Carre, John le
schimmerte
fahles Licht, sechs Stockwerke hoch. Dick mit Laub bedeckte Steinstufen führten
in den Keller hinunter. Der Unteroffizier ging voran, wobei er mit seiner
Taschenlampe die schäbige Mauer vor ihnen ableuchtete. Der Hauptmann stürzte
beinahe. Der erste Kellerraum war groß und stickig, mit Wänden aus rohen
Ziegeln, nur teilweise verputzt. Am anderen Ende waren zwei Stahltüren. Von der
Decke fiel das Licht einer Birne, die von einem Drahtkäfig geschützt war. Die
Taschenlampe des Unteroffiziers brannte immer noch, er leuchtete damit sinnlos
in alle Ecken.
»Wonach suchen Sie?« fragte der
Hauptmann. Die Stahltüren waren abgesperrt. »Holen Sie den Hausmeister.
Schnell!« befahl der Unteroffizier.
Der
Hauptmann rannte die Treppe hinauf und kam mit einem alten unrasierten Mann
zurück, der leise vor sich hin brummte. Er hatte an einer Kette einen Bund
langer Schlüssel bei sich. Einige waren rostig. »Die Sicherungen«, sagte der
Unteroffizier. »Für die Wohnungen. Wo sind sie?«
Der alte Mann suchte an seinem
Schlüsselbund. Er steckte einen Schlüssel in das Schloß der Stahltür, aber er
paßte nicht. Er versuchte es mit weiteren. »Schnell, Sie Idiot!« schrie der
Hauptmann.
»Bringen
Sie ihn nicht durcheinander«, sagte der Unteroffizier.
Die Tür
ging auf. Sie drängten sich in den dahinter liegenden Korridor. Die Kegel ihrer
Lampen tanzten über den weißen Verputz. Der Hausmeister hielt grinsend einen
Schlüssel in die Höhe. »Immer ist es der letzte«, sagte er. Der Unteroffizier
hatte gefunden, was er suchte. Hinter der Tür verborgen, hing ein Kasten mit
Glastüren an der Wand. Der Hauptmann legte seine Hand auf den Hauptschalter und
hatte ihn schon halb heruntergezogen, als der andere ihn unsanft wegstieß.
»Nein.
Gehen Sie zur Treppe hinauf. Sagen Sie mir, wann die Scheinwerfer ausgehen.«
»Wer
befiehlt hier?« beschwerte sich der Hauptmann. »Tun Sie, was ich sage.« Er
hatte den Kasten geöffnet und drehte vorsichtig an der ersten Sicherung. Seine
Augen blinzelten durch die goldumrandete Brille - ein gütiger älterer Mann.
Mit
emsigen Chirurgenfingern schraubte der Unteroffizier die Sicherung heraus,
vorsichtig, als erwarte er einen elektrischen Schlag. Dann schraubte er sie sofort
wieder fest, wobei sich sein Blick der Gestalt am oberen Ende der Kellertreppe
zuwandte. Er schraubte an der zweiten Sicherung. Noch immer sagte der Hauptmann
nichts. Draußen beobachteten die bewegungslosen Soldaten die Fenster des
Häuserblocks, in denen Stockwerk nach Stockwerk die Lichter erloschen und
gleich wieder aufflammten. Der Unteroffizier versuchte eine dritte und vierte
Sicherung. Diesmal hörte er einen aufgeregten Ruf von oben: »Die Scheinwerfer!
Jetzt sind sie ausgegangen!«
»Ruhig!
Gehen Sie und fragen Sie den Fahrer, in welchem Stock. Aber bitte leise!«
»Bei
diesem Wind kann uns niemand hören«, sagte der Hauptmann gereizt. Einen
Augenblick später kam er zurück: »Der Fahrer sagt, im dritten. Als im dritten
das Licht ausging, hörte auch das Funken auf. Es hat jetzt wieder angefangen.«
»Lassen
Sie das Gebäude umstellen«, sagte der Unteroffizier. »Und nehmen Sie fünf
Mann, die mit uns hinaufgehen. Er sitzt im dritten Stock.« Leise wie Tiere
kletterten die Vopos von den Lastwagen herunter, die Karabiner locker in den
Händen. Sie gingen in unregelmäßiger Linie gegen das Gebäude vor. Ihre Stiefel
durchpflügten den dünnen Schnee und verwandelten ihn in Nichts. Einige gingen
bis zur Hausmauer, andere blieben entfernter stehen und starrten zu den
Fenstern hinauf. Einige hatten Stahlhelme auf, und ihre eckigen Silhouetten
erinnerten an den Krieg. Von da und dort kam ein leises Klicken, als die erste
Patrone weich in den Lauf geschoben wurde. Das Geräusch steigerte sich zu einem
schwachen Prasseln und erstarb.
Leiser hakte die Antenne aus und
spulte sie auf, schraubte die Morsetaste in den Deckel, legte die Kopfhörer in
die Schachtel zurück und faltete das Seidentuch in den Griff des
Rasierapparates. »Zwanzig Jahre«, protestierte er, indem er den Rasierapparat
hochhielt. »Und noch immer haben sie keinen besseren Platz dafür gefunden!«
»Warum machst du das?« Sie saß
zufrieden auf dem Bett, im Nachthemd und darüber den Regenmantel, als fühle sie
sich damit weniger allein. »Mit wem sprichst du da?« fragte sie noch einmal.
»Mit niemandem. Niemand hat es gehört.«
»Warum machst du es dann?« Er mußte
etwas sagen, also sagte er: »Für den
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