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Grosseinsatz Morgenröte

Grosseinsatz Morgenröte

Titel: Grosseinsatz Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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1.
     
    Man hat­te mir einen ver­al­te­ten Flug­schrau­ber mit au­to­ma­ti­scher Ro­tor­ver­sen­kung ge­ge­ben, des­sen Staustrahl­trieb­werk be­reits im Jah­re 1993 ge­baut wor­den war.
    Ma­schi­nen mit trop­fen­för­mi­ger Zel­le ha­be ich aus ei­nem mir selbst nicht ver­ständ­li­chen Grun­de noch nie sehr gern ge­flo­gen. Viel­leicht lag dies an mei­ner Aver­si­on ge­gen voll­trans­pa­ren­te Flug­zeug­kan­zeln, in de­nen ich mich im­mer be­ob­ach­tet und schutz­los fühl­te.
    Nun ist kein GWA-Agent son­der­lich dar­an in­ter­es­siert, von an­de­ren Leu­ten an­ge­st­arrt, ge­schwei­ge denn über­haupt be­merkt zu wer­den.
    Mei­ne vor­schrifts­mä­ßi­ge Dienst­mas­ke war ei­ne per­fek­te zwei­te Haut. Ein durch­schnitt­li­cher Bür­ger der Staa­ten wä­re kaum fä­hig ge­we­sen, die le­bens­ech­te Fo­lie als sol­che zu er­ken­nen. Trotz­dem leb­te ich mit den War­nun­gen, die man mei­nen Kol­le­gen und mir zwölf Jah­re lang Stun­de für Stun­de und Tag für Tag sug­ge­riert hat­te.
    Es war das Miß­trau­en, das stän­di­ge Miß­trau­en ge­gen je­der­mann.
    Ich dros­sel­te die Ein­spritz­pum­pe des Trieb­werks. Die Ge­schwin­dig­keit sank un­ter die Schall­gren­ze.
    Plötz­lich konn­te ich das Röh­ren des Ag­gre­ga­tes hö­ren. Die scharf­ge­pfeil­ten Trag­flä­chen der Kom­bi­na­ti­ons­ma­schi­ne be­gan­nen wie­der zu flat­tern, wie es im un­mit­tel­ba­ren Be­reich der Schall­gren­ze für die­se Ma­schi­ne ty­pisch war.
    Das ge­fiel mir nicht! An­de­re Mo­del­le wa­ren weitaus bes­ser durch­kon­stru­iert. Die Höchst­ge­schwin­dig­keit der BE-C-2518 lag bei nur drei Mach. Das war ein Wert, der kei­nem nor­ma­len Men­schen des Jah­res 2003 un­ge­wöhn­lich er­schei­nen konn­te. Viel­leicht hat­te mir der Chef des­halb die al­te Bel­mont ge­ge­ben.
    Auf dem Re­li­ef­schirm des Or­tungs­pei­lers leuch­te­te der matt­grü­ne Punkt ei­ner Über­wa­chungs­sta­ti­on auf. Je nä­her ich kam, de­sto in­ten­si­ver wur­de der Farb­ton. Als er gift­grün schil­ler­te, er­tön­te die An­fra­ge:
    »Ein­flug-Kon­troll­sta­ti­on Sas­kat­che­wan Nord, PQ-Zir­kel Os­car. Dros­seln Sie Ih­re Ge­schwin­dig­keit auf hun­dert Mei­len. Krei­sen Sie über der Sta­ti­on.«
    Ich schal­te­te auf Sen­dung und nahm das Mi­kro­phon vor den Mund. Ei­ne grü­ne Kon­trol­lam­pe zeig­te die Auf­nah­me­be­reit­schaft der Fern­se­h­op­tik an. Un­ten hat­te man nun mich und die Ka­bi­ne auf dem Bild­schirm.
    »Ver­stan­den. Laut An­wei­sung ha­be ich zwei ver­schie­den­ar­ti­ge Kode-Be­grif­fe durch­zu­ge­ben. Sind Sie in­for­miert, Cap­tain?«
    Der Ka­na­di­er nick­te re­ser­viert.
    »Sie müs­sen trotz­dem war­ten. Kode durch­ge­ben.«
    Ein iro­ni­sches Lä­cheln um­spiel­te mei­ne Mund­win­kel. Ob sich der Mann nur so wich­tig vor­kam?
    »Die Num­mer mei­ner Ma­schi­ne und den Typ se­hen Sie selbst. Kode ist Son­ne Spi­ca im Stern­bild der Jung­frau. Da­zu das heu­ti­ge Da­tum: 28. April 2003. Das wä­re al­les.«
    »Krei­sen Sie wei­ter«, ord­ne­te er ge­las­sen an.
    In sei­nen farb­lich gut wie­der­ge­ge­be­nen blau­en Au­gen war nicht ein­mal die Spur ver­hal­te­ner Iro­nie er­kenn­bar. Nein – die­ser Mann fühl­te sich nicht wich­tig! Er schi­en je­doch ei­ne große Ver­ant­wor­tung zu tra­gen.
    Ich run­zel­te nach­denk­lich die Stirn. Die hauch­dün­ne Bio­synth-Fo­lie mei­ner Dienst­mas­ke folg­te der Haut­be­we­gung na­tur­ge­treu.
    Das To­sen mei­nes Staustrahl­trieb­werks ver­misch­te sich mit dem hel­len Ar­beit­ston der an­lau­fen­den Ga­stur­bi­ne. Bei acht­tau­send Um­dre­hun­gen wur­den die ge­gen­läu­fi­gen Krän­ze der Ro­to­ren aus dem Rücken­wulst aus­ge­fah­ren. Bei Zwölf­tau­send Tou­ren wur­den sie von dem Ro­bo­t­au­to­ma­ten auf die Tur­bi­nen­wel­le ge­kup­pelt.
    Über mir klang das Rau­schen der ro­tie­ren­den Hub­krän­ze auf. Se­kun­den spä­ter ver­stumm­te das Trieb­werk für den schnel­len Rei­se­flug. Mei­ne Bel­mont war end­gül­tig zu ei­nem Hub­schrau­ber ge­wor­den.
    Mit nur hun­dert Mei­len Fahrt um­kurv­te ich die Luftraum-Über­wa­chungs­sta­ti­on.

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