Camel Club 04 - Die Jäger
Mir-gehört-die-Welt-Caleb, der weder Tod noch Teufel fürchtet?«
Caleb musterte sie mit unzufriedener Miene. »Ach, was soll’s. Wahrscheinlich rennen wir bei diesem Abenteuer sowieso in den Tod.« Er verzog das Gesicht und biss in eine dicke Scheibe gebratenen Bauchspeck.
KAPITEL 45
Die Pforte des Landgerichts war unbesetzt, als Stone das Gebäude betrat. Er wartete einen Moment und betrachtete die Kartons, die an einer Wand aufgestapelt standen. Dann schlich er hin, hob einen Karton vom Stapel und warf einen Blick hinein. Der Karton war voller Formulare. Offenbar handelte es sich um eine der Lieferungen von Beglaubigungsurkunden für das Bergwerk, die Richter Mosley erwähnt hatte. Außerdem entdeckte Stone eine Art Lieferschein. Stone starrte auf die Reihen aufgetürmter Pappkartons – es waren ungefähr achtzig Stück – und fragte sich, wie Mosley bei einer derart stumpfsinnigen juristischen Routinetätigkeit noch einen Funken Verstand behalten konnte.
Er hörte jemanden kommen, warf den Lieferschein auf einen Karton und huschte zurück zu dem großen Empfangsschalter in der Mitte des Foyers. Einen Moment später kam Shirley Coombs aus einer Innentür, den Blick auf ein Bündel Papiere in ihrer Hand gerichtet. Dann schaute sie auf und stieß einen gedämpften Schrei aus, als sie Stone im Foyer stehen sah.
»Sie arbeiten hier?«, fragte Stone.
Eine Hand auf die Brust gedrückt, nickte Shirley. »Sie haben mich erschreckt.«
Stone ließ den Blick schweifen. »Sind Sie die Sekretärin des Richters?«
»Ich bin Justizangestellte«, entgegnete sie in eisigem Tonfall. »Seit vielen Jahren schon. Wieso? Sehe ich nicht wie eine Justizangestellte aus? Oder bloß wie eine gewöhnliche Sekretärin?«
»Ich habe Willie besucht. Er ist auf dem Weg der Besserung.«
Shirley machte sich daran, auf dem Tisch des Empfangsschalters Unterlagen zu sortieren. »Ich werde ihn bald besuchen.«
Na klar. »Draußen parkt ein Caddy mit einem Sonderkennzeichen.«
»HKDR?«
»Genau.«
»Das ist Richter Mosleys Auto.«
»Wofür steht HKDR?«
»Hier kommt der Richter.« Shirley antwortete in einem Tonfall, als wäre Stone ein Idiot, weil er nicht von selbst darauf gekommen war.
»Haben Sie alles gefunden, was Sie in Willies Wohnmobil gesucht haben?«
»Wie bitte?«
»Ich glaube, Sie hatten in Willies Wohnmobil ein Fläschchen Tylenol zurückgelassen«, sagte Stone. »Ich hatte es bei mir, aber es ist mir verloren gegangen.« Vielsagend musterte er sie und rieb sich dabei am Hinterkopf. Wozu soll ich bei ihr noch diplomatisch vorgehen?
Shirley sah Stone an, als hätte er eine Pistole auf sie gerichtet. »Was reden Sie da? Ich habe nichts zurückgelassen.«
»Sind Sie sicher?«
»Natürlich bin ich mir sicher. Außerdem nehme ich Advil. Schon die ganze Zeit seit dem Tylenol-Skandal.«
»Willie meinte, es müssten noch Pillen im Fläschchen sein, aber als ich es fand, war es leer. Und jetzt ist es verschwunden. Vielleicht wollte jemand es dringend haben.«
»Ein leeres Fläschchen? Wozu?«
»Es könnten ja Rückstände darin sein.«
»Was für Rückstände?«
Stone sah ihr an, dass sie log. Jedes Zucken in ihrem Gesicht, jedes Zittern in ihrer Stimme verriet es. Sie war es gewesen. Sie hatte versucht, den eigenen Sohn umzubringen.
Bleibt immer noch die Frage, wer mich in die Schlangengrube geworfen hat, denn unsere Miss Justizangestellte mit ihren Stilettos und Pall Malls war es bestimmt nicht.
»Man kann nichts von dem glauben, was Willie schwafelt. Diese Jungs sind andauernd high.«
»High war er durch ein Stimulans, nicht durch einen Downer. Aber nach Auskunft der Klinik hatte er Oxycodon im Blut. Das ist ein Downer.«
»Willie weiß gar nicht, was er alles schluckt. Wahrscheinlich hat er’s vergessen.«
»Oder jemand wollte genau diesen Eindruck erwecken.«
Sie blickte ihn scharf an. »Was soll das heißen?«
»Vielleicht hat jemand gewollt, dass es so aussieht, als hätte er sich versehentlich eine Überdosis verpasst.«
»Weshalb sollte jemand seine Zeit damit vergeuden, Willie umzubringen?«, spöttelte Shirley. »Zu welchem Zweck? Es ist doch nicht so, dass er Geld hätte.«
»Geld ist nicht das einzige Motiv, aus dem Morde verübt werden.«
»Warum denn sonst?«, fragte Shirley beinahe furchtsam.
»Willie hat mir erzählt, dass er Debby Randolph einen Heiratsantrag gemacht hatte. Wussten Sie davon?«
Bei dieser Frage lief Shirley rot an. Sie kramte in ihrer Handtasche und klaubte eine
Weitere Kostenlose Bücher