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Camel Club 04 - Die Jäger

Titel: Camel Club 04 - Die Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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am Glimmstängel. »Verdammich, was tun Sie hier?«, lallte sie.
    »Ich bin auf der Suche nach meinem Vater durch diese Gegend gestreift, und plötzlich habe ich Sie weinen gehört. Es tut mir leid, Shirley, wirklich. Ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Bei so einem Verlust …« Annabelle setzte sich neben ihr auf die Stufe.
    »Wieso sind Sie durch diese Gegend gefahren?«
    »Der Sheriff sagte mir, mein Vater habe Willie Erste Hilfe geleistet. Ich weiß auch nicht … wahrscheinlich dachte ich, ich könnte hier irgendeinen Hinweis finden. In der momentanen Situation muss ich nach jedem Strohhalm greifen.«
    Diese Erklärung zerstreute Shirleys Misstrauen. Sie schnippte die Zigarette fort und rieb sich die Augen. »Er hat sich dafür interessiert, was mit Willie passiert ist«, sagte sie gedehnt. »Er kam deswegen auch zu mir.«
    »So?«, hakte Annabelle rasch ein. »Ich dachte, Sie wären ihm nie begegnet.«
    »Ich habe Sie angelogen«, gestand Shirley unumwunden. »Ich wusste ja nicht«, fügte sie eine schwammige Ausrede hinzu, »wer Sie sind oder was los ist.«
    »Kann ich verstehen.«
    Nervös strichen Shirleys Hände auf ihren Schenkeln vor und zurück. Unversehens zeigte sie mit dem Finger geradeaus. »Im Dunkeln gibt es vieles, das man erst sieht, wenn es zu spät ist.«
    »Stimmt. Worüber hat er mit Ihnen gesprochen?«
    »Er sagte, jemand hätte Willie ermorden wollen und hätte was in sein Tylenol-Fläschchen getan. Ich glaube, er dachte, ich hätt’s gemacht. Aber so was hätte ich Willie doch niemals angetan. An einem Abend war ich sogar in Willies Wohnmobil, um nachzusehen, was für Pillen er da aufbewahrt. Ich hatte nämlich selbst den Verdacht, irgendwer könnte versucht haben, Willie was Schädliches unterzuschieben. Bei der Gelegenheit bin ich Ihrem Vater begegnet, und er hat sofort mich verdächtigt. Aber ich hatte meinen Jungen doch lieb. Ich hätte ihm nie was Schlimmes getan.«
    Wieder begann sie zu schluchzen. Annabelle legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter. »Bestimmt hatte mein Dad nichts anderes vor, als behilflich zu sein.«
    Nochmals wischte Shirley sich die Augen trocken, atmete tief die frische Luft ein und beruhigte sich ein wenig. »Ist mir inzwischen klar. Und er hatte recht. Jemand hat Willie ermordet, so wahr ich hier sitze und mit Ihnen schwatze.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, wer es gewesen sein kann?«
    »Eine Vorstellung hab ich, klar.« Shirleys Wangen zitterten.
    »Möchten Sie mir was sagen?«
    »Warum?«
    »Shirley, wer Ihren Sohn ermordet hat, könnte das Gleiche mit meinem Vater vorhaben, weil er Willie helfen wollte.«
    »Ach, ich weiß nicht. Ich weiß einfach nicht mehr ein noch aus.«
    »Ich möchte Ihnen ja gern zur Seite stehen. Sie können mir vertrauen.«
    Shirley packte Annabelles Hand. »Du lieber Gott, Mädchen, wissen Sie überhaupt, wie lange es her ist, dass ich in diesem verfluchten Nest das letzte Mal jemandem vertraut habe?«
    »Vertrauen Sie mir, und ich helfe Ihnen. Ich verspreche es.«
    Shirley heftete den Blick auf die Überreste des Wohnmobils. »Als mein Vater damals bei dem Grubenunglück ums Leben kam, hat’s uns alle tief ins Herz getroffen. Menschen sterben, klar, aber man kann von ihnen Abschied nehmen, sie anständig bestatten, oder so sollte es wenigstens sein. Aber bei Grubenunglücken ist es nicht so. Wissen Sie, was Sie kriegen? Ein Beileidsschreiben von der Zeche, das irgendein elender Anwalt so formuliert hat, dass man von keinem der Firmenbosse behaupten kann, er hätte ein Schuldeingeständnis oder sonst was von sich gegeben, das man gegen das Unternehmen verwenden könnte. Wissen Sie, was das heißt, Schuldeingeständnis? Ich arbeite als Justizangestellte, ich weiß, was solcher Mist bedeutet.«
    »Ja, es ist schrecklich«, sagte Annabelle und hielt Shirleys Hand, um sie zum Weitersprechen zu ermutigen.
    »Die Zeche wollte keinen Finger rühren, also taten sich die anderen Bergleute zusammen, um einen Parallelstollen zu graben und so vielleicht zu den Verschütteten vorzudringen. Tag und Nacht haben sie geschuftet und sich Ausrüstung von jedem geliehen, der infrage kam. Das alles war lange vor dem Internet. Die meisten Leute in der Gegend hier hatten noch nicht mal Fernsehen. Deshalb wusste kein Mensch, was eigentlich geschah. Meine Mutter und ich und all die anderen Frauen, wir haben gekocht, gewaschen und Schlafplätze für die Männer errichtet, während sie unter Tage waren. Und was haben die sich abgerackert! Schräg

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