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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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meint man schließlich, alles besser zu wissen. Mit dreißig ist man sich dann sicher, dass man tatsächlich einiges besser weiß, und mit Ende dreißig fängt man an, sich zu fragen, ob es überhaupt so erstrebenswert ist, etwas besser zu wissen.
    Eisiger Ostwind blähte ungestüm Maxims dunklen Mantel auf. Es war Spätnachmittag, und im fahlen Dämmerlicht stand vor ihm keine verklärte Erinnerung, sondern eine völlig heruntergekommene Bruchbude. Die großen Fenster im Erdgeschoss des hohen Hauses waren mit vergilbten Zeitungen verklebt. Der einst nächtens erstrahlende Schriftzug Café der Nacht war lange abgenommen worden, doch es war ein hartnäckiger Restschatten auf dem Hausputz zurückgeblieben. Die harte Realität dieses Ortes war so weit von Maxims Vorstellung entfernt, dass ihn zuerst tiefes Grauen erfüllte, dann Scham. Die Art von Scham, einen alten, lieben Freund schmählich im Stich gelassen zu haben. Er hatte noch recherchiert, bevor er in den Zug gestiegen und nach München gefahren war. Ein paar Anrufe getätigt. Das Haus schien seit der tragischen Schließung des Cafés der Nacht auffallend glücklos gewesen zu sein. Die Mieter der oberen Etagen blieben niemals lange. Jeder Pächter, der versucht hatte, hier mit einer neuen Kneipe Fuß zu fassen, war innerhalb kurzer Zeit Pleite gegangen. Die letzten Jahre stand das Haus schließlich vollkommen leer, einsam und vergessen.
    Sehr zögernd trat Maxim an die Eingangstür heran. Was erwartete ihn drinnen? Er hob unwillkürlich die Hand und legte seine schlanken Finger behutsam auf das Fensterglas, das in die Haustür eingelassen war. Kühl, glatt, real. Ein schwerer, schwarzer Vorhang verbarg, was dahinter lag. Wie seltsam es sich anfühlte, nach zwanzig Jahren zurückzukehren. Wie ein Flüstern im Wind, erkennend ... Du bist hier – zu Hause?
    Maxim drehte langsam den Schlüssel im Schloss und drückte die schwere Tür auf. Seine Schritte hallten verloren in der Stille nach, als er in den großen Gastraum trat. Das beunruhigende Gefühl beschlich ihn, einen sakralen Ort durch sein Eindringen zu entweihen. Staub und Spinnweben trotzten dem allerdings recht unfein. Dennoch musste hier von Zeit zu Zeit jemand sauber gemacht haben. Die lange Theke verlassen, und doch ... blitzten ihn Donnas schwarze Augen an, schmal und misstrauisch wie eh und je, oder spielte das Licht nur frech mit dem Schatten?
    Runde Kaffeehaustische waren noch vorhanden. Die Stühle, umgedreht, reckten empört ihre Beine der hohen Decke entgegen, als würden sie jeden Augenblick zu strampeln anfangen und herunter springen, um ihren Dienst beflissen wieder anzutreten. Maxims Blick glitt über die Wände, die geradezu darum bettelten, neu gestrichen zu werden. Fast automatisch drehte er sich um und warf einen Blick zurück über die Eingangstür. Er lachte leise. Es war kaum zu glauben! Er war noch immer hier, genau dort, wo er hingehörte. Eine vergilbte Schwarzweißfotografie thronte über dem Türrahmen. Ein Portrait von Oscar Wilde, der wie ein Schutzheiliger über die Geschehnisse in diesen Räumlichkeiten wachte. Still amüsiert, als würde das, was er unter sich sah, seine Zustimmung finden.
    Neben der Kaffeehaustheke befand sich der Durchgang zum Treppenhaus, zu Delas Wohnung und der kleinen Pension im zweiten Stock. Maxim lächelte. Pension war ein äußerst wohlwollender Name für den chaotischen Unterschlupf von hungernden, aufstrebenden Künstlern. Doch etwas hielt Maxim davon ab, direkt nach oben zu gehen. Etwas ließ ihn davor zurückschrecken, durch die verlassenen Räume der Etagen über ihm zu wandern. Irgendwo schallte das Echo von ausgelassenem, verlorenem Lachen durch die leeren Räume. Es lief ihm eisig über den Rücken.
    Maxim ging zur Treppe am Ende des Raumes und stieg sie hinunter. Die ausgetretenen Steinstufen führten ins sagenumwobene Kellergewölbe, direkt in das Herz dieses verwunschenen Ortes. Eine leise Aufregung bemächtigte sich seiner. Er atmete tief den wundervoll vertrauten Geruch. Ein bisschen muffig, altes Holz und alter Stein. Die Wand neben den auslaufenden Stufen war noch immer in mehrere lauschige Nischen unterteilt. Als hätte keiner der Pächter gewagt, sie zu entsorgen, war unerwartet viel von der originalen Einrichtung erhalten. Maxim trat an den langen, gebogenen Jugendstiltresen aus dunklem Holz und betrachtete seine ehemalige Schaffensstätte mit unerwartet tiefer Zärtlichkeit. Er konnte nicht umhin, seine Finger im Vorübergehen

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