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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Und zum andern reines
Verlangen.
    «Deine Kleider sind schmutzig»,
sagte Sam nach einer Weile. «Ziehen wir sie aus.»
    «Nicht in der Küche. Ich habe
eine Untermieterin.»
    «Warum nicht auf dem
Küchentisch?»
    Wir setzten statt dessen die
Dusche unter Dampf, spielten mit der Seife und miteinander und verloren auf den
glitschigen Fliesen beinahe die Balance. Wir wuschen uns gegenseitig mit
Riesenmengen Schaum die Haare. Sam kniff die Augen fest zusammen, damit sich
keine Seife hineinverirrte. Wir spülten alle Seife weg, frottierten uns ab und
gingen ins Bett. Ich drückte auf den Knopf des Tonbandgerätes, und Bonnie Raitt
sang «That Song About the Midway». Ihre klagende, hohe Stimme klang einsam und
verloren:
     
    Well, I met you on a
midway at a fair last year,
    And you stood out
like a ruby in a black man’s ear.
    You were playing on
horses, playing on guitar strings,
    You were playing
like a devil wearing rings.
     
    Wir bewegten uns zu der Musik
wie vertraute Liebende und stimmten unseren Rhythmus auf die Lust des anderen ab,
aber unsere Gedanken hätten nicht weiter voneinander entfernt sein können. Wir
liebten uns sanft und langsam. Intensiv. Das Nachmittagslicht fiel schräg durch
die Jalousien. Locken von seinem dunklen Haar kitzelten mich im Gesicht.
    Ich weiß nicht, was Sam dachte.
Wie soll man je erfahren, was in einer anderen Menschenseele vorgeht? Was mich
betrifft, ich habe vermutlich Abschied genommen.
    Vielleicht wäre alles anders
gekommen, wenn ich ihn gewarnt hätte. Aber die Räder schnurrten ab. Dazu war es
zu spät.
     
     
     

31
     
    Der Anruf kam Donnerstag nacht.
Eigentlich Freitag morgen. Fünfzehn Minuten nach Mitternacht.
    «Maudie» brauchte am Trailways
Terminal ein Taxi.
    Laut Boyle übernahm Flaherty
Busdepot und Bahnhofsfahrten selbst. Jedes GBA-Mitglied durfte zwar einen «Maud»-Ruf
mit Privatadresse erledigen und das Abholen und Ausliefern besorgen, aber um
Busdepots und Bahnhöfe kümmerte sich ausschließlich Flaherty. Anscheinend waren
die Bahnhöfe sein Umschlagplatz, heiße Ware für bare Münze. Clever, Bus und
Bahn zu benutzen. Bei all den Gepäckdurchsuchungen heutzutage an den Flughäfen
stoßen viele Bundesbeamte auf Rauschgift statt auf Terroristen.
    Flaherty dealte nicht über
Gianelli-Kanäle. Er mußte eigene Verbindungen geknüpft haben, was nicht allzu
schwer gewesen sein dürfte. Ein wahrer Rauschgiftstrom fließt von New York nach
Boston hinein. Vielleicht betrachtete Flaherty die ganze G&W-Masche als
eine Art Lehrzeit. Vielleicht dachte er, wenn er sich erst im Alleingang Sporen
verdient hätte, könnte er zu Papa Gianelli gehen und seinen rechtmäßigen Platz
im Familienunternehmen beanspruchen.
    Eugene Devens mußte Verdacht
geschöpft haben, mußte ihm auf einer seiner Bahnhofstouren gefolgt sein. Wie
Eugene den Schatz hatte heben können, wußte ich nicht. Aber warum er das Geld
nicht an die IRA weitergeleitet hatte — die er doch als den eigentlichen
Eigentümer ansah — , wußte ich. Er hatte es nicht weitergeleitet, weil er tot
war. Und wer immer ihn getötet hatte, war so dumm gewesen, ihn zu ermorden, ehe
er gesagt hatte, wo das Geld war.
    Ich erhielt Glorias Anruf um
sechzehn Minuten nach Mitternacht. Ich erkannte ihre Stimme sofort. Sie
entschuldigte sich, die falsche Nummer gewählt zu haben. Das war das Zeichen.
Sie hatte «Maudie» hingehalten, wie abgemacht, und der Frau gesagt, es würde
eine halbe Stunde oder länger dauern, bis ein Taxi frei sei. In einer halben
Stunde würde Gloria den Ruf über Funk ausgeben.
    Es sei denn, sie hörte von mir,
daß irgend etwas völlig schiefging.
    Ich wählte die Telefonzelle am
Harvard Square an, wo Lemon so viele Nächte lang ausgeharrt hatte, daß ich
schon fürchtete, er hätte die Schnauze voll. Aber die Geduld, die er beim
Denkmalspielen gelernt hatte — plus das Honorar, das ich ihm aus T. C.s
Schatzkiste bezahlte — hatten ihn bei der Stange gehalten. Er nahm beim zweiten
Klingeln den Hörer auf.
    «Tom», sagte ich, sobald ich
seine Stimme hörte, «Tom, Liebling, wie war die Reise?»
    «Es ist schön, wieder zu Hause
zu sein», sagte Lemon. «Ich habe dich vermißt, Schatz.»
    Nicht zuviel Schmalz, Kleiner,
dachte ich im stillen.
    «Ich habe dich auch vermißt»,
sagte ich. «Wie wär’s, wenn ich dich am Trailway-Terminal abholte? In einer
halben Stunde? In Ordnung? Ich kann’s kaum erwarten, dich wiederzusehen.»
    «Mir geht’s genauso, Schatz.
Und sieh zu, daß du nicht zu

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