Callboys - Die Schönen der Nacht
wieder vorkommen. Aber es war nicht Shellys Fehler.“
„Hör auf, das zu sagen“, fauchte sie und ließ seine Hand los. Sie sah mich an. „Ignoriere ihn einfach.“
„Dann war es also dein Fehler?“ Ich gab mir große Mühe, nicht vor den beiden zu gähnen, obwohl mein Mund verzweifelt danach strebte, sich weit zu öffnen.
„Das meine ich nicht. Ich meine, dass es kein Fehler war.“
„Du willst also ernsthaft behaupten, Shelly, dass es ein angemessenes Verhalten ist, mit Jared im Untergeschoss meines Beerdigungsinstituts zu vögeln, während ihr beide arbeiten solltet?“
Wir starrten uns gegenseitig nieder, und ich will verdammt sein, wenn sie mich nicht noch arroganter ansah als vorher.
„Wir haben uns ein bisschen mitreißen lassen, aber wir haben nicht … getan, was du gesagt hast.“ Nun wurde sie doch rot, und auf ihren Wangenknochen erschienen zwei identische Kreise.
„Ihr hättet es aber getan, wenn ich nicht ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt hereingekommen wäre.“
„Wenn du nicht ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt hereingekommen wärst“, schnappte Shelly, „hättest du es nie erfahren.“
Jared und ich starrten sie an. Ich gewann als Erste die Fassung wieder. „Oh nein, du hast nicht gerade versucht, es so aussehen zu lassen, als wäre die Sache irgendwie mein Fehler?“
Shelly verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg. Wo war das schüchterne Mädchen geblieben, das mir Kekse gebacken hatte und in Tränen ausgebrochen war, wenn mein Dad es ein wenig schief ansah? Ich betrachtete Jared. Er musste einen Zauberstab in seiner Hose haben, und zwar handelte es sich um keinen guten Zauber. Er hatte Shelly in eine Hexe verwandelt.
Er schien ihre Veränderung ebenfalls nicht erwartet zu haben. „Shelly!“
Da begannen die Tränen zu fließen, Shelly verließ fluchtartig mein Büro und knallte die Tür hinter sich zu. Jared und ich starrten einander an, bis er sich auf einen der Stühle vor meinem Schreibtisch setzte. Mit einem Seufzer rieb er sich das Gesicht.
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Es ist irgendwie außer Kontrolle geraten.“
„Jared, ich kann nicht zulassen, dass hier solche Dinge geschehen. Das weißt du“, erklärte ich ihm und seufzte ebenfalls. Ich sehnte mich nach einer Tasse Kaffee. Nach einem Wodka. Nach einer Stunde Schlaf.
„Ich weiß. Aber sie hat mir erzählt, dass sie mit Duane Schluss gemacht hat, und da habe ich sie geküsst, und die Dinge nahmen ihren Lauf.“ Er hob den Kopf und sah mich an. „Hast du jemals etwas getan, von dem du schon in dem Moment, in dem du es tatest, wusstest, dass es dich in Schwierigkeiten bringen würde, und du konntest trotzdem nicht aufhören?“
„Hm … ja. Das habe ich. Aber nicht“, fügte ich streng hinzu, „bei der Arbeit.“
Jared lächelte mich schwach an. „Es wird nicht wieder vorkommen.“
„Das ist auch besser so. Ihr habt Glück, dass ich zu müde bin und hier in der Firma dringend Unterstützung brauche, sonst würde ich euch beide feuern.“
Er lächelte wieder, als ob er genau wusste, dass ich das nicht ernst meinte, und stand auf. „Danke, Grace. Ich gehe jetzt besser nach ihr sehen.“
„Sag Miss Hochnäsig, sie soll sich auf der Stelle wieder an die Arbeit machen.“ Ich war zu müde, um meinen Worten sonderlich viel Nachdruck zu verleihen. „Und wir müssen uns um Mrs. Grenady kümmern. Sei also in fünf Minuten wieder da, sonst bekommst du einen Tritt in den Hintern.“
Jared salutierte. „Ja, Ma’am.“
Gott. Ich war so was von keine Ma’am, aber das war nun auch schon egal. „Geh jetzt.“
Die nächsten Stunden verbrachten wir tatsächlich arbeitend. Jared redete voller Begeisterung über Musik, über das bevorstehende Wochenende, darüber, was er abends essen wollte. Er war derart in seiner eigenen rosaroten Verliebtheit gefangen, dass er meine eigentlich nicht hätte bemerken sollen, aber er hatte mich wohl dabei ertappt, wie ich heimlich vor mich hin lächelte, denn er startete einen Überraschungsangriff.
„Und, wer ist es?“ Jared ließ Wasser ins Spülbecken laufen und fing an, die Geräte zu reinigen, die wir für die Arbeit an Mrs. Grenady benutzt hatten.
„Vergiss nicht, dass wir noch mehr von der Reinigungsflüssigkeit bestellen müssen.“ Ich tat nicht so, als hätte ich ihn nicht gehört, sondern ich verweigerte ihm ganz bewusst die Antwort.
„Ja, Boss. Aber nun sag schon. Du grinst über das ganze Gesicht, und sonst siehst du immer total
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