Caroline
Negative Publicity könnten sie nicht gebrauchen. »Wenn es dir recht ist, würde ich gern deinen Namen nennen.«
»Danke.«
»Gegenseitige Nachbarschaftshilfe«, meinte er viel sagend.
Ich lachte und fragte dann: »Ist das Haus der Bracks schon verkauft?«
Er nickte. »Leute aus Den Haag, ich habe sie noch nicht gesehen.«
»Was hast du mit dem Häuschen nebenan vor?«
»Dem Heuschober?« Bokhof zuckte mit seinen kräftigen Schultern. »Ich habe mir überlegt, ihn vorläufig leer stehen zu lassen.«
»Vielleicht hätte ich Interesse daran«, sagte ich. »Nicht für mich, sondern für meine Partnerin. Sie bräuchte ein eigenes Büro und eine Werkstatt. Sie arbeitet mit Computern.“
»Ist das die nette Dame, die man öfter bei dir ein und aus gehen sieht?«
Der Deich hatte Augen und Ohren. »Sie heißt Nel«, sagte ich.
»Hat sie vor, hierher zu ziehen?«
»Sie mag die gesunde Luft.«
Er runzelte die Stirn. »Welche gesunde Luft?«
In dem Moment fing das Telefon auf meinem Schreibtisch hinter der Glasschiebetür an zu läuten. Ich entschuldigte mich mit einer Handbewegung und ging hinüber.
»Wir hören noch voneinander«, sagte er. »Du weißt, wo du mich findest, falls du irgendetwas brauchen solltest.«
Er ging und ich nahm den Hörer ab. »Max Winter.«
»Meneer Winter, hier ist Valerie Romein. Wir haben uns neulich auf Porquerolles kennen gelernt …«
Wer würde Valerie Romein vergessen?
»Was kann ich für Sie tun?«
»Es geht um meine Tochter, sie ist verschwunden. Ich mache mir allmählich Sorgen um sie …«
Sie wohnte in einer jener Hilversumer Mittelklasse-Villen, die in dem Labyrinth von verschlungenen Alleen zwischen Vaartweg und Gravelandsweg dicht an dicht stehen. Die Villa von Valerie Romein hatte ein spitzes Dach mit dunkelblau glasierten Dachpfannen und einen Garagenanbau. Das Garagentor war geschlossen und die kurze Auffahrt davor wurde von einem schwarzen Volvo eingenommen. Mein BMW passte nicht dahinter, ohne den Volvo zu rammen oder den Bürgersteig zu blockieren, und ich musste eine Viertelstunde herumfahren, bis ich einen Parkplatz gefunden hatte. Ich ging zu Fuß den Weg zurück. Die ganze Nachbarschaft strahlte gedämpften Wohlstand aus. Valeries Auffahrt war von Koniferen und anderen pflegeleichten Sträuchern gesäumt. Vor dem Haus verkümmerten einige Stauden unter dem lichtundurchlässigen Dach einer Zypresse.
Ich nickte dem Mann zu, der mir die Tür öffnete. Er mochte zwischen vierzig und fünfzig sein. »Guten Tag, ich möchte zu Valerie Romein. Mein Name ist Max Winter.«
»Ah.« Er streckte mir die Hand hin. Er hatte ein attraktives Gesicht, braune Augen, Haare wie ein Italiener und trug einen knitterfreien blauen Sommeranzug. »Remco Donkers. Wir haben Sie bereits erwartet.«
Ich blieb stehen. »Wir?«
Donkers war mir schon vorausgegangen und musste sich noch einmal umdrehen. »Ja. Ach, Entschuldigung, ich bin Mevrouw Romeins Anwalt.«
»Glaubt sie, dass sie einen Rechtsbeistand braucht?«
Donkers war einen Augenblick lang aus dem Konzept gebracht und antwortete kryptisch: »Nicht im eigentlichen Sinne, aber kommen Sie doch herein.«
Ich überlegte mir, dass die berühmte Valerie möglicherweise ein Verhältnis mit diesem Mann hatte und sie sich diskret verhalten mussten, damit die Boulevardblätter keinen Wind davon bekamen.
Ich folgte dem Anwalt ins Haus. Die Diele und die Treppe nach oben deuteten zunächst auf die klassische Einteilung hin: Flur, Küche, hinteres und vorderes Zimmer, doch als Donkers eine Tür öffnete, sah ich, dass das Erdgeschoss zu einem einzigen großen Raum umgebaut worden war. Eine mit schwarzen Decken und weißen Pelzen bedeckte Schlafcouch auf einer Art Podest im Hintergrund war das Erste, was mir auffiel, und gleich darauf die sonderbare Uneinheitlichkeit des Interieurs, als hätten zwei verschiedene Dekorateure an ein und demselben Bühnenbild gearbeitet. Zum Beispiel dieses Bett, das zwar kein Himmelbett war, aber durch die Lichtkuppel darüber wie eines wirkte. Das Tageslicht fiel durch einen Fensterstreifen aus Milchglas herein, der sich an der Decke eines tiefer gelegenen, sorgfältig gemauerten Anbaus befand, einer Art Backsteinsouterrain, zu dem breite geflieste Stufen hinunterführten. Vielleicht diente die Bettcouch für erotische Fotos oder der Unterhaltung wichtiger Kunden, und ihr Schlafzimmer lag irgendwo im oberen Stockwerk. Bücherborde und eine Stereoanlage rund um das Bett erweckten den Eindruck eines
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