Cäsar
sie bestellten den Boden und hielten ein wenig Nutz und Schlachtvieh, und es gab gutes Essen für die Hungrigen und Betten für die Ermatteten. Falls sie zahlen konnten. Geld, ja; aber nicht in der Menge, wie es die edlen Herren verlangten und vergeudeten, wenn sie Gesetze bewirken oder vermeiden wollten, ein hohes Amt anstrebten oder die Wahl eines Gegners zu verhindern wünschten.
Sein Gesicht hatte wohl eine gewisse Bestürzung verraten. Der Zweite lachte und sagte: »Ich glaube, das hat er mißverstanden.«
Cicero starrte den anderen an, der sich nun auf den Schemel sinken ließ, dann Aurelius. Der Blick war kalt, aber die Stimme troff gewissermaßen von Wärme, Zuneigung und Wohlwollen, als er sagte: »Ach, Aurelius! Welch ein Mißverständnis. Wir wollen dir kein Geld abnehmen. O nein; wir wollen dir Geld geben. Viel Geld.«
Aurelius zog die Hände unter der Schürze hervor und verschränkte die Arme vor der Brust: ohnmächtige Verschanzung. »Ich weiß nicht, ob mich das nicht mehr beunruhigen sollte.«
»Warum denn das?« Cicero wölbte die Lippen vor.
»Geld«, sagte der Wirt langsam, »bedingt eine Gegenleistung. Und viel Geld? Ah, ich glaube, ich sollte mich zu fürchten beginnen.«
»Fürchten sich kampferprobte alte Centurionen? Echte Römer? Wovor?«
»Nicht vor Schwertern. Aber vor den Ränken der Reichen, der Politiker.«
»Ränke?« Cicero wackelte mit dem Kopf. Endlich ließ auch er sich auf dem Schemel nieder. »Die Väter des Vaterlandes geben sich nicht mit Ränken ab.«
»Wann habt ihr damit aufgehört?« Aurelius bemühte sich nicht, den Spott zu unterdrücken. »Gab es gestern einen Senatsbeschluß hierzu? Ist er endgültig?«
»Bist du dir sicher, daß uns keiner hören kann?« sagte der andere.
Der Wirt hob die Schultern. »Der da drin schnarcht. Die anderen sind bei der Arbeit. Ein paar Frauen und Sklavinnen oben, der Rest ist auf den Feldern und in den Ställen.«
Cicero bewegte sich, als wäre ihm unbehaglich zumute. Der Schemel knirschte unter seinem Gewicht.
»Ich habe Durst«, sagte der zweite Mann plötzlich.
Auf dem Herd stand noch ein Topf mit Morgensud - Honig, Minze, Verbene, Melisse und einige weitere Kräuter. Aurelius schob ihn in die Mitte der Eisenplatte.
»Kräutersud«, sagte er. »Ein wenig Wein dazu?«
Hinter ihm erklangen ein Knurren und ein »Hm«, die er als Bestätigung deutete. Während er den Krug nahm, in dem sein zweitbester Wein der Vertilgung harrte, sagte er halblaut:
»Wieviel Geld und wofür?«
»Mitten in die Dinge.« Cicero klang nicht beifällig, aber doch zustimmend. »Wieviel ist all das hier wert?«
»Schlechte Frage, Freund.« Der andere Mann schnaubte.
»Rechne aus - falls du diese Kunst nicht verlernt hast. Wir trauen doch eigenen Zahlen mehr als fremden, oder?«
Schlechte Aufführung eines schlechten Stücks, sagte Aurelius sich. Als ob sie das nicht vorher längst erörtert und abgewogen hätten.
»Sechs Krieger - Einfache oder Gefreite? Gleichviel; sagen wir hundertzwanzig Denare im Jahr…«
»Hundertfünfzig«, sagte Aurelius.
»Ah nein«, sagte Cicero. »Ihr seid ausgeschieden, ehe Caesar den Sold erhöht hat. Hundertzwanzig mal sechs, siebenhundertzwanzig. Entlassungsgeld ist bei milites was - dreizehn Jahressummen? Neuntausenddreihundertsechzig. Ein paar Sonderzuwendungen, ein Rest Beute, sagen wir insgesamt zehntausend. Ein alter Centurio, zwanzig mal eintausendfünfhundert? Also dreißig. Und unser Gastgeber, der beflissen im Topf rührt. Dreizehn Jahre bis zur Verletzung und zur missio causaria; sagen wir, weil er einer der höheren Centurionen war, insgesamt fünfundzwanzigtausend. Zusammen, uh, fünfundsechzig. Teils noch vorhanden, teils in Boden und Gebäude und Tiere und Saatgut gesteckt.«
»Könnte hinkommen«, sagte der Zweite. »Und wir bieten ihm… dir, Aurelius, hunderttausend. Denare, nicht Sesterze. Anderthalbmal das, was ihr alle zusammen wert seid.«
»Wen soll ich dafür umbringen?« Der Wirt drehte sich zu ihnen und sah sie an.
Cicero setzte eine Miene der Abscheu auf. »Mörder sind billiger zu haben.«
»Ich vergaß, daß du so etwas wissen wirst.«
Der andere wischte sich ein Grinsen vom Gesicht. Er warf Aurelius einen Blick zu, den dieser nicht recht zu deuten wußte. ›Die richtige Art, mit einem anmaßenden Emporkömmling umzuspringen‹, oder vielleicht das Gegenteil: ›Nimm das Maul nicht so voll, Plebejer. ‹ »Ich weiß dies und jenes, das stimmt.« Die erhabene
Weitere Kostenlose Bücher