Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
überschlägt sich fast. „Ohne mich! Ich verzichte freiwillig!“
„Die Teilnahme am Ball gehört für euch alle dazu“, erwidert Frau Berger lächelnd. „Es ist immer wieder dasselbe. Zuerst wird gemurrt und gemeckert, aber wenn es endlich losgeht, sind alle begeistert. Bestimmt geht’s dir genauso.“
Manus Gesicht ist so fassungslos, dass Carlotta kichern muss. Als Frau Berger den nächsten Tagesordnungspunkt anspricht, bleibt ihr das Kichern allerdings im Halse stecken.
„Der Tanzunterricht für die Eröffnungspolonaise beginnt kommenden Donnerstag um 17 Uhr in der Gymnastikhalle.“ Die Lehrerin schiebt ihre Brille auf die Nasenspitze und mustert die Klasse. „Bis zum Ball habt ihr zwei Tanzstunden pro Woche. Die Teilnahme ist ein Muss. Es sei denn, ihr habt ein Attest, das euch verbietet euch tänzerisch zu betätigen.“
„Tänzerisch betätigen?“ Manu starrt Frau Berger an. „Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Wir sollen tanzen lernen? So richtig Jungs und Mädchen? Mit Händchenhalten und Anfassen und so?“
Frau Berger nickt.
Die Mädchen stöhnen einstimmig auf. Bis auf die Barbies und einige andere, die ihre Köpfe zusammenstecken und begeistert tuscheln.
Die Jungs brechen auf ihren Plätzen zusammen. Nur einer hält sich vornehm zurück: Julian. Er setzt sich einen Tick gerader hin, reckt einen Finger in die Höhe und verkündet mit strahlendem Gesicht: „Ich liebe Polonaisen!“
„Du hast sie doch nicht mehr alle!“, blafft Manu ihn an.
„Ich darf doch sehr bitten!“ Frau Berger hebt die Stimme und versucht die Klasse zu beruhigen.
„Können wir statt der Polonaise nicht vielleicht Videoclip-Dancing machen?“, meldet Vicky sich zu Wort.
„Nein.“ Frau Berger seufzt. „Zum Prinzenball gehört eine Eröffnungspolonaise mit anschließendem Gesellschaftstanz. Die Tanzausbildung ist Bestandteil der Mittelstufenlehrpläne. Der Prinzenball ist eine festliche Angelegenheit. Er bereitet euch darauf vor, dass ihr euch später sicher in der Gesellschaft bewegen könnt.“
„Die bescheuerte Gesellschaft kann mich mal!“, schimpft Manu laut. „Das Affentheater mach ich nicht mit, ich schwör’s!“
„Es reicht, Manuela!“ Frau Bergers Miene wird frostig. Sie macht eine Notiz ins Klassenbuch. „Ich erwarte euch am Donnerstag um Punkt 17 Uhr in der Gymnastikhalle. Ein externer Tanzlehrer leitet die Ausbildung. Ich bin fest davon überzeugt, dass es euch gefallen wird, wenn ihr erst einmal die Grundschritte beherrscht.“
„Ich scheiß auf die Grundschritte“, schnaubt Manu leise.
Carlotta unterdrückt ein Kichern. Manu übertreibt echt. Der Tanzunterricht wird schon nicht so schlimm sein. Wer weiß, vielleicht hat Frau Berger Recht und er macht sogar Spaß.
„Warte doch erst mal ab“, raunt sie Manu zu. „Motzen kannst du hinterher immer noch!“
Sofie nickt zustimmend.
„Ich motz, wann ich will“, grummelt Manu.
Carlotta schüttelt den Kopf. Sie ist neugierig, wie das alles wird, und freut sich darauf. Dieser Prinzenball bietet wenigstens mal ein bisschen Abwechslung im Internatsalltag!
Als endlich der Pausengong ertönt, nimmt Frau Berger ihre Brille ab und reibt sich mit einer erschöpften Geste über die Augen.
Bestimmt hat sie Migräne, denkt Carlotta mitfühlend. Kein Wunder.
Nach einer kurzen Pause soll die Klasse eigentlich eine Doppelstunde Deutsch haben, doch statt Frau Dorsch biegt Frau Heselein um die Ecke.
„Guten Morgen“, sagt die junge Lehrerin, die zugleich Hausmutter der Mädchen ist. „Frau Dorsch hat sich krankgemeldet und fällt für ein paar Tage aus.“
„Juhu!“, jubelt Manu leise.
Carlotta knufft ihr in die Seite.
Frau Heselein lächelt, als hätte sie nichts bemerkt, und zieht einen Stapel Arbeitsblätter aus ihrer Tasche. „Sie hat mir die Aufgaben für die nächsten Tage gegeben. Ihr werdet also keinen Stoff versäumen. Für heute steht eine Grammatik-Stillarbeit auf dem Programm. Holt bitte eure Sachen heraus.“
„Grammatik?“ Manu lässt ihre Stirn auf die Tischplatte sinken und stöhnt auf. „Heute ist echt nicht mein Tag!“
Carlotta ist froh, als der lange Schultag endlich vorbei ist und im Schloss langsam Ruhe einkehrt. Das heißt, ruhig ist es an diesem Abend nicht in Zimmer 128. Nach wie vor macht Manu kein Geheimnis daraus, dass sie den bevorstehenden Tanzunterricht und den Ball als eine einzige Zumutung empfindet. Fast ununterbrochen schimpft sie auf die Internatsleitung, die etwas derartig Menschenverachtendes
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