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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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steht niemandem zu, für andere zu antworten, für andere zu denken.
    Ich möchte nicht über die Geschäfte rechten, die Brutus auf Zypern und in Kappadokien getrieben hat. Was zu einer anderen Zeit ein Vergehen gewesen sein mag, hört auf, eines zu sein, wenn es allgemein hingenommen und in gleicher Weise von vielen begangen wird. Daß diese sich nicht immer und alle zugleich laut auf das Recht und die Tugend berufen haben, kann jedoch gewisse Zweifel erregen. Caesar war besudelt - aber «hat er, während er sich besudelte, etwa geschrien, er sei makellos? Pompeius und Brutus haben sich besudelt und dabei mit ihrer Reinheit geprotzt; vielleicht, weil sie die Besudelung nicht als solche gesehen haben. So mag denn Brutus hierin ein Ehrenmann bleiben. Ist aber ein Ehrenmann, wer Caesars Gnade sein Leben verdankt und an seinem Retter zum Mörder wird?
    Brutus, heißt es, habe sich als einziger der Mörder bis zum Ende nur das eine Ziel gesetzt: den Römern ihre alte Staatsform wiederzugeben. Daß diese Staatsform ihm und seinesgleichen die Macht gab und die Möglichkeit, Reichtum zu erwerben, sollte uns nicht an seiner Ehrenhaftigkeit zweifeln lassen?
    Brutus hat Caesar wehrlos und unbehütet gemordet, im Verein mit vielen. Er ist ihm nicht von Angesicht zu Angesicht mit dem Schwert entgegengetreten. Sollen wir sagen, es sei dies eine strategische Meisterleistung gewesen, einen so mächtigen Mann wehrlos zu fassen, oder wollen wir von Feigheit sprechen?
    Ich danke für die Gastfreundschaft, o ihr Herren der Berge und Hüter der Grenzen - eine Gastfreundschaft, die ich nicht immer genossen habe, aber ich danke euch. Noch mehr werde ich euch danken, und dies in jeglicher Zukunft, sobald sie mir Gegenwart wird, wenn ihr mich nun endlich abreisen laßt.

IX.
DIE GRENZEN DES IMPERIUMS
    »Rom«, sagte Caesar, »ist ein Loch, das Gold frißt und Macht scheißt.«
    Aurelius blickte hinaus in den herbstlichen Garten. Kleopatra saß unter einem nicht ganz verblühten Strauch auf einer Holzbank, wo sie mit Kalypso sprach und den Dienerinnen zusah, die sich um Caesarion kümmerten.
    »Cicero hätte Einwände«, sagte er.
    »Ich weiß. Er würde sagen: ›Mein lieber Caesar, erstens wäre ,Ein Maul, das Gold frißt, und ein Loch, das Macht scheißt‘ besser, denn Löcher fressen nicht; und zweitens könntest du ja Rom wieder zu einer Republik machen, in der Gold und Macht in den richtigen Händen sind.‹ So etwa?«
    Aurelius grinste leicht. »So ähnlich.«
    »In dem Fall wäre der Senat das Maul und das Loch, und wie früher würden sie sich nach dem Scheißen mit einem Schwamm abwischen und den Schwamm danach auswringen, daß nur ja nichts verlorengehe oder etwa in falsche Hände gerate. Aber ich habe dich nicht kommen lassen, um die Bildhaftigkeit der Staatsverdauung zu bereden.«
    »Könnte sie aber etwas mit dem zu tun haben, was…?« Caesar unterbrach. »Später. Zuerst dein Versprechen.«
    »Welches der beiden?«
    »Sechs Monate deines Lebens.«
    »Und das andere?«
    »Willst du ungebührlicher Offenheit frönen?«
    »Ich weiß nicht, was dem allmächtigen Diktator gegenüber ungebührlich und wer ihm gegenüber noch offen ist.«
    »Spitzel«, sagte Caesar. »Und Servilia. Aber sag, was du zu sagen hast. Dein Kopf ist sicher.«
    Aurelius zögerte einen Augenblick lang; dann gab er sich einen Ruck. »Ich war lange nicht in Rom, Imperator. Ich weiß, was man auf dem Land erzählt; ich glaube nicht, daß in Rom die Reden freundlicher sind.«
    Caesar nickte; ein schwaches Lächeln zuckte um seinen Mund. »Soll ich es dir sagen? Hör zu. Den Triumph nach dem hispanischen Feldzug empfinden sie als Kränkung, weil Caesar dort gegen Römer gekämpft hat, nicht gegen Barbaren. Sie sagen, Caesar will sich zum König machen; die Diktatur ist nur eine Vorbereitung. Sie sagen, er hat den Senat entmachtet und außerdem lächerlich gemacht, indem er Barbaren zu Senatoren erhebt. Sie sagen, er hat einige Neuerungen begonnen, führt diese aber nicht zu Ende. Sie sagen, er hat den Reichen die Macht genommen, ohne den Armen Getreide und Land zu geben. Alles für Caesar, der seine alte Freundin Servilia bespringt, dabei auch noch in den transtiberischen Gärten seine ägyptische Hure jätet und zwischendurch die edle Calpurnia schändet. Sie sagen, er hat sich mit Schmeichlern und Säufern umgeben; statt auf Marcus Antonius sollte er lieber auf Cicero hören. Ist es das? Ungefähr?«
    »Sie sagen noch mehr. Daß er die Götter lästert,

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