Carla geht Ihren Weg
noch schnell hineinhuschte.
"Das war aber knapp.", keuchte sie ganz außer Atem.
Sie kramte umständlich in ihrer Tasche nach Kleingeld.
Der Busfahrer war sichtlich genervt.
"Wenn Sie sich etwas beeilen würden. Wir kommen sonst heute nicht mehr ans Ziel."
Als Carla ihm einen Geldschein gab, fuhr er sie an:
"Haben Sie es nicht passend?"
Schließlich fand sie doch noch zwei Euro. Schweigend nahm er das Geld entgegen.
"Der Tag fängt ja gut an.", dachte sie niedergeschlagen, korrigierte sich aber gleich darauf.
"Immer positiv denken. Es kann nur besser werden."
Aber es wurde nicht besser.
In der Spedition angekommen, erfuhr sie, dass eine Mitarbeiterin mit perfekten Englischkenntnissen in Wort und Schrift gesucht wurde. Da konnte Carla mit ihrem gelernten Schulenglisch nicht mithalten. Geknickt verließ sie das Büro und schlenderte durch die Stadt heimwärts.
Auf die Busfahrt verzichtete sie bewusst. Außerdem musste sie sparen.
Es war Mitte des Monats und das Konto war wieder einmal überzogen.
Das Wetter passte zu ihrer Stimmung. Der Himmel war grau. Jetzt fing es auch noch in feinen Bindfäden an zu regnen.
Trübe Gedanken und Zukunftsängste gingen ihr durch den Kopf.
Vor einem Schaufenster blieb sie stehen. Eine wunderschöne, türkisfarbene Bluse stach ihr in die Augen. Ohne zu überlegen, ging sie in die kleine Boutique. Sie schaute sich neugierig um. Die Verkäuferin kam gleich auf sie zu, da sonst kein Kunde da war.
"Die Bluse im Schaufenster ist sehr schön."
"Ja, es ist ein Einzelstück, direkt aus Italien." Sie nahm sie aus der Auslage und übergab sie Carla.
Carla probierte sie an. Sie drehte sich vor dem Ankleidespiegel hin und her. Die Bluse saß perfekt. Auch die Farbe passte gut zu ihren hellblonden Haaren.
Sie warf einen Blick auf das Preisschild.
"Hui, die ist aber teuer!"
Schnell ging sie wieder in die Kabine und zog sich um. Die Verkäuferin wartete schon davor.
"Die Bluse steht Ihnen sehr gut.", schmeichelte sie.
"Na ja ", sagte Carla gedehnt. "Eigentlich war sie etwas zu eng."
Sie gab die Bluse zurück und ging eiligst aus dem Geschäft.
Carla sehnte sich danach gutes Geld zu verdienen, um sich so etwas leisten zu können.
"Es wird schon wieder.", sprach sie sich Mut zu.
Zuhause angekommen blinkte der Anrufbeantworter.
Ihre Mutter Leni hatte darauf gesprochen. Sie sollte doch wieder einmal zu ihr kommen.
Mutti Leni war 80 Jahre alt, stark schwerhörig und schon etwas vergesslich. Carla hatte ihr schon ein paar Mal erzählt, dass sie im Moment keine Arbeit hatte, Leni vergaß es immer wieder. So sagte sie ihr jedes Mal bei ihrem Besuch:
"Carlaschatz, arbeite doch nicht so viel."
Carla ging in die Küche. Sie bereitete sich eine Tasse türkischen Kaffee zu. Dann ging sie auf den Balkon. Im bequemen Korbstuhl zündete sie sich eine Zigarette an.
Genussvoll blies sie den Rauch in die Luft.
Sie wollte sich schon längst das Rauchen abgewöhnen aber in ihrer vermeintlich trostlosen Lage klammerte sie sich förmlich an den Glimmstängel.
Man hatte ja sonst nichts.
Der Himmel war aufgerissen und einzelne Sonnenstrahlen lugten hervor.
Es war jetzt Anfang Mai und wettermäßig konnte es nur besser werden.
Die "arbeitende Bevölkerung" vom Arbeitsamt schaute wieder neugierig aus der Kantine herüber und Carla blickte neidisch zurück.
Am liebsten würde sie sich ein Schild umhängen:
"Gebt mit endlich Arbeit!"
Sie erhob sich, zog eine Grimasse und ging frustriert zurück in das Wohnzimmer.
Sie überlegte, was sie mit dem Rest des Tages anfangen sollte.
Sie hatte schon lange nicht mehr ihre Freundin Gabi besucht. Sie hatte alles, was Carla nicht aufzuweisen hatte, Mann, ein Haus und viel Geld.
Da konnte Carla nicht mithalten.
Carla stellte den Fernseher an. Es liefen nur die üblichen Gerichts- und Talkshows. Die interessierten sie überhaupt nicht. Sie stellte ihn wieder aus.
Sie legte sich auf die Couch und dachte über ihre momentane Situation nach.
Es gab zwei Möglichkeiten.
Entweder schrieb sie weitere Bewerbungen und hatte vielleicht Glück, dass sich etwas ergab.
Die zweite Variante war, dass sie ihr eigener Chef wurde.
Letzteres war gut zu überdenken. Sie hatte kein Eigenkapital und noch keine Geschäftsidee.
"Was könnte ich machen?", überlegte sie.
"Was kann ich am Besten?"
"Wie steht es mit meinen geschäftlichen Beziehungen?"
In der Firma war Carla jahrelang als Sachbearbeiterin tätig gewesen.
Daher lag es nahe einen Büroservice zu
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