Cäsar Birotteau (German Edition)
hitziger. Cäsars Name fiel, Frau Birotteau kam in das Kontor hinunter. Sie sah du Tillet zum erstenmal seit dem berüchtigten Balle wieder. Als der Bankier wahrnahm, wie sehr sich seine ehemalige Prinzipalin verändert hatte, konnte er seine Überraschung nicht unterdrücken. Erschrocken über sein Werk schlug er die Augen nieder.
Popinot bemerkte zu Frau Birotteau: »Herr du Tillet zieht aus Ihrem früheren Grundstücke jährlich dreitausend Francs. Trotzdem sind ihm sechzigtausend Francs Entschädigung für unsern Pachtvertrag zu viel.«
»Dreitausend!« wiederholte du Tillet eifrig.
»Dreitausend!« sagte Frau Birotteau mit besonderer Betonung.
Du Tillet wurde blaß. Popinot sah seine künftige Schwiegermutter an. Ein paar Augenblicke herrschte tiefe Stille. Popinot hatte Empfindungen wie vor einem Geheimnis.
»Herr Popinot, unterzeichnen Sie, bitte, die Verzichterklärung auf unsern Pachtvertrag, die ich hier im voraus habe anfertigen lassen.« Er nahm die auf Stempelpapier geschriebene Urkunde aus seiner Brusttasche. »Ich werde Ihnen einen Scheck auf sechzigtausend Francs ausstellen.«
Erstaunt sah Popinot von neuem auf Frau Birotteau. Er glaubte zu träumen. Während der Bankier am Stehpult den Scheck ausfüllte, verließ Konstanze das Kontor. Popinot und du Tillet händigten sich gegenseitig die Schriftstücke ein. Mit einer kühlen Verbeugung schied du Tillet.
Während Popinot dem Bankier nachsah, der nach der Rue des Lombards ging, wo sein Kabriolett hielt, sagte er zu sich: Dank diesem seltsamen Handel werde ich in ein paar Monaten endlich meine Cäsarine heiraten können! Das arme Kind soll sich nun nicht mehr abarbeiten... Sonderbar! Ein Blick von Frau Birotteau hat genügt! Was hat sie mit dem Schurken? Die Sache kommt mir höchst merkwürdig vor...
Er schickte nach der Bank, um den Scheck einzulösen. Dann ging er hinauf, um mit Konstanze zu sprechen. Er fand sie nicht. Ohne Zweifel war sie in ihr Zimmer gegangen. Er suchte sie daselbst auf und überraschte sie beim Lesen eines Briefes. Mit einem Blick erkannte er die Schrift du Tillets, seines ehemaligen Kollegen in der »Rosenkönigin«. Auf dem Tisch lagen noch mehrere Briefe.
Anselms Blick fiel auf folgende Stelle: »Engel meines Lebens, ich bete Sie an! Warum ...«
»Welche Gewalt haben Sie doch über diesen Tillet, daß Sie ihn zum Abschluß eines solchen Geschäfts bewogen haben!« begann Anselm mit einem erzwungenen Lächeln. Er konnte sich eines schlimmen Verdachts nicht erwehren.
»Sprechen wir nicht darüber!«
»Nein, reden wir lieber von dem Ende Ihrer Leidenszeit!«
Popinot trat an das Fenster und trommelte unruhig mit den Fingern an die Scheiben.
Und wenn sie auch die Geliebte dieses Kerls gewesen wäre, sagte er sich, warum sollte ich mich deswegen nicht als anständiger Mensch benehmen? Laut fuhr er fort: »Der Reinertrag am Kephalol belauft sich auf zweihundertzweiundvierzigtausend Francs. Die Hälfte davon ist hunderteinundzwanzigtausend. Ziehe ich von der Summe die achtundvierzigtausend ab, für die ich den Anteil Ihres Mannes bekommen habe, so verbleiben dreiundsiebzigtausend, die zusammen mit den sechzigtausend Francs Entschädigung für den Pachtvertrag hundertdreiunddreißigtausend Francs ausmachen!«
Konstanze pochte das Herz hörbar vor Freude über diese Erklärung. Popinot fuhr fort: »Ich habe nie aufgehört, Herrn Birotteau für meinen Kompagnon anzusehen. Somit dürfen wir über die Summe zur Befriedigung seiner Gläubiger verfügen. Fügen wir sie zu den achtundzwanzigtausend, die Sie erspart haben und die Onkel Pillerault angelegt hat, so haben wir hunderteinundsechzigtausend Francs! Ihr Onkel wird Ihnen die Quittung über seine Restforderung von fünfundzwanzigtausend nicht versagen. Ich werde meinem Schwiegervater fernerhin seinen voraussichtlichen Reingewinn im kommenden Jahre vorschießen, um damit die seinen Gläubigern schuldige Summe voll herzustellen. Damit ist er... rehabilitiert!«
»Rehabilitiert!« rief Konstanze aus, indem sie den Brief fallen ließ, um die Hände zu falten und leise zu beten.
»Mein lieber, guter Anselm! Rehabilitiert, nachdem er Bankerott gemacht hatte! Lieber Sohn!« Sie nahm Popinot beim Kopfe und küßte ihn wie toll. »Cäsarine ist dein! Sie wird ihre Stellung nunmehr verlassen! Sie hat sich bald zu Tode gearbeitet!«
»Aus Liebe!« sagte Popinot.
»Ja, aus Liebe!« wiederholte sie lächelnd.
»Ich will Ihnen einmal ein kleines Geheimnis verraten«, sagte er,
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