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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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daran hindern, dem alten Gegner Napoleons, dem Verwundeten in dem Straßenkampf vor Saint-Roch, hilfreiche Hand zu leisten. Außer sich hierüber wollte Birotteau etwas über die Habgier der Hochfinanz, ihre Gefühllosigkeit und ihre geheuchelte Menschenfreundlichkeit sagen; aber er empfand einen so heftigen Schmerz, daß er kaum einige Worte über die Institution der Bank von Frankreich stammeln konnte, die ja den Kellers zur Verfügung stand.

»Niemals«, sagte Adolph Keller, »wird die Bank einen Kredit gewähren, den schon ein einfacher Bankier abgelehnt hat.«
    »Ich war immer der Ansicht,« sagte Birotteau, »daß die Bank ihrer Bestimmung nicht entspricht, wenn sie glücklich darüber ist, beim Jahresabschluß feststellen zu können, daß sie am Pariser Handel nicht mehr als ein- bis zweihunderttausend Franken verloren hat; während sie doch seine Beschützerin sein soll.«
    Adolph lachte und erhob sich mit gelangweilter Miene.
    »Wenn die Bank sich damit befassen wollte, allen Leuten, die hier an diesem schwindelhaftesten und schlüpfrigsten Platze der finanziellen Welt in Verlegenheit geraten sind, Kredit zu gewähren, dann würde sie nach einem Jahre Konkurs anmelden müssen. Sie hat schon Mühe genug, sich gegen den Wechselverkehr und die unsicheren Unterlagen zu wehren; was sollte aus ihr werden, wenn sie sich auch noch auf die Prüfung der Geschäfte aller Leute einlassen wollte, die von ihr Hilfe verlangen?«
    »Wo soll ich nur die zehntausend Franken hernehmen, die mir für morgen, Sonnabend, den dreißigsten, fehlen?« sagte sich Birotteau, als er über den Hof ging.
    Es ist Usance, daß am dreißigsten gezahlt werden muß, wenn der einunddreißigste auf einen Feiertag fällt.
    Als er den Torweg erreichte, bemerkte der Parfümhändler, dessen Augen in Tränen schwammen, kaum ein schönes, schweißtriefendes englisches Pferd, das mit einem der hübschesten Kabrioletts, die zu dieser Zeit über das Pariser Pflaster rollten, vor der Tür stillhielt. Er hätte sich am liebsten von diesem Wagen überfahren lassen; er wäre dann durch einen Unfall umgekommen, dem man die Unordnung in seinen Geschäften hätte zur Last legen können. Er erkannte du Tillet gar nicht, der schlank, in elegantem Morgenanzug, seinem Diener die Zügel zuwarf und eine Decke über den nassen Rücken seines Vollblutpferdes legte.
    »Welcher Zufall führt Sie hierher?« sagte du Tillet zu seinem früheren Prinzipal.
    Du Tillet wußte es natürlich ganz genau, denn die Kellers hatten Erkundigungen bei Claparon eingezogen, der, im Einverständnis mit du Tillet, den alten guten Ruf des Parfümhändlers untergraben hatte. Obgleich schnell verschluckt, sprachen die Tränen des armen Kaufmanns doch deutlich genug.
    »Sind Sie etwa hierher gekommen, um Hilfe bei diesen Wucherern zu suchen,« sagte du Tillet, »bei diesen Würgeengeln des Handels, die solche niederträchtigen Börsenmanöver gemacht haben wie die Hausse in Indigo, nachdem sie ihn aufgekauft hatten, und die Baisse in Reis, um die, die mit der Ware zurückhielten, zu zwingen, billig an sie zu verkaufen, damit sie nachher den Marktpreis diktieren konnten, diesen blutgierigen Piraten, die sich weder um Treu und Glauben, noch um Recht, noch um menschliches Gefühl kümmern! Wissen Sie denn nicht, wessen diese Leute fähig sind? Sie gewähren Ihnen einen Kredit, wenn Sie sich auf ein gutes Geschäft eingelassen haben, und sobald Sie das Räderwerk der Sache in Betrieb gesetzt haben, dann kündigen sie ihn und zwingen Sie, ihnen das Unternehmen für einen elenden Preis abzutreten. Havre, Bordeaux und Marseille können Ihnen schöne Dinge über diese Leute erzählen. Die Politik dient ihnen nur als Deckmantel für ihre unsauberen Geschäfte, das können Sie mir glauben! Daher mache ich mir auch keine Skrupel darüber, wenn ich sie ausnutze! Gehen wir ein bißchen spazieren, mein lieber Birotteau! Joseph, führen Sie das Pferd auf und ab, es hat sich heiß gelaufen. Teufel nochmal, es repräsentiert ein Kapital von tausend Talern.« Damit wandte er sich dem Boulevard zu. – »Nun, mein verehrter Prinzipal – Sie sind doch mein Chef gewesen – brauchen Sie Geld? Diese elende Gesellschaft wird natürlich Garantien von Ihnen verlangt haben. Ich, der ich Sie kenne, ich biete Ihnen Geld gegen Ihr einfaches Akzept an. Ich habe mein Vermögen in ehrenhafter Weise mit unglaublicher Mühe erworben. Ich bin nach Deutschland gegangen, um es zu erringen. Heute kann ich es Ihnen sagen: ich

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