Caroline
schlicht und einfach Caroline zu nennen.
Wir hatten eine kleine Zusammenkunft in der Lounge, bevor Valerie später zusammen mit Carolines frisch gebackener Literaturagentin der Presse und den Fernsehkameras im angrenzenden Saal gegenübertreten musste. Emily, die Empfangsdame von Mirabel, servierte in einem sexy Frühjahrskleid Champagner. Klausman war da und auch der engstirnige Vreemoed, der mir förmlich die Hand drückte und mich weiterhin hartnäckig mit Meneer Gieseking anredete. Klausman überreichte Valerie weiße Rosen und äußerte in einer wirren Rede seine Dankbarkeit für ihren Entschluss, den Roman bei seinem Verlag zu belassen, trotz allem.
Valerie entgegnete, dass ihn doch keine Schuld träfe an dem ›trotz allem‹, er aber dennoch einen gravierenden Fehler bei der Auswahl der Personen begangen habe, die sich finanziell an seinem Verlag beteiligten. Valerie sah schön, tragisch und gefasst aus. Sie war jetzt nicht nur ein berühmtes Mannequin, sondern auch Mutter einer berühmten Schriftstellerin, die, in der reißerischen Terminologie der Medien, dem rücksichtslosen Ehrgeiz einer gewissenlosen Betrügerin zum Opfer gefallen war.
Katrien wirkte geschäftsmäßig mit ihrem dicken Brillengestell, der ordentlich gekämmten Frisur und ihrem grauen Wollkostüm. Nel und ich stießen mit ihr an. »Plast du viel daran machen müssen?«, fragte ich.
Sie ließ ein fröhliches Lachen hören. »Alles, was die Larue daran verändert hatte, waren Verschlimmbesserungen, wie üblich«, antwortete sie. »Ich habe im Original den Namen Tilly in Caroline umgeändert und das war alles, der Rest war perfekt.«
»Freust du dich über deinen neuen Nebenjob?«
Sie runzelte besorgt die Stirn. »Das ist alles ziemlich neu für mich, ich hoffe, dass ich es schaffe, mit diesen ganzen internationalen Kontakten. Wir hatten schon Anrufe aus Hollywood. Ich weiß kaum, wovon die reden. Nächste Woche kommen sie mit einem Drehbuchautor vorbei, und dabei spreche ich nicht mal besonders gut Englisch.«
»Die auch nicht«, beruhigte sie Nel.
Fred Brendel fiel in unser Lachen ein. Er war als einziger Journalist anwesend, weil er die Exklusivrechte an der Story hatte. Er sagte, er wolle kurz etwas mit uns besprechen, und lotste uns in eine abgelegene Ecke. »Ich habe da noch so ein komisches kleines Problem«, erklärte er. »Wie ist die Larue nur an die Übersetzung des Baswin-Romans gekommen?«
Wir setzten uns nicht hin. »Weiß man das noch immer nicht?«, fragte ich scheinheilig.
»Nein. Die Larue wurde wegen Plagiats verurteilt, weil es eine bewiesene Tatsache ist. Aber sie hat nie erklärt, wie sie das angestellt hat. Und dabei bin ich auf ein zeitliches Problem gestoßen. Wir alle wissen, dass es nicht schwer ist, sich ein Manuskript zu beschaffen. Die liegen auf den Schreibtischen der Verlage überall einfach so herum, auch beim Umschlagillustrator, und manchmal gibt man es sogar vorher schon zur Begutachtung an Journalisten weiter und an die Vertreter, die mit dem Buch hausieren gehen müssen. Es sind reichlich Exemplare in Umlauf und mit ein wenig Geschick kann man sich sicher irgendwo eins in die Tasche stecken, denn die Dinger werden ja nicht streng bewacht, schließlich kann niemand etwas damit anfangen.«
»Außer der Larue«, bemerkte ich.
»Das ist eben die Frage. Meines Erachtens hat sie den Roman nicht als Ausdruck, sondern auf Diskette bekommen, denn sonst hatte sie nämlich nicht nur die Namen ändern, sondern den ganzen Sermon abschreiben müssen. Das hätte eine Menge Zeit gekostet und es wären kleine Unterschiede dabei herausgekommen, Tippfehler, andere Kommasetzung, verschobene Absätze, lauter Sachen, die eben passieren, wenn man zweihundert Seiten abtippen muss. Ich habe das bei Mirabel und beim Herausgeber der Baswin überprüft. Mirabel hat das Manuskript auf Diskette bekommen, noch nicht mal eine Woche, nachdem der Übersetzer es bei seinem Verlag abgegeben hatte. Mirabel hat nichts daran geändert und es ist mit der Baswin-Übersetzung identisch, auf Punkt und Komma genau.« Er schwieg einen Moment und schaute von Nel zu mir. Dann sagte er: »Die Justizbehörden glauben, sie habe einen Komplizen gehabt, den sie schützen will.«
»Und was glaubst du?«, fragte ich.
»Ich glaube, dass die Larue es selbst nicht weiß.«
»Also wirklich!«
»Wenn ihr jemand das Manuskript unter dem Vorwand verkauft hätte, dass sie es ungestraft als ihr zweites Buch herausgeben könne, würde sie diese Person
Weitere Kostenlose Bücher