Capitol
Hohngelächter aus jeder Konferenz gejagt, Dr. Manwaring.«
»Dann tun Sie mir wenigstens einen Gefallen und nennen Sie den Artikel ›Die Entdeckung der Seele‹. Denn das, so meine ich, haben wir hier gefunden. Vielleicht lebt sie nach dem Tode nicht weiter, aber ich bin verdammt sicher, daß es sich um eine innere Kraft handelt, die äußere Handlungen steuert. Das echte Unbewußte. Freud wäre stolz auf Sie. Obwohl Freud ein Idiot war.«
Sie lachten. Sie aßen gemeinsam. Und am nächsten Tag, als George Dr. Manwaring zum Flugplatz brachte, blieb er noch eine Weile und beobachtete die Flugzeuge beim Start. Er war irgendwie überrascht, daß die Maschinen im Inlandverkehr noch die normalen Flugpläne einhielten. Frankreich hatte am Vortage kapituliert – Millionen von amerikanischen Soldaten kehrten entsprechend den Vertragsbedingungen nach Hause zurück. Großbritannien war im Begriff ein Satellitenstaat Rußlands zu werden. Dreißig Wochen lang war ein Krieg geführt und verloren worden, und während dieser ganzen Zeit hatte Amerika weitergemacht, hatte keine Rationierung eingeführt, hatte sich nicht einmal den Gürtel enger geschnallt. Der Flugverkehr funktionierte immer noch reibungslos. Und die Mittel für Georges Forschungsprojekt, das ausgerechnet der menschlichen Seele galt, flossen ununterbrochen weiter.
Kein Wunder, daß wir verloren haben, dachte George. Wir merken es nicht einmal, wenn wir im Krieg sind.
Er ging ins Labor zurück und faßte einen Entschluß. Das nächste Experiment sollte einem völlig anderen Zweck dienen. Die Schläfer waren nicht mehr zu retten. Somec aber. Somec konnte trotz allem von Nutzen sein.
Am nächsten Morgen ließ er seinen eigenen Gehirninhalt aufzeichnen, und während die Assistenten noch darüber rätselten, warum der Boß das wohl getan habe, ging er in ein anderes Labor, füllte eine Spritze mit der normalen Dosis Somec und injizierte sie sich vor den Augen eines entsetzten Graduierten.
Rasch und schmerzhaft gelangte es in seinen Kreislauf, und er war überrascht. »Dr. Rines!« schrie der Student. »Das war Somec!«
»Ich weiß«, antwortete er ungeduldig. »Und es brennt wie die Hölle. Die Gehirnaufzeichner haben ein Band mit meinem eigenen Gehirninhalt. Lassen Sie mich ein paar Tage liegen, führen Sie dann die Wiederbelebung durch und geben Sie mir die Aufzeichnung wieder ein.«
»Warum haben Sie denn diesen Selbstversuch gemacht?«
»Menschen als Versuchskaninchen zu benutzen ist ungesetzlich. Ich habe mir geschworen, mich nicht anzuzeigen.« Heiß spürte er das Somec in den Adern, jede Erinnerung schwand, und er schlief ein.
*
Völlig desorientiert wachte er auf. Er wußte noch, daß er sich hingesetzt hatte, um die Aufzeichnung vornehmen zu lassen, er erinnerte sich an den Helm auf seinem Kopf und an die Nadeln, durch die der Strom floß. Und nun lag er plötzlich von seinen Assistenten umringt auf einem Bett in der Patientenabteilung des Labors.
»Guten Morgen«, sagte er.
»Sie sind ein Idiot«, sagte Doran Waite. »Wissenschaftler probieren heutzutage nicht mehr ihre eigenen Zaubertränke.«
»Nach dem Gesetz durfte ich keinen anderen bitten, es zu tun, und wir mußten es erfahren.«
»Das werden wir ja jetzt auch. Und wenn wir uns hinsichtlich der Ratten geirrt haben. Und nicht einmal mehr Ihre eigenen Gehirnmuster in Ihren Kopf passen, was werden Sie dann tun?«
»Dann werde ich aus dem Verkehr gezogen sein, bevor die Russen kommen.« George lachte. Die anderen nicht.
Während sie abwarteten, was mit George geschehen würde, arbeiteten sie weiter. Sie untersuchten eine Testgruppe, um festzustellen, ob nach der Anwendung von Somec tatsächlich noch Resterinnerungen blieben. Sie führten bei fünf anderen Patienten eine Wiederbelebung durch, ohne ihnen irgendwelche Gehirnaufzeichnungen wieder einzugeben. Sie verhielten sich wie Kleinkinder und hatten nicht die geringste Kontrolle über ihren Körper. Nach zwei Wochen hatten sie keine größeren Fortschritte gemacht als ein Kleinkind im gleichen Alter, und man gab ihnen erneut Somec.
Aber George verspürte nicht die geringsten ungünstigen Auswirkungen. »Keine Desorientierung«, sagte er seinen Assistenten, die ihn interviewten. »Ich habe nicht das Gefühl, daß meine Erinnerungen falsch sind. Ich fühle mich großartig.«
Als das fünf Wochen lang so blieb, machte er sich daran, seinen Abschlußbericht zu schreiben. Er brauchte mehr als einen Monat, da sehr viele Unterlagen
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