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Carina - sTdH 3

Carina - sTdH 3

Titel: Carina - sTdH 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Harry sanft. »Ich frage mich nie etwas. Es ist zu ermüdend. Und
ich bin überzeugt davon, daß Sie es mir zu gegebener Zeit schon sagen werden.«
    Der Vikar
sah ihn verwirrt an. Dann dachte er an das Vermögen des reichen Onkels und
lehnte sich vor, um Lord Harrys Knie in onkelhafter Weise zu tätscheln.
    Lord Harry
schaute den Vikar an, schaute auf die Hand auf seinem Knie und schaute wieder
den Vikar an. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich dabei kein bißchen, aber
der Vikar wurde ganz rot und zog eilends seine Hand zurück.
    »Schauen
Sie her, es steht so«, brachte Hochwürden Charles Armitage schließlich heraus
und begann zu schwitzen. »Ich habe gehört, daß Sie heiraten müssen, um das
Vermögen Ihres Onkels zu erben.«
    Es blieb
lange still. Eine Schmeißfliege, ein Überbleibsel vom Sommer, brummte gegen das
Fenster. Ein Holzscheit knisterte in der Glut, und von allen Seiten schlugen
die Uhren die halbe Stunde.
    »Ja«, sagte
Lord Harry schließlich. »Ich komme.«
    »Sehr gut,
ich schicke Ihnen eine Karte«, stotterte der Vikar, der es plötzlich eilig
hatte, zu verschwinden.
    Lord Harry
streckte Armitage eine lange, weiße, schlanke Hand entgegen, als sich der Vikar
erhob.
    »Sind Sie
sicher, daß Ihre Tochter gefühlsmäßig noch ganz ungebunden ist?«
    »Ja«, sagte
der Vikar, froh, endlich einmal die Wahrheit sagen zu können. »Carina hat noch
nie einen Mann auch nur angeschaut, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Nein, ich
verstehe es nicht«, sagte Lord Harry freundlich.
    »Gut,
grübeln Sie nicht weiter darüber«, meinte der Vikar und klopfte ihm auf die
Schulter. »Wir freuen uns, daß Sie uns am Montag das Vergnügen Ihrer
Gesellschaft machen.«
    »Was für
ein Dummkopf!« brummte der Vikar vor sich hin, als er den Club verließ. »Macht
nichts. Er ist ein willfähriger Idiot, und Carina wird ganz glücklich sein mit
einem Mann, der mit sich selbst und der Welt zufrieden ist.«
    Raschen
Schrittes ging er auf Lady Godolphins Haus zu.
    Er brauchte
jetzt alle Hilfen, die er auftreiben konnte.

Zweites
Kapitel
    Carina
Armitage las einen
Roman vor, der ihr nicht gefiel, und Lady Wentwater, ihre Zuhörerin, gefiel ihr
ebensowenig.
    Der Salon
war dunkel und muffig. Lady Wentwater war weiß und teigig und muffig. Während
sie las, fragte sich Carina, was wohl aus Lady Wentwaters Neffen, Guy, geworden
war. Keiner hatte ihn mehr in der Grafschaft gesehen seit der Zeit, als er inAnnabelle
verliebt war.
    Es ging das
Gerücht, daß der Vikar ihn vertrieben habe. Guy Wentwater hatte zugegeben, daß
er ein Sklavenhändler war, und obwohl er sein Geld schon lange nicht mehr auf
diese schändliche Art verdiente, war die Familie Armitage sehr froh, daß er es
vorzog, wegzubleiben.
    Dann
kehrten Carinas Gedanken wieder zu der Geschichte zurück, die sie gerade las.
Diese hieß Die Rache des Ludovico und war von einer anonymen
Schriftstellerin verfaßt, die angeblich ihr Handwerk verstand; Carina hielt die
Geschichte aber für das dümmlichste Machwerk, das sie je gelesen hatte.
Jedermann wurde unentwegt entweder krebsrot oder aschfahl. Männer und Frauen
wurden mit erstaunlicher Regelmäßigkeit ohnmächtig, und es kam nicht einmal ein
anständiger Geist vor.
    Carina warf
rasch einen verstohlenen Blick auf die Uhr. Dann schloß sie das Buch kurzerhand.
    »Es ist
schon spät, Lady Wentwater«, sagte sie. »Ich muß nach Hause gehen.«
    »Dann komm
morgen wieder.«
    »Daphne
kommt morgen«, sagte Carina; dabei schwor sie sich im stillen, ihre Schwester
ordentlich an den Haaren zu reißen, falls sie es nicht tun wollte.
    »Oh,
Daphne. Da muß ich aber jeden Spiegel im Haus verhängen, sonst bringe ich kein
Wort aus ihr heraus«, sagte Lady Wentwater mißmutig. »Sie ist zu sehr mit sich
selbst beschäftigt, ja wirklich.«
    »Sie hat
allen Grund dazu«, entgegnete Carina, die, obwohl sie insgeheim Lady Wentwater
zustimmte, keine Kritik an ihren Schwestern vertrug. »Sie ist noch schöner als
Minerva oder Annabelle geworden.«
    »Eben, und
sie weiß es. Hallo, Guy! Wann bist du angekommen?«
    Carina
schnappte nach Luft und sprang auf. Sie drehte sich um, um das Ungeheuer von
Sklavenhändler zu sehen.
    Guy
Wentwater stand lächelnd da und schaute sie an; er sah so gut aus, so normal
und so – ja – so gewöhnlich, daß Carina all ihreAngst
verlor und imstande war, mit gelassener Miene einen Knicks vor ihm zu machen.
    »Gestatten
Sie mir, Sie nach Hause zu begleiten, Miss ... Carina. Sie sind doch

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