre Gedanken. Andere waren entspannter. Dies waren die zurückkehrenden Bewohner, die Weltraum und Land satt hatten und die es danach drängte, wieder auf dem Wasser zu leben. Einige wenige betrachteten die größer werdende Kugel ohne Erwartungen, doch auch ohne Habgier. Sie waren überwältigt von der Schönheit des planetenweiten Ozeans und von den Geschichten, die man sich über das Leben erzählte, die er in seinen Tiefen barg.
Ein Passagier starrte wie gebannt mit dem Blick eines erstmals Verliebten hinaus, und jugendliche Begeisterung mischte sich mit der ruhigen Distanziertheit des reifen Wissenschaftlers. Cora Xamantina drückte die Nase gegen die Luke. Eine Luftdüse darunter verhinderte, daß ihr Atem die Luke beschlug.
Das intensive, reflektierte Licht von Cachalots Stern ließ ihre obsidianfarbene Haut hinter dem Glasalum wie poliert erscheinen. Es beschien die hohen Backenknochen, die auf indianische Vorfahren hindeuteten, auf zart gemeißelte Züge, die von jenen vorspringenden Strukturen fast verdeckt wurden. Nur die riesigen schwarzen Augen, Münzen der Nacht, traten in dem herzförmigen Gesicht hervor. Ihr Haar, das in einem einzigen Zopf zusammengebunden war, der ihr bis zur Hüfte reichte, schwang bei jeder Bewegung wie ein Pendel.
Physisch war Cora Xamantina Mitte der Vierzig. Geistig war sie etwas älter. Emotionell war sie alt. Sie war nicht größer als eine durchschnittliche Jugendliche und knabenhaft schlank. Eine überraschend tiefe Stimme, von einer Lebhaftigkeit, die alles andere als matronenhaft war, war das einzige, was verhinderte, daß man sie für ein Kind hielt.
Selbst wenn sie, wie jetzt, ruhig war, schienen ihre Hände und Schultern stets in Bewegung; ihre Körpersprache war elegant und persönlich. Sie entstammte einer Gesellschaft, die gleichzeitig Sklavenhändler und Sklaven umfaßte, deren beider Schicksal sich in der Aufgabe vereinten, den Saft eines gewissen Baumes zu sammeln. Sklavenhändler und Sklaven gehörten beide einer lang vergessenen Geschichte an. Und bedauerlicherweise galt das gleiche größtenteils auch für die Bäume.
Sie äußerte sich häufig über die Schönheit der Welt, der sie sich jetzt näherten. Ihre Bemerkungen galten der jüngeren Frau, die neben ihr saß. Größtenteils wurden sie von dem größeren, viel üppigeren Schatten ihrer selbst mit einem Gefühl hilfloser Resignation entgegengenommen. Wo Coras Bewegungen häufig und voll nervlicher Energie waren, waren jene der jüngeren Frau eher schlaff, wirkten, als müßten sie von gequältem Seufzen begleitet werden. Sie hielt ein seltsames, höchst eigentümliches Musikinstrument im Arm und gab sich keine Mühe, ihren gelangweilten Eindruck zu verbergen.
»Ist es nicht schön, Rachael?« Cora lehnte sich in ihrem Andrucksessel zurück. »Da – beug dich über mich, dann kannst du’s auch sehen.« Die entnervte Sirene machte keine Anstalten, nach draußen zu blicken. »Willst du es nicht sehen? Wir werden dort unten leben, weißt du.«
»Nur für kurze Zeit.« Sie seufzte müde. »Ich weiß, wie Cachalot aussieht. Du hast mich ja, weiß Gott, genügend Bänder davon studieren lassen, seit du wußtest, daß wir hier eingesetzt würden. Mag sein, daß ich im Institut noch ein Jahr vor mir habe, aber ich weiß immerhin, wie man Hausaufgaben macht.« Ihr Blick wanderte zu dem schmalen Gang, der durch die Mitte des Shuttle verlief. »Je
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