Calendar Girl
uns, für ein paar davon würde meine Chefin ihr linkes Auge geben. Ich drehe mich zu ihm und frage: »Ist das alles hier ganz allein für dich?«
Er wirft sich ein wenig in Positur und bejaht. Ich revidiere meine Einschätzung seiner Vermögensverhältnisse um zwei Nullen vor dem Komma nach oben und freue mich. Es wird ein Vergnügen sein, hier mit ihm zu arbeiten.
»Soll ich dir den Rest zeigen?«, fragt er. Ich nicke. Wir gehen durch eine Tür, hinter der eine Mischung aus Wohnzimmer und Umkleidekabine liegt. Davon geht ein großes Bad ab, dahinter - wie ich schon an dem Duft nach Holz und Aufgussaroma gerochen habe - liegt eine Sauna. Es gibt noch mehr Räume, aber die zeigt er mir nicht.
»Toll«, sage ich. »Das Haus hier gehört dir, oder?«
Er nickt beinahe gelangweilt.
»Was machst du beruflich?«
Werber. Klar. Er hat eine Agentur. Arbeitet aber nicht mehr Vollzeit, dafür hat er seine Leute. Ich bin neidisch und schlucke das Gefühl mühsam hinunter. Es ist ja meine eigene Schuld, wenn ich ständig knapp bei Kasse bin, so knapp, dass Fo mich mit durchziehen muss. Ich müsste nur Ma oder Babbo bitten ... aber das will ich nicht. Ma wollte, dass ich studiere. Babbo wollte, dass ich bei ihm einsteige. Ich habe beide vor den Kopf gestoßen und enttäuscht und jetzt muss ich das tun, was ich mir vorgenommen habe: Auf eigenen Füßen stehen und mir selbst eine Karriere aufbauen. Oder wenigstens meine Brötchen verdienen, damit ich nicht dauernd Fo auf der Tasche liegen muss.
Ich lächele Philipp an. Er ist schon mal eine gute Bank, was das Brötchenverdienen angeht. Was auch immer die anderen Mädels erschreckt haben sollte: ich bin fest entschlossen, mich nicht so schnell ins Bockshorn jagen zu lassen. Diesen Kunden halte ich mir warm!
»Okay«, sage ich und hole mein Netbook aus dem Rucksack. »Trainingsplan. Erzähl mir mal, was du so magst, worauf du Wert legst, was du mit dem Training vor allem erreichen willst.«
Er verschränkt die Arme und lehnt sich gegen den Türpfosten. Ich suche mir einen Platz, auf dem ich sitzen und tippen kann. Es kommt das Übliche: Ausdauer, Kondition, allgemeines Muskeltraining, Fitness. Das wird ein Spaziergang!
Ich frage ihn nach Erkrankungen und Einschränkungen, aber er ist fit, sagt er.
Ich tippe einen ersten Trainingsplan zusammen, den ich Punkt für Punkt mit ihm bespreche. Er scheint zufrieden zu sein. Ich bitte ihn, mir ein paar Übungen zu zeigen, das macht er. Ich ändere hier und da etwas am Plan - er hat gute Bauchmuskulatur, aber der Rücken schwächelt ein wenig - und schiebe den Plan auf die Speicherkarte, werfe sie aus und gebe sie ihm. Er dankt mit einem Lächeln, das mir fast die Füße weghaut. Wenn er seine Charmemaschine anschmeißt, geht vielleicht die Sonne auf! Ich merke, dass ich ihn mit offenem Mund anstarre und klappe eilig das Netbook zusammen. »Dann hole ich dich morgen Früh zum Laufen ab«, sage ich und er nickt.
Er bringt mich wieder nach oben, hält mir die Tür auf, verabschiedet sich sehr freundlich, und als ich zur Haltestelle laufe, merke ich, dass ich mich auf morgen freue.
6
Fokko lehnte am Tisch und trank kalt gewordenen Kaffee. Er betrachtete mit gerunzelter Stirn die beiden Models, die auf der beleuchteten Szenerie herumalberten. Cindy hatte außer ihren Nahtstrümpfen und Stilettos nichts am Leib, Gudrun steckte in einem Korsett, das die Brüste freiließ, und trug lange Handschuhe. Cindys lange, blonde Haare fielen offen über ihre Schultern, eine Strähne kringelte sich um ihren Nippel, Gudrun, schwarzhaarig, trug eine Hochsteckfrisur und lange Ohrringe.
Fokko schüttelte den Kopf. Die beiden Outfits passten nicht zusammen. »Cindy, umziehen«, sagte er.
»Anziehen, meinst du wohl?«, sagte Cindy vorlaut und kicherte.
Fokko grunzte nur und warf ihr einen Blick zu, der ihr Kichern schlagartig verstummen ließ. »Oh, Herr Tjarks hat schlechte Laune«, flüsterte sie vernehmlich.
Fokko knurrte nur und stapfte zum Garderobenständer. Er schob die Bügel klappernd gegeneinander, fischte ein weißes Tüllröckchen heraus und warf es Cindy zu. Mit einem strengen Blick zu ihr kehrte er an seinen Beobachterposten zurück und griff wieder nach dem Kaffeebecher.
»Besser«, sagte er. »Pose, bitte.« Er wartete, bis die beiden Frauen so weit waren, dann ging er zu seiner Kamera, die er auf ein Stativ gestellt hatte, und blickte auf das Display. Er brummte, schon weniger unglücklich als eben, und dirigierte seine Modelle,
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