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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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hätten sie in der Zwischenzeit stundenlang geruht und ausgiebig gespeist. Alle brannten darauf, die fliehenden Nervier niederzumetzeln und die heiligen Orte zu plündern.
    Bereits nach einigen Stunden erreichten wir den Sabis. Links vom Fluß war ein stark bewaldeter Hügel, rechts davon eine kahle Anhöhe, die unsere Kundschafter als Lagerplatz bestimmt hatten. Cäsar schickte die Reiterei mit den Schleuderern und Bogenschützen los, um das Gelände genauer zu erkunden. Doch auch hier schien die Gegend unwirklich leer, als habe man sie der Anderswelt überlassen. Nur der warme Wind, der zwischen den Anhöhen ins Tal hinunterblies und die Birken und Sträucher melancholisch hin und her wippen ließ, täuschte Leben vor. Doch plötzlich waren sie da. Aus dem Wald sprengten keltische Reiter hervor. Mit unvorstellbarem Gebrüll stürzten sie sich auf die römische Reiterei. Doch kaum hatten sich die Männer formiert, traten die Nervier den Rückzug an und verschwanden in der Finsternis des Waldes, so schnell, wie sie gekommen waren. Doch nur wenige Augenblicke später preschten sie an anderer Stelle wieder hervor, griffen an, schlugen die verdutzten römischen und häduerischen Reiter nieder und verschwanden wieder im Schutze der Wälder. Niemand wagte sie zu verfolgen. Cäsar gab daraufhin Befehl, die Marschaufstellung zu ändern. Die sechs kampferprobten Legionen, über dreißigtausend Mann, gaben ihr Gepäck ab und marschierten nun an der Spitze der Kolonne in Kampfaufstellung.
    Ich ritt an Cäsars Seite. Er hatte meine Begleitung ausdrücklich gewünscht. Für ihn war ich wie ein Buch, das man sich zeitweise auslieh und wieder zur Seite legte, wenn man genug davon hatte. Ich glaube auch, daß er mir in diesem zweiten Kriegssommer bereits großes Vertrauen schenkte. Er schätzte mein Wissen, amüsierte sich über meine oft spöttischen Bemerkungen und duldete meine Kritik, denn in seinem tiefsten Innern war er mittlerweile von meiner Loyalität überzeugt. Und nicht zu Unrecht. Ich war ihm nicht mal mehr böse, daß er Luna ritt, den wunderbaren Schimmel des ermordeten Niger Fabius. Cäsar war ja nicht schuld an seinem Tod. Und ob Kretos, Silvanus oder dieser Mahes für diesen schändlichen Mord verantwortlich waren, würde ich wohl nie erfahren.
    »Druide, wenn du einem Menschen befehlen würdest, sich eine gallische Wildsau in den Mund zu schieben, er würde es nie im Leben schaffen. Zerlegst du das Tier aber in mundgerechte Portionen und gibst ihm ein paar Wochen Zeit, so wird er es mit Leichtigkeit schaffen«, sinnierte Cäsar. »Ihr Kelten seid wohl zahlreicher, vielleicht auch tapferer und mutiger, vielleicht auch stärker. Als gallische Wildsau seid ihr vielleicht sogar unbesiegbar, aber ihr selbst seid euer größter Feind.«
    »Nein, Cäsar«, widersprach ich, »wir sind ein freiheitsliebendes Volk. Wir haben kein Rom, das uns befiehlt, was wir zu tun und was wir zu lassen haben. Eine Zentralregierung nach dem Muster Roms ist in Gallien nicht möglich. Oder denkst du, daß du eine Herde gallischer Wildschweine dazu bringen könntest, in Keilformation anzutreten?«
    »Du magst recht haben, Druide, und doch hast du unrecht. Ihr wollt euch keiner Zentralregierung unterordnen, deshalb habt ihr auch kein stehendes Heer. Und gerade deshalb, weil ihr kein Rom in Gallien duldet, wird euch Rom unterwerfen. Und die Zentralregierung, die ihr in Gallien nie haben wolltet, wird euch von Rom auferlegt werden. Und sie wird römisch sein. Am Ende kriegt ihr also eine römische Zentralregierung, weil ihr eine gallische Zentralregierung abgelehnt habt.«
    Cäsar hatte völlig recht. Trotzdem widersprach ich. Um ihn zu ärgern.
    »Was gibt dir die Gewißheit, daß deine Feinde nicht von dir lernen werden, Cäsar?« fragte ich, nachdem wir eine ganze Weile stumm nebeneinander geritten waren.
    Cäsar schmunzelte und stützte sich mit beiden Händen hinter seinem Gesäß ab. So ritt er am liebsten. Die Arme nach hinten gerichtet, die Handballen auf dem ledernen Sattelrand aufgestützt, aufrecht und stolz, den Blick nach vorne gerichtet, ohne jedoch die Wälder und Hügel links des Weges aus den Augen zu lassen. Die Nervier im Wald machten ihm keine Angst mehr. Er ahnte längst, daß sie die offene Feldschlacht fürchteten und mieden.
    »Natürlich kann ein von Cäsar unterworfenes Volk von Cäsar lernen, aber es kann stets nur das lernen, was Cäsar gestern gewußt hat. Und das ist zuwenig, um morgen eine Schlacht zu

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