Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Agamemnon und Odysseus, und der Fluß, an dem Alexander seine erste Schlacht gegen die Perser schlug. Sechzehn Legionen, zehntausend Reiter, o ihr Götter, und noch einmal so viele Hilfstruppen… ‹ Laut sagte er: »Das vorige Jahr war sehr lang, Herr; dieses und das nächste werden wie im Rausch vorbeigehen.«
    »Lang, fürwahr; Sosigenes hat gut gerechnet, aber wahrscheinlich wird man es nicht nach ihm, sondern nach dem Pontifex Maximus nennen, der es verkündet hat.« Er grinste; einen Moment wirkte er fast selbstgefällig.
    ›Vierhundertfünfundvierzig Tage‹, sagte sich Aurelius, langes Wandern; und das längste Jahr der Geschichte, all die Tage, die eingefügt werden mußten, um Roms Kalender und die Wirklichkeit so in Einklang zu bringen, daß nie wieder die Abwesenheit eines Pontifex solche Zeitverschiebungen bewirken kann.‹ Caesar stand auf. »Also abgemacht?« sagte er. »Komm übermorgen zu mir, in der Stadt; wir werden Einzelheiten besprechen. Ah, an dem Abend empfangen Calpurnia und ich einige Gäste; bring Kalypso mit.«
     
    Marmor, Springbrunnen, bunte Beete, im Palast üppige Teppiche, kostbare Bilder und Stickereien, ein Abbild der Sphinx aus juwelenbesetztem Gold, in Seide gehüllte Sklavinnen, als Wächter Makedonen, aber im Putz alter ägyptischer Krieger… In der Ferne hatten sie Wundergeschichten von Kleopatras Einzug - beinahe ein Einmarsch - in Rom gehört, von den verschwenderischen Darbietungen und den Schätzen, die sie mitgebracht hatte, aber der Augenschein übertraf das Gerede. Aurelius fragte sich nur, wo auf dem weitläufigen Gelände all das verstaut war, wovon man geredet hatte und was nicht in den bescheidenen Palast paßte: der von Elefanten gezogene Thronwagen aus Ebenholz und Elfenbein, die von zweiunddreißig Schwarzen getragene ungeheure Sänfte, die zehn Männer hohe Pyramide auf Rädern, die aus Silberflächen mit Goldfassung bestand… Aber vielleicht war ja das meiste durch Reden und Weitersagen aufgebläht worden.
    Als sie Caesars Gärten verlassen hatten und zur Tiberbrücke gingen, schwiegen sie zunächst; sie ließen sich vom Strom der Lastkarren und Träger treiben, die zu den Märkten der Stadt unterwegs waren.
    »Wie ist sie?« sagte Aurelius irgendwann.
    »Anders.« Kalypso schien nachWorten zu suchen.»Manchmal, sagt sie, fühlt sie sich ›vereinzelt‹. Die edlen Römerinnen verschmähen ihre Gesellschaft. Man hat sie beäugt und, ja, zu sehr gefunden. Zu schön, zu gebildet, zu reich und vor allem zu unrömisch. Aber sie hat genug andere Gesellschaft: Dichter, Schauspieler, Musikerinnen. Alle viel unterhaltsamer als edle Römerinnen. Insgesamt wirkt sie unverändert, aber verändert, wenn du das verstehst.«
    »Du wirst es mir sicher erklären.«
    Sie lachte. »Ich will es versuchen. Sie ist die Herrscherin, aber sie ist auch… sanfter, als sie in Alexandria war. Als ob sie das Herrschen Caesar überließe.«
    »Ihren Beratern, den Legionen und Laomedon. Und Caesar, natürlich.«
    »Was wollte er eigentlich von dir?«
    Aurelius nahm ihre Hand. »An deiner Seite bin ich hinkend durch Italien gewandert«, sagte er. »Magst du an meiner Seite einige Wanderungen durch Asien unternehmen?«
    »Asien? Wozu? Was willst du dort machen?«
    »Du weißt, ich hatte ihm noch einmal sechs Monate versprochen, als er uns damals gehen ließ. Ich soll seinen Feldzug gegen die Parther vorbereiten.«
    »Will er diesen Irrsinn wirklich durchführen?« Sie ließ seine Hand los, blieb stehen und schaute ihm in die Augen.
    »Und du ziehst mit?«
    Ihm war ein wenig unbehaglich, aber er ließ es sich nicht anmerken. Hoffte er jedenfalls. »Nein, ich ziehe nicht mit. Er hat sehr große Pläne. Das größte Heer, das Rom je aufgeboten hat. Diesmal will er alles gründlich vorbereiten. Dazu will er mich. Nur für die Vorbereitung - Vorräte, Pferde, Anlegen des Lagers. Und für die sechs Monate macht er mich zum Legaten. Als hinkenden Krieger braucht er mich wirklich nicht.«
    Kalypso nahm ihn wieder bei der Hand. Sie gingen weiter, schweigend. Schließlich sagte sie: »Asien? Von dort aus könnte man nach Tanais, nicht wahr?«
    »Einen Teil der Reise an Bord sicherer Kriegsschiffe, dann sechs Monate planen und ordnen, dann ein Abschied als Legat, und all das unter deinen Augen. Kommt mir vor wie ein Traum.«
    Er fühlte sich unwohl. Nicht, weil er Kalypso belog; er belog sie ja nicht, er sagte nur nicht alles. Caesars gewaltige Umwälzung gehörte aber nicht zu dem, was sie

Weitere Kostenlose Bücher