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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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warum dauert das so lange, verdammt? Als ich das tun musste, war es in fünf Minuten vorbei. ›Soren‹, habe ich gesagt, ›Sie sind ein Weichei. Verschwinden Sie.‹ Das ist doch gar nicht so schwer.«
    »Und wenn er sich doch nicht dazu durchringt?«, fragte Souther.
    Sie seufzte.
    »Dann rufe ich Sie zurück und versuche, Sie zu überreden, sich auch ohne Befehl auf meine Seite zu schlagen.«
    »Ah«, erwiderte Souther mit einem kleinen Lächeln. »Und wie genau soll das vor sich gehen?«
    »Es gefällt mir nicht, wenn es ungünstig für mich aussieht, aber man weiß ja nie. Ich kann verdammt überzeugend sein.«
    Ein kleines Warnfenster wies sie darauf hin, dass eine neue Botschaft eingegangen war. Sie kam von Arjun.
    »Ich muss jetzt Schluss machen«, sagte sie. »Legen Sie immer ein Ohr auf den Boden, um zu horchen, oder was Sie auch sonst tun, wenn Sie keinen richtigen Boden haben.«
    »Passen Sie auf sich auf, Chrisjen.« Souther verschwand im grünen Hintergrund, als die Verbindung getrennt wurde.
    Die Messe, in der sie saß, war verlassen. Trotzdem konnte natürlich jederzeit jemand hereinkommen. Sie raffte die Säume ihres Saris und ging in ihre kleine Kabine. Ehe sie die neue Datei auf dem Terminal öffnete, zog sie die Schiebetür ganz zu.
    Arjun saß in Abendkleidung am Schreibtisch, nur die Knöpfe am Hals und an den Ärmeln waren geöffnet. Er wirkte wie ein Mann, der gerade von einer unangenehmen Party zurückgekehrt war. Hinter ihm strömte Sonnenlicht in den Raum. Vielleicht war es dort immer noch sonnig. Sie berührte den Bildschirm und folgte mit den Fingerspitzen dem Umriss seiner Schultern.
    »Wenn ich deine Nachricht richtig verstehe, kommst du vorläufig nicht nach Hause.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie zu dem Bildschirm.
    »Wie du dir vorstellen kannst, finde ich diesen Gedanken … beunruhigend.« Dann lächelte er, und das Lächeln spiegelte sich sogar in den Augen, die, wie sie jetzt sah, vom Weinen gerötet waren. »Aber was kann ich schon tun? Ich zeige meinen Studenten, was Poesie ist, und besitze in dieser Welt keine Macht. Du warst immer diejenige, die sich um solche Dinge gekümmert hat. Deshalb biete ich dir etwas an. Denk nicht über mich nach. Konzentriere dich nur auf das, was du letzten Endes auch für mich tust. Und wenn du nicht …«
    Arjun holte tief Luft.
    »Ob das Leben den Tod überdauert oder nicht, ich bin bei dir.«
    Er senkte den Blick und hob ihn wieder.
    »Ich liebe dich, Kiki. Ich werde dich immer lieben, so groß die Distanz auch ist.«
    Damit endete die Botschaft. Auf einmal kam ihr das Schiff mit seinen engen Räumen so vor wie ein Sarg. Die kleinen Geräusche, die es machte, bedrängten sie, bis sie am liebsten geschrien hätte. Bis sie schlafen konnte. Sie weinte einen Moment lang. Sonst konnte sie nichts tun. Sie hatte alles, was sie aufzubieten vermochte, in die Waagschale geworfen, und nun blieb ihr nichts als zu meditieren und sich Sorgen zu machen.
    Eine halbe Stunde später zirpte das Terminal erneut und weckte sie aus ihren unruhigen Träumen. Errinwright. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie hob einen Finger, um die Nachricht abzuspielen, dann zögerte sie. Sie wollte es nicht hören. Sie wollte nicht in diese Welt zurückkehren und die dicke Maske auflegen. Sie wollte Arjun zusehen. Seine Stimme hören.
    Nur dass Arjun natürlich genau wusste, was ihr wichtig war. Deshalb hatte er genau das gesagt, was sie vorher gehört hatte. Sie startete die Wiedergabe.
    Errinwright war wütend. Mehr als das, er war auch müde. Die Verbindlichkeit war verschwunden, und nun bestand er nur noch aus salzigem Wasser und Drohungen.
    »Chrisjen«, begann er. »Ich weiß jetzt schon, dass Sie es nicht begreifen werden, aber ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um Sie und Ihre Angehörigen zu beschützen. Sie verstehen nicht, worauf Sie sich eingelassen haben, und Sie bringen jetzt alles durcheinander. Ich wünschte, Sie hätten den Mut gehabt, sich mit alledem vorher an mich zu wenden, aber stattdessen sind Sie mit James Holden durchgebrannt wie eine verknallte Sechzehnjährige. Ehrlich, selbst wenn ich angestrengt nachdenke, fällt mir keine bessere Möglichkeit ein, die politische Glaubwürdigkeit zu zerstören, die Sie früher hatten.
    Ich habe Sie auf die Guanshiyin gesetzt, um Sie vom Spielfeld zu nehmen, weil ich wusste, dass bald scharf geschossen wird. Nun, so ist es auch gekommen, aber Sie stecken mittendrin und haben keinen Blick für das

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