Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
davon.
Die Mädchen starren ihm hinterher.
Manu fasst sich an den Kopf. „Meint der mit Ladys etwa uns?“
Carlotta kann sich nicht mehr beherrschen und prustet los. Sofie wirft ihr einen empörten Blick zu.
„’tschuldigung“, kichert Carlotta. „Ich mein’s nicht böse. Er ist nur so … so anders.“
„Oh ja“, nickt Sofie andächtig. „Das ist er wirklich!“
„Wie ihr wisst, findet im Herbst unser großer Ball statt. Wir werden gleich alles Wichtige dazu besprechen.“ Frau Berger wandert bedächtig durch die Bankreihen und bleibt vor der Tafel stehen. Sie ist eine ältere Lehrerin, Ende fünfzig, und schon seit vielen Jahren in Prinzensee. Als Leiterin der Mittelstufe ist sie für alles zuständig, was nicht in den Unterricht gehört, aber dringend besprochen werden muss. Nachdem sie Julian kurz vorgestellt und ihm einen Platz in der ersten Reihe zugewiesen hat, fordert sie die Klasse nun auf, ihm Fragen zu stellen, um ihn besser kennenzulernen.
Manu will wissen, warum er erst jetzt aufgetaucht ist, mitten im angefangenen Schuljahr.
In seinem fast perfekten Deutsch erklärt Julian ihr, dass seine Großtante vor kurzem gestorben sei und in der Aufregung niemand in der Familie daran gedacht hätte, ihn rechtzeitig nach Deutschland zu schicken. Manu ist beeindruckt.
„Die haben vergessen dich zur Schule zu schicken? Wie cool ist das denn?“
Julian grinst.
Nadine meldet sich mit einem Fingerschnipsen und fragt ihn, ob er Harry und William kennt.
Carlotta unterdrückt ein Aufstöhnen. Nur weil der Neue aus Großbritannien kommt, heißt das noch lange nicht, dass er die Mitglieder der englischen Königsfamilie persönlich kennt. Doch zu ihrem Erstaunen antwortet Julian mit einem Nicken.
„Sicher“, sagt er lächelnd. „Ich war oft zum Lunch in ihrer Gesellschaft oder bin mit ihnen im Park spazieren gegangen. Wir sind sozusagen miteinander verwandt, wenn ich es so ausdrücken darf.“
Durch die Klasse geht ein Raunen. Sofie entfährt ein lautes „Mon Dieu!“.
Frau Berger beendet die Fragerunde und schlägt vor, das weitere Kennenlernen auf die Pause zu verschieben. Dann kommt sie auf den Prinzenball zu sprechen, ein großes Ereignis im Internat, das nur alle vier Jahre im Herbst stattfindet und traditionell von der Mittelstufe ausgerichtet wird.
Carlotta, Manu und Sofie gucken sich an. Natürlich haben sie schon einiges über diesen Prinzenball gehört. In älteren Jahrbüchern haben sie Fotos von früheren Bällen entdeckt und von den Oberstufenschülern die wildesten Gerüchte darüber gehört. Carlottas Vater, der vor vielen Jahren selbst Schüler auf Prinzensee war, schwärmt heute noch davon.
„In diesem Jahr seid ihr gemeinsam mit dem neunten und zehnten Jahrgang für die Organisation zuständig. Das Wichtigste ist zuerst einmal ein passendes Motto für den Ball. Alles andere baut darauf auf.“
Die Lehrerin macht eine Pause, die Sofie dazu nutzt, einen verträumten Seufzer in Julians Richtung zu schicken. Er sitzt schräg vor ihr. Sofie hat ihn seit dem Unterrichtsbeginn keine Sekunde aus den Augen gelassen.
Manu stupst sie mit dem Ellbogen an.
„Langsam wird’s peinlich“, raunt sie ihr zu.
Carlotta stimmt ihr zu. Sofie übertreibt wirklich ein bisschen. So ein Theater, nur weil Julian zufällig mit den englischen Prinzen zu Mittag gegessen hat und mit ihnen durch einen Park gelatscht ist. Als ob das automatisch einen interessanten Menschen aus ihm machen würde! Sie dreht sich gelangweilt auf ihrem Stuhl herum. Brendan winkt mit seinem Lineal. Carlotta lächelt ihm zu.
Als ihr Blick weiterwandert, sieht sie, dass die sehnsüchtigen Blicke fast aller Mädchen aus der Klasse auf Julian ruhen.
Wenn das so weitergeht, hat der bald Löcher in seinem Poloshirt, denkt sie und kichert.
Julian selbst lässt sich nichts anmerken. Er sitzt kerzengerade an seinem Platz und schreibt eifrig mit. Über seiner Stuhllehne hängt ein kariertes Jackett. Ein Jackett! Carlotta hat noch nie einen Jungen mit einem Jackett gesehen, außer ihren Cousin bei seiner Konfirmation, aber das zählt nicht.
„Irgendwelche Vorschläge für das Motto?“, fragt Frau Berger, ein Stückchen Kreide in der Hand haltend.
„Die Zwergkaninchenpopulation des ausgehenden 18. Jahrhunderts“, schlägt Brendan vor. Seine Freunde prusten und klatschen ihn ab.
Frau Berger schüttelt wenig begeistert den Kopf. „Ernsthafte Vorschläge, wenn ich bitten darf!“
„Hey, das war ernst gemeint!“,
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