Cambion Chronicles 1
Schwarms von Glühwürmchen. Bevor mich der Schlaf übermannte, flüsterte ich: »Ich fühle Freude.«
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich keine Ahnung, wie ich wieder ins Bett gekommen war. Ich spürte nur das berauschende Gefühl der Erfüllung, das meinen Körper durchdrang. Zwar verlangte mein Magen nach irdischer Nahrung, aber mein spiritueller Hunger war erst einmal gestillt.
Ausgestreckt in den Federn liegend, dachte ich an Caleb und an unsere so intensive Begegnung. Ich hatte von ihm getrunken, sein Leben in mich aufgenommen, und damit Wissen erlangt, das er selbst nie enthüllt hätte. Das übertraf alle anderen Intimitäten. Obwohl ich nur wenig genommen hatte, hatte ich einen Blick in sein Innerstes geworfen. Dieser Blick hatte jegliche Eifersucht auf die Frauen in seiner Vergangenheit vertrieben. Sie hatten nie seine Seele, sein Herz erreichen können.
Dieses Gefühl war auf jeden Fall meine neue Lieblingsdroge, und der Gedanke daran, erneut satt zu werden, machte meine Mitbewohnerin ganz aufgeregt. Sie schien unter meiner Haut zu summen und zu vibrieren und kratzte an meinem Kleinhirn wie ein Hündchen, das das Gassigehen nicht abwarten kann. Das war etwas, an das ich mich noch gewöhnen musste, und am besten fing ich gleich damit an.
Ich krabbelte aus dem Bett, ging zur Kommode und sah meinem Spiegelbild in die Augen. Das flackernde Licht in der Iris verriet mir, dass ich die Aufmerksamkeit meines fühlenden Wesens hatte. Ich kann nicht erklären, wie peinlich und absurd es war, sich mit seinem persönlichen Dämon zu unterhalten, also versuche ich es gar nicht erst. Ich wusste nur, dass es notwendig war, um die Karten auf den Tisch zu legen. Caleb hatte mir das Prinzip der Wiedererkennung erklärt, so gut er konnte, aber die Erfahrung musste ich einfach selbst machen. Ich begann mit einer einfachen Vorstellung.
»Lilith?«, rief ich.
Als Antwort lief mir ein eisiger Schauer die Wirbelsäule hinunter. Ich holte tief Luft und wusste, dass mein Verdacht sich bestätigt hatte. Das war Nadines Geist, und das hieß, dass er bereits einen Namen hatte.
»Wenn es dir nichts ausmacht, kann ich dich weiter Lilith nennen?«, fragte ich. »Ich glaube, Nadine würde das gefallen.«
Ein weiteres Kribbeln schoss durch mein Rückenmark.
»Also, Lilith, ich heiße Samara, aber du kannst mich … « Bevor ich den Satz beenden konnte, blitzte ein Bild vor meinen Augen auf:
Jetzt stand ich beim Kaffeeautomaten im Café, umgeben von klirrenden Kaffeebechern und zischendem Dampf in der Luft. Als ich mir den Schweiß von der Stirn wischte, bemerkte ich meinen hellhäutigen Arm und einen blonden Pferdeschwanz, der über meine linke Schulter fiel. Ich blickte hoch und sah ein junges Mädchen auf den Tresen zukommen, mit schwarzen Augen und unruhigen Händen. Ihre Haare waren lockig mit einem rot-weiß gefärbten Streifen auf einer Seite des Kopfes. Trotz ihres offensichtlichen Unbehagens freute sie sich anscheinend auf ihren ersten Tag. Ihr hochgerecktes Kinn verriet Stärke und Mut angesichts jeder Herausforderung, die da kommen mochte. Ich wusste sofort, dass ich diese Person mögen würde, und ich wusste, dass mein Geist von ihrer Anwesenheit profitieren würde.
Das Mädchen streckte die Hand aus und sagte: »Du musst Nadine sein. Linda hat gesagt, du würdest mir hier alles zeigen. Ich bin Samara, aber du kannst mich Sam nennen.«
Es war komisch, sich selbst so zu sehen – das war eine Sicht von außen, wie sie ein Spiegel nicht liefern konnte. Ein Sturzbach von Informationen überflutete mein Gehirn mit Gefühlen und Meinungen, die nicht meine waren.
Dieser Geist hatte mich schon gekannt, lange bevor ich ihn kennenlernte. Lilith hatte geliebt und getrauert wie ich und zeigte eine große Demut. Das Wesen in mir war eine intelligente Lebensform, die ihre Herkunft und ihre Vergangenheit kannte. Ich musste ihre Macht respektieren und sie als meine eigene annehmen.
Die Vibration hörte für einige Momente auf, als würde sie auf eine Antwort oder einen Befehl warten. Ihre offensichtliche Disziplin und dass sie sich zu bemühen schien, machte mir Hoffnung. Damit wir im Einklang leben konnten, damit ich ein normales Leben führen konnte, mussten wir zusammenarbeiten. Und es lag jetzt an mir, eine Verbindung herzustellen.
»Na gut, Lilith, jetzt gibt es also nur noch uns beide. Ich werde mein Bestes geben, um mich dir gegenüber anständig zu verhalten. Aber du wohnst jetzt in meinem Haus, und es gibt
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