Callboys - Die Schönen der Nacht
mehr Nächte, die er bei mir verbrachte. Dass ich bei ihm übernachtete, kam nicht infrage. Ich hatte seine Mutter kennengelernt. Sie war eine so winzige Frau, dass es kaum vorstellbar war, wie sie einen so riesigen Sohn zur Welt gebracht hatte. Dotty Stewart war ein echter Schatz. Sie hatte Elle aufgenommen, als sei sie ihre eigene Tochter, sodass ich mir nicht sonderlich viele Sorgen darüber machte, ob sie mich vielleicht nicht würde leiden können. Dennoch sahen wir sie nur selten. Dotty trauerte, indem sie viel Zeit mit ihren Freunden und ihren Schwestern verbrachte. Die wenigen Male, die ich vorbeikam, um Sam zu besuchen, war sie nicht zu Hause.
Obwohl Sam außer Jared und Shelly auch einige meiner Freunde getroffen hatte, die uns zufällig im Kino oder im Restaurant über den Weg gelaufen waren, hatte er bis jetzt meine Familie noch nicht kennengelernt. Nicht, dass unser Verhältnis ein Geheimnis gewesen wäre. In einer Stadt wie Annville gibt es keine Geheimnisse. Nicht wenn Mrs. Zook, die nebenan wohnt, häufiger als zwei- oder dreimal in der Woche dasselbe „fremde“ Auto bemerkt, das über Nacht auf dem Parkplatz vor meinem Haus steht. Die Zeiten, als die Telefongesellschaften noch Gemeinschaftsanschlüsse anboten, sind vorbei, aber nun haben wir E-Mail und Instant Messenger, und die Leute tratschen immer noch, wenn sie sich beim Einkaufen treffen.
Ich löste nicht gerade einen Skandal aus, aber Sam war definitiv kein Geheimnis.
Ich bin sicher, es brachte meinen Dad fast um, dass ich nicht darüber sprach, aber er hörte auf, einfach im Beerdigungsinstitut „vorbeizuschauen“, um mich zu kontrollieren. Das war mir nur recht. Ich vermisste es, dass er mich manchmal unerwartet zum Essen ausführte und dabei immer die Rechnung bezahlte, aber seine ständigen Einmischungen in meine Angelegenheiten, ganz gleich ob persönlich oder geschäftlich, vermisste ich nicht im Geringsten. Und ich kann nicht abstreiten, dass ich ein bisschen sauer über die Tatsache war, dass zum ersten Mal, seit ich die Firma von meinem Vater übernommen hatte, der Umsatz trotz der Pechsträhne, die ich kürzlich gehabt hatte, rascher denn jemals zuvor wuchs und ich ihm gegenüber nicht damit angeben konnte.
Wenn ich wollte, konnte ich Jared einen Ganztagsjob anbieten, nachdem er sein Praktikum beendet hatte. Ich konnte es mir sogar leisten, einen weiteren Praktikanten einzustellen. Verdammt, ich hätte mir ein bezahltes Date jede Woche anstelle von einem oder zwei im Monat leisten können, wenn ich nicht völlig kostenlos so viel heißen Sex bekommen hätte, wie ich mir nur wünschen konnte.
Es war großartig, dass die Firma gut lief, dass meine Investitionen in Werbung sich auszahlten, dass man in der Stadt anfing, mich als Nachfolgerin meines Vaters zu akzeptieren. Es war ein gutes Gefühl, einen notwendigen und lebenswichtigen Service anzubieten, den die Menschen annahmen. Und ich machte die Sache mehr als ordentlich. Ich war gut.
Tatsächlich war alles gut.
Ich hatte einen tollen Job und gute Freunde. Und schließlich, überraschenderweise, einen festen Freund, der mir Blumen schenkte und auf seiner Gitarre Liebeslieder für mich spielte. Angesichts des Geldes, das ich sparte, weil ich nicht mehr Mrs. Smiths Gentlemen bezahlte, dachte ich sogar daran, die Renovierung meines Apartments zu Ende zu bringen.
„Aber ich mag es, wie es ist“, protestierte Sam, als ich ihm davon erzählte. „Es hat einen gewissen glanzlosen Schick.“
Ich versetzte ihm einen Schlag gegen den Arm und griff nach der Schüssel mit Popcorn, die er sich unter den Nagel gerissen hatte. Die Füße bequem auf seinem Schoß und den Kopf auf die Kissen gestützt, hatte ich alle Trümpfe für mich – einen guten Blick auf den Fernseher und eine kostenlose Fußmassage.
„Muss ich dich tatsächlich daran erinnern, dass ich zumindest eine eigene Wohnung habe? Und meine eigene Bettwäsche?“ Das war ein häufiges Geplänkel zwischen uns. Sam hatte nicht vor, aus dem Haus seiner Mutter auszuziehen. Er behauptete, der Grund dafür sei, dass sie ihn dort brauchte, nun, da sein Vater nicht mehr lebte, aber ich vermutete, dass er einfach zu faul war, sich etwas Eigenes zu suchen.
„Hey. Ich habe eine Unterkunft. Und ich habe immer noch meine eigene Bettwäsche. Ich habe sie in New York eingelagert, das ist alles.“
„Für das Geld, das du für einen Lagerraum in New York bezahlst, könntest du in Annville ein ganzes Haus mieten, Sammy.“
Sam
Weitere Kostenlose Bücher