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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Bibliothek, und wenn jemand kommt – und das gilt für jeden –, ich
bin nicht zu Hause.«
    Sogar als
der Squire allmählich milder gestimmt wurde, weil seine Füße in den Pantoffeln
sich am Kamin erwärmten, die Vorhänge den aufkommenden Sturm nicht sehen ließen
und die Flammen des flackernden Kohlenfeuers sich golden in seinem Brandyglas
widerspiegelten, war er froh, allein zu sein.
    Er hatte
sein malerisches Landhaus vor etwa zwölf Jahren bauen lassen, um das alte
Tudor-Herrenhaus zu ersetzen, das nicht mehr im besten Zustand gewesen war. Er
hatte etwas Einfaches gewollt und betrachtete seine fünfzehn bezaubernden
Räume, die mit französischen Tapeten und erlesenen Möbeln, mit Gemälden und kostbarem
Porzellan ausgestattet waren, als für seine Bedürfnisse genügend; seine Frau
und seine Tochter waren schon vor langer Zeit gestorben. Die Decken waren
niedrig und mit Holz verkleidet, die goldenen Lettern der in Kalbsleder
gebundenen Bücher, die an den Wänden der Bibliothek aufgereiht waren, blinkten
anheimelnd im sanften Schimmer der Öllampen.
    Als ein
heftiger Regenguß an die Fenster klatschte, schmunzelte der Squire zufrieden
und kuschelte sich tiefer in seinen Lehnstuhl. Er nippte an seinem Brandy und
öffnete ein Buch.
    Als der
Wind ein wenig abflaute, hörte er das Klipp-Klapp von Pferdehufen die kurze
Auffahrt heraufkommen.
    Der Vikar.
    Er drückte
sich noch ein wenig tiefer in seinen Lehnstuhl und lauschte schuldbewußt der
Ankunft des Freundes, dem Klopfen an der Haustür und dem sanften Gemurmel des
Dieners.
    Dann schloß
sich die Tür, und es war nur noch das Heulen des wieder einsetzenden Windes zu
hören.
    Der Wind
war so heftig, daß Squire Radford nicht hörte, wie der abgewiesene Vikar
davonritt.
    Doch
plötzlich erhob sich der Squire und ging zu dem Bibliotheksfenster, das seinem
Stuhl am nächsten war; dort zog er die Vorhänge beiseite. Er stieß einen
erschrockenen leisen Schrei aus und trat vom Fenster zurück; seine runzligen
alten Hände hielt er vor den Mund.
    Ein
abscheuliches, vierschrötiges, aufgedunsenes, verzerrtes Gesicht war an die
Scheibe gepreßt.
    Dann zog
sich das Gesicht ein wenig zurück und verwandelte sich dabei in das von
Hochwürden Armitage. Dieser sagte etwas, aber der Squire konnte ihn wegen des
Sturms nicht verstehen. Immer noch zu erschrocken, um wieder ganz bei Sinnen zu
sein, machte der Squire schlaffe Handbewegungen, um dem Vikar zu bedeuten, er
möge zum Vordereingang zurückgehen.
    Dann zog er
die Vorhänge wieder zu und setzte sich mit immer noch pochendem Herzen in den
Lehnstuhl beim Feuer.
    Nach
kürzester Zeit stürmte der Vikar herein.
    Er war ein
untersetzter, rundlicher Mann, der normalerweise einen Schaufelhut, einen
Pfeffer-und-Salz-Anzug und Gamaschen trug. Der Squire dachte oft, daß der Union
Jack auf seiner Brust ihn in einen perfekten John Bull verwandeln würde.
    Aber
diesmal stellte der Vikar eine eher seltsame Figur dar. Sein Gesicht war
geschminkt und die Wangen künstlich gerötet; er trug eine aufwendige Halskrause
und Abendkleidung, seine hautenge Hose war in Schaftstiefel gezwängt. Wenn er
sich bewegte, quietschte und knarrte es unmißverständlich.
    »Korsett,
Charles?« erkundigte sich der Squire schwach.
    »Quatsch«, sagte der Vikar und
wurde noch ein bißchen röter. »Es sind meine alten Knochen, die knarren. Bei
einem solch ver dammten Sauwetter ausgesperrt zu sein, tut meinen alten
Knochen nicht gerade gut. Aber jetzt bin ich ja hier, und das ist die Hauptsache.«
    Er setzte
sich gegenüber vom Squire ans Feuer und schenkte sich selbst ein Glas Brandy
ein, noch bevor er seinen tropfenden Hut abnahm und auf den Kamin legte, wo er
zu dampfen begann.
    Sein
schütteres braunes Haar war kunstvoll gekräuselt und pomadisiert, so daß es
wie ein Hahnenkamm in die Höhe stand, was ihm ein Aussehen permanenten
Überraschtseins verlieh.
    Er stürzte
sein Glas Brandy in einem Zug hinunter, schüttelte sich, blickte ins Feuer und
seufzte kummervoll.
    Der Squire
sagte nichts, also seufzte der Vikar ein bißchen vernehmlicher und schaute
seinen Freund aus den Winkeln seiner zwinkernden Knopfaugen an.
    Schließlich
gab der Squire nach.
    »Was ist
los, Charles?« fragte er mit seiner hohen, klaren Stimme.
    »Ich habe meinen
Glauben verloren«, klagte der Vikar. »Einfachso. Gerade
wie der Dingsda auf der Straße nach Irgendwo.«
    »Er hat ihn
nicht verloren, er hat ihn gefunden«, sagte der

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