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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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dass ich sie nicht mehr spüre, und in meinen Wimpern glitzern gefrorene Tränen. Die blinde Spiegelscherbe in meinen Händen bebt im Rhythmus der Böen mit. Kleine Eiskristalle haben sich an seinen Rändern gebildet. Sie schmieden meine Haut an das Glas. Es wäre schön, wenn dieser Wind alles in mir einfrieren könnte.
    Einzelne Schneeflocken rieseln lautlos durch die Luft. Sie sterben, sobald sie den Boden berühren.
    Wie diese Eiskristalle treiben die immergleichen Fragen durch meinen Kopf, quälen mich mit Möglichkeiten, die niemals sein können, Hoffnungen, die schon längst geschmolzen sind, wie dieser Schnee auf meiner Haut. Was ist stärker? Mein Schicksal oder mein Wille? Die Macht einer uralten Prophezeiung oder unsere Liebe?
    Alles ist vergänglich und dennoch kann ich nicht anders, als zu wünschen. Ich spreche die Worte aus, aber der Brunnen ist bodenlos und sein schwarzes Wasser hat meinen Goldtaler schon lange verschluckt.
    Am meisten vermisse ich dein Lächeln, dieses verschmitzte, halb verborgene Lächeln, das doch so viel von deinem Wesen preisgab.
    Abwenden sollte ich mich, meinen Wünschen den Rücken kehren und vergessen, dass es dich jemals gab. Nur wie kann ich dich vergessen, wenn ich es nicht will?
    Es ist so schmerzhaft und doch kann ich nicht anders, ich kann nicht anders, als unsere Geschichte immer wieder im Geiste zu erleben. Ich sehe dich im Nebel vor mir, wie du das erste Mal in meinem schäbigen Zimmer erschienen bist. Ich hatte solche Angst und doch hatte ich mich nie zuvor so lebendig gefühlt.
    Arun ...
    Dein Name ist wie kühlende Mondstrahlen in meiner Seele, wie ein bittersüßes Ziehen in meiner Brust. Es tut mir leid, es tut mir so unendlich leid.
    Das Geräusch von Glas auf Stein in meinem Rücken und kurz darauf ist da ein warmer Körper, der von hinten an mich herantritt. Ich betrachte die Hände des Engels, wie sie sich um meine Hände schließen, die Scherbe sanft aus meinen Fingern lösen und sie in einem weiten Ärmel seines Gewandes verschwinden lassen.
    Lurian legt eine Hand auf meine Schulter, und ohne es zu wollen, zittere ich plötzlich. Bis eben war mir nicht wirklich bewusst, wie kalt es ist.
    „Er wusste es“, sagt Lurian leise. „Arun wusste immer, dass es dein Schicksal war, Marmon zu besiegen und seinen Platz einzunehmen. Ihm war klar, dass er dich nicht … behalten konnte.“
    Meine Finger verkrampfen sich. Es schmerzt. Ich senke meinen Blick und sehe, dass sie blaugefroren sind. Wie lange stehe ich schon an diesem Fenster? Es fühlt sich nicht an wie zwei Jahre, doch das ist die Spanne die vergangen ist, seit ich dich das letzte Mal sah. Die Zeit scheint an diesem Ort anders zu vergehen, langsamer und schneller zugleich, als würde man in zwei Richtungen gezogen. Der Nebel verhindert Tag und Nacht und so dämmere ich in diesem Zwielicht dahin, aus dem es kein Erwachen gibt.
    Ich kralle mich mit aller Kraft an der Vergangenheit fest, auch wenn sie beständig schemenhafter wird, als versänke auch sie in Nebel. Oder bin ich es, die versinkt?
    „Wenn ein Varuh zum Bewahrer einer Prophezeiung wird“, fährt Lurian fort, „dann obliegt es ihm nicht nur, das Wissen über die Prophezeiung zu hüten.“
    Der Engel zieht mich näher an sich heran, bis ich im warmen Kreis seiner Umarmung stehe. Zitternd warte ich auf seine nächsten Worte.
    „Es war an Arun, die Prophezeiung zu bewahrheiten. Es war seine Pflicht, dir zu helfen. Das Schwert zu schmieden und dich schlussendlich in Marmons Berg zu führen. Hat er dir das nie gesagt?“
    Lurian wartet geduldig, doch ich kann nichts sagen, nur immer und immer wieder den Kopf schütteln. Schließlich zieht Lurian mich an sich, bis ich das Gefühl habe, in einem Käfig zu stehen.
    „Ich hätte dich auch verführen können“, flüstert er mit sanfter Stimme an meinem Ohr. „Ich habe es mir sehr einfach vorgestellt. Dich der Sonne entgegenzutragen, dir den edelsten Schmuck zum Geschenk zu machen. Ich habe davon geträumt. Du warst mein.“ Der Geruch von wildem Honig umschmeichelt mich. Lurian dreht mich zu sich herum, legt eine Hand an mein Kinn und hebt es an. In seinen Augen liegt eine seltsame Mischung aus Mitgefühl und Reue. „Aber du hattest dein Herz von Anbeginn der Nacht gegeben.“ Er seufzt leise, lässt seine Hand sinken und tritt zurück.
    Als könnte ich meinen Kopf nicht aus eigener Kraft hochhalten, sinkt mein Kinn auf meine Brust. Ich betrachte die Risse im Steinboden und frage mich, warum mir

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