Cäsars Druide
gewinnen.«
Was sollte ich da noch erwidern? Gibt es etwas Überzeugenderes als den Erfolg?
Inzwischen hatten einige Kohorten bereits den Lagerplatz erreicht und steckten unter Anleitung eines Tribuns und einiger Centurionen die Fläche ab, damit die nachfolgenden Kohorten gleich mit dem Schanzenbau beginnen konnten. Doch kaum hatten die im Wald verborgenen Nervier unseren riesigen Gepäcktroß erblickt, der nun unten am Fluß zwischen den beiden Hügeln auftauchte, stürzten sie sich wie Raubtiere den Hang hinunter, während die Reiterei der Nervier erneut aus dem Wald preschte und die römische Kavallerie wie einen Vogelschwarm in alle Himmelsrichtungen verscheuchte. Mit der gleichen Schnelligkeit stürmten andere Einheiten der Nervier den Hang hinunter, überquerten blitzschnell den Fluß und stiegen auf der anderen Seite den kahlen Hügel hinauf, um dort oben auf dem Kamm die Legionäre an den Schanzarbeiten zu hindern. Cäsar ließ sofort das Vexillum, die rote Fahne des Feldherrn, hissen. Die Schlacht hatte begonnen.
Heftige Trompetenstöße dirigierten die chaotisch durcheinandergewirbelte Marschkolonne und verwandelten sie in kampfbereite kleine Zellen, die sich geschmeidig und flink in ein kolossales strategisches Kunstwerk einfügten. Die Legionäre, die schon mit der Schanzarbeit begonnen hatten, warfen ihre Schaufeln weg und zogen den Gladius, jene, die sich bereits weit entfernt hatten, um das für den Dammbau nötige Holz zu beschaffen, ließen alles fallen und rannten, obwohl sie ihre Kettenhemden abgelegt hatten, mit gezogener Waffe zurück. Wie ein Ameisenheer fraßen sich die Nervier in die sich formierenden römischen Schlachtreihen hinein. Mit gezielten Pfeilschüssen wurden Tubabläser von ihren Pferden gerissen. Cäsar gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte zur zehnten Legion, die in arge Bedrängnis geraten war. Ich sah noch, wie er seine Soldaten lauthals anfeuerte, während ihn ein Speer nur knapp verfehlte. Ich wendete mein Pferd und galoppierte den Weg zwischen toten Tragtieren und brennenden Gepäckstücken zurück, und schon allein das Schreien, Kreischen und Brüllen der Männer brachte mich beinahe um den Verstand. Unverletzt erreichte ich den hinteren Teil des Trosses, der noch nicht in die Gefechte verwickelt war. Bogenschützen streckten einige Geiseln nieder, die panisch die Flucht ergriffen hatten. Ich erblickte Krixos, der sich mit Wanda aus dem Getümmel entfernte. Ich stieß zu ihnen. Gemeinsam ritten wir auf eine kleine Anhöhe und warteten das Ende der Auseinandersetzung ab.
Obwohl einige Legionen keine Befehle mehr empfangen konnten, eröffneten sie selbständig den Kampf. Das war der unschätzbare Vorteil eines kampferprobten Berufsheeres. Jeder wußte, was er zu tun hatte, auch ohne Feldherr. Auf dem linken Flügel gewannen die neunte und zehnte Legion überraschend die Oberhand. Nachdem sie ihre Pila auf die heranstürmenden Feinde geschleudert hatten, waren sie nun selber zum Angriff übergegangen, trieben die Fliehenden über den Fluß zurück und setzten ihnen nach. Dadurch wurde die rechte Seite völlig entblößt. Die Nervier nutzten diese Schwäche und rückten unter dem Oberbefehl ihres Anführers Boduognatus in festgeschlossener Aufstellung vor. Dabei kamen sie der zersprengten römischen Kavallerie, die ins unfertige Lager flüchten wollte, in die Quere und trieben sie erneut in die Flucht. Die Kelten stimmten einen markerschütternden Gesang an, der sich wie ein Lauffeuer ausbreitete. Hunderte von Troßknechten und Burschen verloren darauf die Beherrschung und rannten Hals über Kopf davon. Die Nervier fielen über Lager und Gepäcktroß her und hieben alles nieder, was sich ihnen noch zur Wehr setzte. Die leichte numidische Kavallerie in Cäsars Diensten ergriff die Flucht. Darauf rannten auch die balearischen Schleuderer und kretischen Bogenschützen in Cäsars Diensten davon. Wie Schlachtvieh wurden die Legionäre zusammengetrieben. Die meisten römischen Bläser und Feldzeichenträger lagen erschlagen in ihrem Blut. Ohne Bläser und Feldzeichenträger waren die Legionen aber blind. Cäsar hatte die Fäden verloren. Jeder war auf sich selbst gestellt. Das ohrenbetäubende Schlachtgeschrei glich dem Aufschrei eines verwundeten Meeresdrachen aus der Anderswelt. Cäsar war am Ende. Wie ein zerfetztes Tuch flatterten seine Schlachtreihen auseinander. Das war das Ende des gallischen Krieges, der ein Spaziergang hatte werden sollen. Cäsars gesamte
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