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Capitol

Capitol

Titel: Capitol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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gesichtet und interpretiert werden mußten. Die Schlußfolgerung war im Grunde diese: Den Leuten, die jetzt schliefen, war nicht zu helfen, aber wenn man die Gedächtnisinhalte eines Menschen aufzeichnete, dann Somec verabreichte und ihm nach dem Erwachen das Band wieder einspielte, konnte man diesen Menschen ohne Schädigung für beliebige Zeit am Leben erhalten. Das bedeutete, daß es jetzt möglich war, Leute, die an unheilbarem Krebs litten, gefahrlos einzuschläfern und sie wiederzubeleben sobald eine Heilung möglich war. Es bedeutete, daß man jetzt eine Mannschaft in ein Raumschiff stecken konnte, die dann den Sternen entgegenschlief, um am anderen Ende wieder aufzuwachen, vermutlich ohne schädliche Auswirkungen – obwohl man natürlich nicht die Zeit gehabt hatte, die Wirkung des Somec über mehrere Jahrhunderte zu testen. Aber es bedeutete, daß es eine Chance gab.
    Es bedeutete, daß eine Art Unsterblichkeit in den Bereich des Möglichen gerückt war.
    Und mit dem Bericht in der Hand – oder vielmehr in der Aktentasche – flog George Rines nach Washington zurück und suchte sofort Senator Maxwells Büro auf. Der Senator nahm an einer Konferenz teil. George wartete. Und als der Senator zurückkam, ließ George ihm keine Zeit zu einer Begrüßung.
    Nachdem George in ein paar Minuten erklärt hatte, was eine Kombination von Somec und dem Aufzeichnen von Gehirninhalten bedeuten konnte, schüttelte der Senator müde den Kopf.
    »Raumschiffe, George? Unsterblichkeit? Wer kümmert sich jetzt noch einen Dreck darum?«
    So dick hing die Verzweiflung im Raum, daß George sich dabei ertappte, daß er die Luft anhielt, wie um sie nicht einatmen zu müssen. Einen Augenblick vorher war er begeistert gewesen, hatte fest geglaubt, Senator Maxwell mit seiner Begeisterung anstecken zu können.
    Statt dessen reichte der Senator ihm eine kurze Pressemitteilung. »Lesen Sie. Der Präsident liest sie gerade der Presse vor.«
    Die Mitteilung besagte:
    »Heute sind russische Truppen von Quebec aus in den Staat New York und in Maine eingedrungen. Die Nationalgarde versucht, mit der Notsituation fertig zu werden, während Einheiten der US-Armee sich im Anmarsch auf das bedrohte Gebiet befinden. Wir glauben, daß wir in Kürze der Aggression Herr werden, aber inzwischen erfolgt die geordnete Evakuierung der Städte New York, Buffalo, Rochester und anderer größerer Städte, die für den Feind offenbar die Hauptziele sind.
    »Während der ganzen Zeit unserer Administration haben wir uns bemüht, wenigstens den Anschein einer Detente zu wahren. Wir haben für den Frieden gekämpft. Möge das Urteil der Weltmeinung entscheiden, ob unsere Anstrengungen ausreichend waren. Aber die Zeit des Friedens und der Zurückhaltung ist nun zu Ende. Wir werden und müssen um den Bestand unserer großen Nation kämpfen.
    »Weil ich weiß, daß die Frage gestellt werden wird, will ich sie gleich beantworten. Werden wir Kernwaffen einsetzen? Die Antwort ist ein uneingeschränktes Nein. Ich wünschte, ich könnte sagen, daß die Gründe dafür altruistischer Natur sind. Aber Blut wird in jedem Fall vergossen werden. Der Grund, warum wir diese Waffen nicht einsetzen ist folgender: Luftaufnahmen zeigen, daß die Russen ihre Raketen schließlich doch nicht aus Quebec und Cuba abgezogen haben. Heute haben sie die Tarnung aufgehoben, damit wir erkennen, daß jeder Versuch, unsere eigenen Raketen zu starten, zum Scheitern verurteilt wäre. Noch während der Abschlußvorbereitungen würde der Feind uns zerstören. So einfach ist das. So werden wir zu Lande, in der Luft und auf der See den Krieg mit konventionellen Waffen führen und uns, so Gott will, behaupten. Beten Sie für unsere Soldaten, und beten Sie für ihre Kommandeure.«
    Langsam ließ George das Papier auf den Schreibtisch des Senators sinken.
    »Wir haben über den Tag, an dem die Russen kommen, immer Witze gemacht.«
    Der Senator vergrub das Gesicht in den Händen. »Die Pressemitteilung erzählt nicht einmal den Anfang der Geschichte, George. Die Russen treffen auf gar keinen Widerstand.«
    »Aber die Nationalgarde –«
    »Die Nationalgarde fällt bei jeder Feindberührung auseinander und läuft davon. Die Nationalgarde nimmt ihre Waffen und geht nach Hause, vermutlich, um ihre Familien zu schützen. Und wir haben alle gesehen, was unsere Armee in Europa ausrichten kann. Sie kann laufen. Aber sie kann nicht kämpfen.«
    »Aber ich dachte –«
    »Niemand hat gedacht. Sie kümmern sich alle

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