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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem Sturm flieht!…«
    »Wenn wir nur nicht gezwungen werden, ihn im Stiche zu lassen!…« sagte Jean.
    »Ihn im Stiche lassen!« rief Herr Cascabel. »Und was soll ohne unsere Belle-Roulotte aus uns werden?…«
    »Wir werden alles thun, um es nicht dazu kommen zu lassen!« antwortete Herr Sergius. »Ja!… Dieser Wagen ist unser Heil und wir werden ihn um jeden Preis zu retten suchen…«
    »Also ist es nicht möglich umzukehren?…« fragte Herr Cascabel.
    »Nein; wir müssen vorwärts zu kommen suchen!« erwiderte Herr Sergius. »Nur Mut, kaltes Blut und wir werden Numana schon erreichen!«
    Diese Worte wirkten neubelebend auf alle. Es war nur allzu klar, daß der Sturm die Rückkehr nach der Insel Diomedes unmöglich machte. Er blies mit solchem Ungestüm aus Südosten, daß weder Tier noch Menschen wider ihn anzukämpfen vermochten.
     

    Die beiden unglücklichen Tiere verschwanden. (Seite 192.)
     
    Die Belle-Roulotte konnte nicht einmal mehr stehend verharren. Der bloße Versuch, den Luftdruck auszuhalten, hätte sie zu Falle gebracht.
    Gegen zehn Uhr war der Tag teilweise angebrochen – ein grauer, uebliger Tag. Die niedrigen, zerrissenen Wolken fegten wie Dunst über die Meerenge hin. Schnee und Eissplitter wirbelten durch die Luft. Unter so ungünstigen Umständen legte man in anderthalb Stunden nur eine halbe Meile zurück, da man auch noch die Wasserlachen und die auf dem Eisfeld angehäuften Schollen umgehen mußte. Der vom offenen Meere herrollende Wogenschlag ließ die ganze Fläche unaufhörlich schwanken und krachen.
    Plötzlich, gegen drei Viertel auf Eins, verspürte man eine heftige Erschütterung. Ein weites Netz von strahlenförmigen Rissen wurde rings um das Gefährt sichtbar… Unter den Hufen des Gespanns that sich ein Spalt von dreißig Fuß Breite auf.
    Ein Warnungsruf des Herrn Sergius brachte seine Gefährten wenige Schritte vor diesem Spalt zum Stehen.
    »Unsere Pferde!… Unsere Pferde!…« schrie Jean. »Vater, retten wir unsere Pferde!…«
    Es war zu spät. Die armen Tiere verschwanden unter den einbrechenden Eistafeln. Wären die Deichsel und die Stränge nicht abgerissen, so würde die Belle-Roulotte ebenfalls in die Tiefen des Meeres gestürzt sein.
    »Unsere armen Tiere!« rief Herr Cascabel verzweifelt.
    Ja! Die alten Freunde des Gauklers, mit denen er die Welt durchstreift hatte, die treuen Gefährten, die sein Wanderleben solange geteilt, sie waren vom Meer verschlungen! Große Thränen netzten die Augen des Herrn Cascabel, seiner Frau und seiner Kinder.
    »Zurück!… Zurück!« schrie Herr Sergius.
    Und indem man sich mit aller Kraft gegen die Räder des Wagens stemmte, gelang es, denselben von dem Spalt zu entfernen, der durch das Schwanken des Feldes immer weiter wurde. So schob man das Gefährt einige zwanzig Schritte zurück, aus dem Bereiche des Eisbruchs.
    Aber die Lage war trotzdem sehr bedenklich. Was sollte man jetzt thun? Die Belle-Roulotte inmitten der Meerenge zurücklassen, um sie später, nachdem man Numana erreicht, mit einem Renntiergespann abholen zu kommen?… Es schien wirklich nichts anderes übrig zu bleiben. Plötzlich schrie Jean auf:
    »Herr Sergius, Herr Sergius!… Sehen Sie nur!… Wir treiben!…«
    »Treiben?…«
    Es war nur allzu wahr.
    Augenscheinlich hatte ein allgemeiner, jäher Eisbruch die Schollen zwischen den beiden Ufern der Meerenge in Bewegung gesetzt. Im Verein mit dem Steigen der Temperatur hatten die wütenden Windstöße das in der Mitte ungenügend gefestigte Eisfeld zertrümmert. Indem die brechenden Schollen teils auf, teils unter dasselbe geschleudert wurden, entstanden breite Kanäle, durch welche das schwimmende Eiland, das die Belle-Roulotte trug, vor dem Sturme gegen Norden trieb. Einige festsitzende Eisberge bildeten Orientierungspunkte, nach denen Herr Sergius die Richtung ihrer unfreiwilligen Fahrt zu bestimmen vermochte.
    Man sieht, wie sehr die schon durch den Verlust des Gespanns bedenklich gewordene Lage sich noch verschlimmert hatte. Selbst wenn man den Wagen zurücklassen wollte, würde man Numana nicht mehr erreichen können. Es handelte sich nicht mehr um Risse, die man zu umgehen vermochte, sondern um zahlreiche, absolut unpassierbare Kanäle, deren Richtung sich nach den Launen des Wogenschlages jeden Augenblick veränderte. Und dann, wie lange würde die Eistafel, welche die Belle-Roulotte trug und deren Fortbewegung man nicht hindern konnte, dem Anprall der gegen ihre Ränder schlagenden Wellen

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